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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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weiß für schwarz anzusehen; kurz, daß er in seinem
Dorfe zwang, was der König in Frankreich in sei-
nem Reiche nicht erzwingen können, wenns ihm
schon Necker angegeben, das Wohl des Volks nem-
lich auf die Offenheit seiner Rechnungen zu grün-
den, und an nichts zu glauben, als was sich zäh-
len, wägen, messen, und dadurch erproben lasse.

Aber wie ist es möglich gewesen, daß bey der
Menge der Räthe, Aufsehern und Weibern in die-
sem Dorfe, nicht hundert Schwäzereyen und Unord-
nungen entstanden, die alles Gute, das er erzwecket,
zu Nichts gemacht?

-- Das war möglich --

1) Und vorzüglich, weil große kaufmännische
Ordnung in diesem Geschäft war, und vom Grö-
sten bis auf das Kleinste hinunter allenthalben die
Sache selber, und das Eins mal Eins also Red
und Antwort, und Licht geben mußte, daß die
Rathsgalle, und das Weibermaul hier nicht dieje-
nige Spielung hatte, welche man sonst freylich
beyden in den ehrenden Städten und Dörfern un-
sers immer lieber schwazenden als rechnenden Nar-
renmunds allenthalben zu gestatten, unordentlich
und schafsköpfig genug ist.

2) Muß man nicht vergessen, der Geist des
Menschen ändert, wo man wahrhaft gut mit ihm

weiß fuͤr ſchwarz anzuſehen; kurz, daß er in ſeinem
Dorfe zwang, was der Koͤnig in Frankreich in ſei-
nem Reiche nicht erzwingen koͤnnen, wenns ihm
ſchon Necker angegeben, das Wohl des Volks nem-
lich auf die Offenheit ſeiner Rechnungen zu gruͤn-
den, und an nichts zu glauben, als was ſich zaͤh-
len, waͤgen, meſſen, und dadurch erproben laſſe.

Aber wie iſt es moͤglich geweſen, daß bey der
Menge der Raͤthe, Aufſehern und Weibern in die-
ſem Dorfe, nicht hundert Schwaͤzereyen und Unord-
nungen entſtanden, die alles Gute, das er erzwecket,
zu Nichts gemacht?

— Das war moͤglich —

1) Und vorzuͤglich, weil große kaufmaͤnniſche
Ordnung in dieſem Geſchaͤft war, und vom Groͤ-
ſten bis auf das Kleinſte hinunter allenthalben die
Sache ſelber, und das Eins mal Eins alſo Red
und Antwort, und Licht geben mußte, daß die
Rathsgalle, und das Weibermaul hier nicht dieje-
nige Spielung hatte, welche man ſonſt freylich
beyden in den ehrenden Staͤdten und Doͤrfern un-
ſers immer lieber ſchwazenden als rechnenden Nar-
renmunds allenthalben zu geſtatten, unordentlich
und ſchafskoͤpfig genug iſt.

2) Muß man nicht vergeſſen, der Geiſt des
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[265/0283] weiß fuͤr ſchwarz anzuſehen; kurz, daß er in ſeinem Dorfe zwang, was der Koͤnig in Frankreich in ſei- nem Reiche nicht erzwingen koͤnnen, wenns ihm ſchon Necker angegeben, das Wohl des Volks nem- lich auf die Offenheit ſeiner Rechnungen zu gruͤn- den, und an nichts zu glauben, als was ſich zaͤh- len, waͤgen, meſſen, und dadurch erproben laſſe. Aber wie iſt es moͤglich geweſen, daß bey der Menge der Raͤthe, Aufſehern und Weibern in die- ſem Dorfe, nicht hundert Schwaͤzereyen und Unord- nungen entſtanden, die alles Gute, das er erzwecket, zu Nichts gemacht? — Das war moͤglich — 1) Und vorzuͤglich, weil große kaufmaͤnniſche Ordnung in dieſem Geſchaͤft war, und vom Groͤ- ſten bis auf das Kleinſte hinunter allenthalben die Sache ſelber, und das Eins mal Eins alſo Red und Antwort, und Licht geben mußte, daß die Rathsgalle, und das Weibermaul hier nicht dieje- nige Spielung hatte, welche man ſonſt freylich beyden in den ehrenden Staͤdten und Doͤrfern un- ſers immer lieber ſchwazenden als rechnenden Nar- renmunds allenthalben zu geſtatten, unordentlich und ſchafskoͤpfig genug iſt. 2) Muß man nicht vergeſſen, der Geiſt des Menſchen aͤndert, wo man wahrhaft gut mit ihm

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/283>, abgerufen am 21.11.2024.