mit silbernen Buchstaben auf schwarzem Boden ge- schrieben.
Oben in den Segensworten umschlang ein dunkelgrüner Kranz einen Bienenkorb, der dastund wie lebendig; neben den Worten hinab hiengen Palmen von blässerm Grün, die unten wieder dunk- ler mit Oelzweig verbunden einen Todtenkopf um- wanden, und diesen umgaben dann ringsherum goldene Stralen wie die schönste Glorie der Heiligen. -- Oben an den silbernen Worten waren die er- sten "Denk an mich, Rudi, es wird dir noch wohl gehen"! -- größer als die andern geschrieben, und mit goldenen Buchstaben; und unten am Kranz des Rudis und der Meyerin Namen, und der Tag ihrer Hochzeit an Arners Fest, auch so groß und auch so mit goldenen Buchstaben, und unter ih- rem Namen noch zwey Herzen, die sich in den Stra- len des Todtenkopfs verloren. -- Das ganze Dorf, Junge und Alte, lasen die silbernen und goldenen Worte -- Bauer und Bäuerinnen sagten, es habe mancher Haus und Hof, die nicht werth seyen, was dieses Stück. Der Rudi ließ Thränen darob fallen, und seine Kinder wollten nicht essen, und nur der Großmutter Worte lesen. Die Braut nahm eines nach dem andern auf ihren Schoos, und ließ sie lesen und buchstabieren.
Nach dem Essen tanzte das Volk, und Arner und Therese, selber der General und die Frau Pfar-
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mit ſilbernen Buchſtaben auf ſchwarzem Boden ge- ſchrieben.
Oben in den Segensworten umſchlang ein dunkelgruͤner Kranz einen Bienenkorb, der daſtund wie lebendig; neben den Worten hinab hiengen Palmen von blaͤſſerm Gruͤn, die unten wieder dunk- ler mit Oelzweig verbunden einen Todtenkopf um- wanden, und dieſen umgaben dann ringsherum goldene Stralen wie die ſchoͤnſte Glorie der Heiligen. — Oben an den ſilbernen Worten waren die er- ſten „Denk an mich, Rudi, es wird dir noch wohl gehen“! — groͤßer als die andern geſchrieben, und mit goldenen Buchſtaben; und unten am Kranz des Rudis und der Meyerin Namen, und der Tag ihrer Hochzeit an Arners Feſt, auch ſo groß und auch ſo mit goldenen Buchſtaben, und unter ih- rem Namen noch zwey Herzen, die ſich in den Stra- len des Todtenkopfs verloren. — Das ganze Dorf, Junge und Alte, laſen die ſilbernen und goldenen Worte — Bauer und Baͤuerinnen ſagten, es habe mancher Haus und Hof, die nicht werth ſeyen, was dieſes Stuͤck. Der Rudi ließ Thraͤnen darob fallen, und ſeine Kinder wollten nicht eſſen, und nur der Großmutter Worte leſen. Die Braut nahm eines nach dem andern auf ihren Schoos, und ließ ſie leſen und buchſtabieren.
Nach dem Eſſen tanzte das Volk, und Arner und Thereſe, ſelber der General und die Frau Pfar-
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mit ſilbernen Buchſtaben auf ſchwarzem Boden ge-
ſchrieben.
Oben in den Segensworten umſchlang ein
dunkelgruͤner Kranz einen Bienenkorb, der daſtund
wie lebendig; neben den Worten hinab hiengen
Palmen von blaͤſſerm Gruͤn, die unten wieder dunk-
ler mit Oelzweig verbunden einen Todtenkopf um-
wanden, und dieſen umgaben dann ringsherum
goldene Stralen wie die ſchoͤnſte Glorie der Heiligen.
— Oben an den ſilbernen Worten waren die er-
ſten „Denk an mich, Rudi, es wird dir noch wohl
gehen“! — groͤßer als die andern geſchrieben, und
mit goldenen Buchſtaben; und unten am Kranz
des Rudis und der Meyerin Namen, und der Tag
ihrer Hochzeit an Arners Feſt, auch ſo groß und
auch ſo mit goldenen Buchſtaben, und unter ih-
rem Namen noch zwey Herzen, die ſich in den Stra-
len des Todtenkopfs verloren. — Das ganze Dorf,
Junge und Alte, laſen die ſilbernen und goldenen
Worte — Bauer und Baͤuerinnen ſagten, es habe
mancher Haus und Hof, die nicht werth ſeyen, was
dieſes Stuͤck. Der Rudi ließ Thraͤnen darob fallen,
und ſeine Kinder wollten nicht eſſen, und nur der
Großmutter Worte leſen. Die Braut nahm eines
nach dem andern auf ihren Schoos, und ließ ſie
leſen und buchſtabieren.
Nach dem Eſſen tanzte das Volk, und Arner
und Thereſe, ſelber der General und die Frau Pfar-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/249>, abgerufen am 16.02.2025.
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