ren Haushaltungen nicht seyn, wie sie seyen; und auch, daß die Leute ihns auf eine Art scheuen müß- ten, wie keine andere, weil es ihre Ordnung, in- sonderheit der Armen ihre, vollkommen kannte: den andern war diese Arbeit so viel als neu; sie waren nichts weniger als so geschwind in den Haus- haltungen ihrer Gasse daheim, und ihrer Sache so sicher, machten auch im Anfang mit Nachfragen und Rathen wie recht ist, gar zahm, und dorften aber auch manchmal so wenig mit der Sprache heraus, daß sie das Mareili auslachte. Die Re- noldin allein war nicht in diesem Fall; da sie reich war, konnte sie es nicht so leicht bey den Leuten verschütten, und sagte bey jedermann, ihrer Ge- wohnheit nach, heraus, was ihr ins Maul kam, aber manchmal freylich auch, daß es weder gehauen noch gestochen war.
Das Wesentliche dieses ersten Punkts der Ein- richtungen, Gesezen und Anstalten Arners, durch welche er sein Volk in Bonnal aus verwilderten Naturmenschen zu andern Leuten machte, als sie vorher waren, bestund also darinn, daß er in den dunkeln Lumpenwinkeln des Dorfs allenthalben das helle Licht des Eins mal Eins anzündete, und seine Leute zwang, in den Sachen ihres Brodkorbs ihre Augen zu gebrauchen, und auch vor ihren Mit- dorfleuten diesfalls offen zu erscheinen, daß weder die ersten noch die lezten hierinn Gefahr liefen,
ren Haushaltungen nicht ſeyn, wie ſie ſeyen; und auch, daß die Leute ihns auf eine Art ſcheuen muͤß- ten, wie keine andere, weil es ihre Ordnung, in- ſonderheit der Armen ihre, vollkommen kannte: den andern war dieſe Arbeit ſo viel als neu; ſie waren nichts weniger als ſo geſchwind in den Haus- haltungen ihrer Gaſſe daheim, und ihrer Sache ſo ſicher, machten auch im Anfang mit Nachfragen und Rathen wie recht iſt, gar zahm, und dorften aber auch manchmal ſo wenig mit der Sprache heraus, daß ſie das Mareili auslachte. Die Re- noldin allein war nicht in dieſem Fall; da ſie reich war, konnte ſie es nicht ſo leicht bey den Leuten verſchuͤtten, und ſagte bey jedermann, ihrer Ge- wohnheit nach, heraus, was ihr ins Maul kam, aber manchmal freylich auch, daß es weder gehauen noch geſtochen war.
Das Weſentliche dieſes erſten Punkts der Ein- richtungen, Geſezen und Anſtalten Arners, durch welche er ſein Volk in Bonnal aus verwilderten Naturmenſchen zu andern Leuten machte, als ſie vorher waren, beſtund alſo darinn, daß er in den dunkeln Lumpenwinkeln des Dorfs allenthalben das helle Licht des Eins mal Eins anzuͤndete, und ſeine Leute zwang, in den Sachen ihres Brodkorbs ihre Augen zu gebrauchen, und auch vor ihren Mit- dorfleuten diesfalls offen zu erſcheinen, daß weder die erſten noch die lezten hierinn Gefahr liefen,
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ren Haushaltungen nicht ſeyn, wie ſie ſeyen; und
auch, daß die Leute ihns auf eine Art ſcheuen muͤß-
ten, wie keine andere, weil es ihre Ordnung, in-
ſonderheit der Armen ihre, vollkommen kannte:
den andern war dieſe Arbeit ſo viel als neu; ſie
waren nichts weniger als ſo geſchwind in den Haus-
haltungen ihrer Gaſſe daheim, und ihrer Sache ſo
ſicher, machten auch im Anfang mit Nachfragen
und Rathen wie recht iſt, gar zahm, und dorften
aber auch manchmal ſo wenig mit der Sprache
heraus, daß ſie das Mareili auslachte. Die Re-
noldin allein war nicht in dieſem Fall; da ſie reich
war, konnte ſie es nicht ſo leicht bey den Leuten
verſchuͤtten, und ſagte bey jedermann, ihrer Ge-
wohnheit nach, heraus, was ihr ins Maul kam,
aber manchmal freylich auch, daß es weder gehauen
noch geſtochen war.
Das Weſentliche dieſes erſten Punkts der Ein-
richtungen, Geſezen und Anſtalten Arners, durch
welche er ſein Volk in Bonnal aus verwilderten
Naturmenſchen zu andern Leuten machte, als ſie
vorher waren, beſtund alſo darinn, daß er in den
dunkeln Lumpenwinkeln des Dorfs allenthalben das
helle Licht des Eins mal Eins anzuͤndete, und ſeine
Leute zwang, in den Sachen ihres Brodkorbs ihre
Augen zu gebrauchen, und auch vor ihren Mit-
dorfleuten diesfalls offen zu erſcheinen, daß weder
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/282>, abgerufen am 21.11.2024.
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