te, las er sie vor, vom Anfang bis zum Ende. -- Weit die meisten hatten in ihrem Leben nie einen Augenblick mit dem Eins mal Eins im Kopf ihr Hauswesen in allen seinen Theilen überschlagen, und niemals, weder im Ganzen noch in seinen Thei- len, eine heitere Einsicht darein gehabt, stunden auch desnahen vor ihrem Spiegel wie vor einem Wunder, und vor dem Junker wie Narren. --
Sie konnten gar nicht begreifen, wie ihre Sa- chen alle so deutlich und klar auf dieses Papier ge- kommen -- und wie das, woran sie selber nie ge- dacht, hier bemerkt, und das, was sie selber nicht gezählt, hier gerechnet seyn könnte; was sie längst vergessen, das war hier wie neu wieder da; was sie vernachlässiget, das fanden sie da bemerkt; was sie für nichts geachtet, das stund doch da, wie wenns gar nicht wenig wäre; und er fragte sie dann über einen jeden Punkt ihrer Rechnung, ists ihm nicht so? Ists ihm nicht so? Und drückte die meisten ge- waltig mit diesem Wort, so daß es alle dünkte, es wolle kein Ende haben, dieses: Ist ihm nicht so? --
Doch sagten sie ihm alle fast in allen Stücken Ja, aber freylich oft mit einer unbeschreiblichen Verlegenheit.
Hingegen sagten gar viele, und die Verstän- digsten alle von sich selber, wo sie eine Abschrift
te, las er ſie vor, vom Anfang bis zum Ende. — Weit die meiſten hatten in ihrem Leben nie einen Augenblick mit dem Eins mal Eins im Kopf ihr Hausweſen in allen ſeinen Theilen uͤberſchlagen, und niemals, weder im Ganzen noch in ſeinen Thei- len, eine heitere Einſicht darein gehabt, ſtunden auch desnahen vor ihrem Spiegel wie vor einem Wunder, und vor dem Junker wie Narren. —
Sie konnten gar nicht begreifen, wie ihre Sa- chen alle ſo deutlich und klar auf dieſes Papier ge- kommen — und wie das, woran ſie ſelber nie ge- dacht, hier bemerkt, und das, was ſie ſelber nicht gezaͤhlt, hier gerechnet ſeyn koͤnnte; was ſie laͤngſt vergeſſen, das war hier wie neu wieder da; was ſie vernachlaͤſſiget, das fanden ſie da bemerkt; was ſie fuͤr nichts geachtet, das ſtund doch da, wie wenns gar nicht wenig waͤre; und er fragte ſie dann uͤber einen jeden Punkt ihrer Rechnung, iſts ihm nicht ſo? Iſts ihm nicht ſo? Und druͤckte die meiſten ge- waltig mit dieſem Wort, ſo daß es alle duͤnkte, es wolle kein Ende haben, dieſes: Iſt ihm nicht ſo? —
Doch ſagten ſie ihm alle faſt in allen Stuͤcken Ja, aber freylich oft mit einer unbeſchreiblichen Verlegenheit.
Hingegen ſagten gar viele, und die Verſtaͤn- digſten alle von ſich ſelber, wo ſie eine Abſchrift
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[251/0269]
te, las er ſie vor, vom Anfang bis zum Ende. —
Weit die meiſten hatten in ihrem Leben nie einen
Augenblick mit dem Eins mal Eins im Kopf ihr
Hausweſen in allen ſeinen Theilen uͤberſchlagen,
und niemals, weder im Ganzen noch in ſeinen Thei-
len, eine heitere Einſicht darein gehabt, ſtunden
auch desnahen vor ihrem Spiegel wie vor einem
Wunder, und vor dem Junker wie Narren. —
Sie konnten gar nicht begreifen, wie ihre Sa-
chen alle ſo deutlich und klar auf dieſes Papier ge-
kommen — und wie das, woran ſie ſelber nie ge-
dacht, hier bemerkt, und das, was ſie ſelber nicht
gezaͤhlt, hier gerechnet ſeyn koͤnnte; was ſie laͤngſt
vergeſſen, das war hier wie neu wieder da; was
ſie vernachlaͤſſiget, das fanden ſie da bemerkt; was
ſie fuͤr nichts geachtet, das ſtund doch da, wie wenns
gar nicht wenig waͤre; und er fragte ſie dann uͤber
einen jeden Punkt ihrer Rechnung, iſts ihm nicht
ſo? Iſts ihm nicht ſo? Und druͤckte die meiſten ge-
waltig mit dieſem Wort, ſo daß es alle duͤnkte, es
wolle kein Ende haben, dieſes: Iſt ihm nicht ſo? —
Doch ſagten ſie ihm alle faſt in allen Stuͤcken
Ja, aber freylich oft mit einer unbeſchreiblichen
Verlegenheit.
Hingegen ſagten gar viele, und die Verſtaͤn-
digſten alle von ſich ſelber, wo ſie eine Abſchrift
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/269>, abgerufen am 24.11.2024.
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