also Staatssache -- und als solche muß sie noth- wendig unabhangend vom Religions-Unterricht er- zielt, und in diesem Gesichtspunkt mit Festigkeit von demselben getrennt werden.
Noch einmal: der Glaube an Gott, und die Lehre seines Diensts, ist nicht zur Vernunftlehre be- stimmt, und nicht dazu gut.
Der Glaube an Gott, und die Lehre von sei- nem Dienst, ist für das Volk nicht die Sache seines Kopfs, sondern seines Herzens. -- Gemüthsruhe im Dunkel seiner Nacht -- Ergebenheit in den Willen Gottes im Thal von Thränen, und ein kind- liches Aufsehen auf den Herzogen und Vollender des Lebens -- das ist die Bestimmung des Glau- bens, aber nicht Kopfübung fürs Volk.
Die ganze Bibel, von Anfang des ersten Buch Moses bis zur Offenbarung Johannes -- und bis zum "Heilig, heilig, heilig ist das Lamm, das geschlachtet ist", ist nicht zur Kopfübung des Volks bestimmt, und taugt nicht dazu. *)
-- Mag es Maulchristen emvören -- ich achte es nicht -- dieses Geschlecht empört alles, was
*)Anmerkung. Ich rede bestimmt vom Volk. Der Gelehrte mag in der Bibel freylich Stof zur Kopfübung finden, ich wende nichts dawider ein.
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alſo Staatsſache — und als ſolche muß ſie noth- wendig unabhangend vom Religions-Unterricht er- zielt, und in dieſem Geſichtspunkt mit Feſtigkeit von demſelben getrennt werden.
Noch einmal: der Glaube an Gott, und die Lehre ſeines Dienſts, iſt nicht zur Vernunftlehre be- ſtimmt, und nicht dazu gut.
Der Glaube an Gott, und die Lehre von ſei- nem Dienſt, iſt fuͤr das Volk nicht die Sache ſeines Kopfs, ſondern ſeines Herzens. — Gemuͤthsruhe im Dunkel ſeiner Nacht — Ergebenheit in den Willen Gottes im Thal von Thraͤnen, und ein kind- liches Aufſehen auf den Herzogen und Vollender des Lebens — das iſt die Beſtimmung des Glau- bens, aber nicht Kopfuͤbung fuͤrs Volk.
Die ganze Bibel, von Anfang des erſten Buch Moſes bis zur Offenbarung Johannes — und bis zum „Heilig, heilig, heilig iſt das Lamm, das geſchlachtet iſt“, iſt nicht zur Kopfuͤbung des Volks beſtimmt, und taugt nicht dazu. *)
— Mag es Maulchriſten emvoͤren — ich achte es nicht — dieſes Geſchlecht empoͤrt alles, was
*)Anmerkung. Ich rede beſtimmt vom Volk. Der Gelehrte mag in der Bibel freylich Stof zur Kopfuͤbung finden, ich wende nichts dawider ein.
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alſo Staatsſache — und als ſolche muß ſie noth-
wendig unabhangend vom Religions-Unterricht er-
zielt, und in dieſem Geſichtspunkt mit Feſtigkeit
von demſelben getrennt werden.
Noch einmal: der Glaube an Gott, und die
Lehre ſeines Dienſts, iſt nicht zur Vernunftlehre be-
ſtimmt, und nicht dazu gut.
Der Glaube an Gott, und die Lehre von ſei-
nem Dienſt, iſt fuͤr das Volk nicht die Sache ſeines
Kopfs, ſondern ſeines Herzens. — Gemuͤthsruhe
im Dunkel ſeiner Nacht — Ergebenheit in den
Willen Gottes im Thal von Thraͤnen, und ein kind-
liches Aufſehen auf den Herzogen und Vollender
des Lebens — das iſt die Beſtimmung des Glau-
bens, aber nicht Kopfuͤbung fuͤrs Volk.
Die ganze Bibel, von Anfang des erſten Buch
Moſes bis zur Offenbarung Johannes — und bis
zum „Heilig, heilig, heilig iſt das Lamm, das
geſchlachtet iſt“, iſt nicht zur Kopfuͤbung des Volks
beſtimmt, und taugt nicht dazu. *)
— Mag es Maulchriſten emvoͤren — ich
achte es nicht — dieſes Geſchlecht empoͤrt alles, was
*) Anmerkung. Ich rede beſtimmt vom
Volk. Der Gelehrte mag in der Bibel freylich
Stof zur Kopfuͤbung finden, ich wende nichts
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/355>, abgerufen am 24.11.2024.
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