noch Schwert gegen sein Volk nach der Schatzung der Pfennigen, sondern suchte es vielmehr auch bey der Bestrafung des Diebstahls auffallend zu ma- chen, daß nicht die einzelne Handlung des Dieben, sondern ein ungewerbsames, Verdienst- Ordnung- Regelmäßigkeit- und Ehrloses Leben der eigentliche Grund des Rechts sey, Vermöge dessen ein Mensch aus der bürgerlichen Gesellschaft ausgestoßen, oder darinn angebunden werden muß.
Desnahen auch die kleinen Anfänge des Dieb- stahls der Gesellschaft eben so wichtig sind, als die spä- tern größern Ausbrüche derselben; und Arner hielt die Gesetze, die gegen die Anfänge dieses Lasters schwach, und gegen die spätern Ausbrüche dessel- ben hart, so wie diejenige, die die Strafe des Feh- lers blos von dem zufälligen Geldwerth des Ge- stohlenen abhängig machen, für widersprechend mit allen Regeln einer wahren Menschenführung, und sagte, eines Bauern Frau schämt sich, ein Kind, das über 7 Jahr alt ist, vor den Leuten we- gen seiner Ungezogenheit abzustrafen, sie fühlt, daß seine Ungezogenheit auf sie zurück fällt; aber die erste Tochter des Himmels, die Gesezgebung, schämt sich nicht, tausend bürgerliche Abscheulichkeiten öffentlich zu bestrafen, wovon keine einzige möglich wär, wenn die Herren Vögte dieser Himmelstöch- ter, und ihre nachgesezten Verwalter, den Detail der Volksordnung so gut besorgten, als eine brave
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noch Schwert gegen ſein Volk nach der Schatzung der Pfennigen, ſondern ſuchte es vielmehr auch bey der Beſtrafung des Diebſtahls auffallend zu ma- chen, daß nicht die einzelne Handlung des Dieben, ſondern ein ungewerbſames, Verdienſt- Ordnung- Regelmaͤßigkeit- und Ehrloſes Leben der eigentliche Grund des Rechts ſey, Vermoͤge deſſen ein Menſch aus der buͤrgerlichen Geſellſchaft ausgeſtoßen, oder darinn angebunden werden muß.
Desnahen auch die kleinen Anfaͤnge des Dieb- ſtahls der Geſellſchaft eben ſo wichtig ſind, als die ſpaͤ- tern groͤßern Ausbruͤche derſelben; und Arner hielt die Geſetze, die gegen die Anfaͤnge dieſes Laſters ſchwach, und gegen die ſpaͤtern Ausbruͤche deſſel- ben hart, ſo wie diejenige, die die Strafe des Feh- lers blos von dem zufaͤlligen Geldwerth des Ge- ſtohlenen abhaͤngig machen, fuͤr widerſprechend mit allen Regeln einer wahren Menſchenfuͤhrung, und ſagte, eines Bauern Frau ſchaͤmt ſich, ein Kind, das uͤber 7 Jahr alt iſt, vor den Leuten we- gen ſeiner Ungezogenheit abzuſtrafen, ſie fuͤhlt, daß ſeine Ungezogenheit auf ſie zuruͤck faͤllt; aber die erſte Tochter des Himmels, die Geſezgebung, ſchaͤmt ſich nicht, tauſend buͤrgerliche Abſcheulichkeiten oͤffentlich zu beſtrafen, wovon keine einzige moͤglich waͤr, wenn die Herren Voͤgte dieſer Himmelstoͤch- ter, und ihre nachgeſezten Verwalter, den Detail der Volksordnung ſo gut beſorgten, als eine brave
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[305/0323]
noch Schwert gegen ſein Volk nach der Schatzung
der Pfennigen, ſondern ſuchte es vielmehr auch bey
der Beſtrafung des Diebſtahls auffallend zu ma-
chen, daß nicht die einzelne Handlung des Dieben,
ſondern ein ungewerbſames, Verdienſt- Ordnung-
Regelmaͤßigkeit- und Ehrloſes Leben der eigentliche
Grund des Rechts ſey, Vermoͤge deſſen ein Menſch
aus der buͤrgerlichen Geſellſchaft ausgeſtoßen, oder
darinn angebunden werden muß.
Desnahen auch die kleinen Anfaͤnge des Dieb-
ſtahls der Geſellſchaft eben ſo wichtig ſind, als die ſpaͤ-
tern groͤßern Ausbruͤche derſelben; und Arner hielt
die Geſetze, die gegen die Anfaͤnge dieſes Laſters
ſchwach, und gegen die ſpaͤtern Ausbruͤche deſſel-
ben hart, ſo wie diejenige, die die Strafe des Feh-
lers blos von dem zufaͤlligen Geldwerth des Ge-
ſtohlenen abhaͤngig machen, fuͤr widerſprechend
mit allen Regeln einer wahren Menſchenfuͤhrung,
und ſagte, eines Bauern Frau ſchaͤmt ſich, ein
Kind, das uͤber 7 Jahr alt iſt, vor den Leuten we-
gen ſeiner Ungezogenheit abzuſtrafen, ſie fuͤhlt, daß
ſeine Ungezogenheit auf ſie zuruͤck faͤllt; aber die
erſte Tochter des Himmels, die Geſezgebung, ſchaͤmt
ſich nicht, tauſend buͤrgerliche Abſcheulichkeiten
oͤffentlich zu beſtrafen, wovon keine einzige moͤglich
waͤr, wenn die Herren Voͤgte dieſer Himmelstoͤch-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/323>, abgerufen am 21.11.2024.
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