lebt, und höret die Worte der Wahrheit, die sie mit euch geredt haben aus ihren Gräbern!" -- Dann läuteten alle Glocken; das Volk und der Pfar- rer blieben eine Viertelstunde auf den Gräbern ih- rer Vordern in ihrer Andacht; dann gieng die Ge- meinde in die Kirche; alle Aeltern führten ihre Kinder zu ihm hin, zum Altar. Nachdem der ganze Kreis der Kinder um ihn her gestellt war, sagte er in Mitten dieser Kinder zu der Gemeinde: "Erinnert euch derer, die nach euch kommen wer- den, und bittet Gott, daß ihr nichts an ihnen ver- säumet"! dann bog er sich nieder, betete im Kreis der um ihn her knienden Kinder laut für die Nach- welt des Dorfs, deren Führung und Bildung der liebe Gott in ihre Hände gelegt; die ganze Ge- meinde kniete mit ihm, und betete ihm nach für ihre Kinder, und wann er endete, so sprach alles Volk ihm nach das Wort Amen; dann nahmen die Aeltern ihre Kinder vom Altar weg an ihre Hand, führten sie bis außert die Kirchen, und ließen sie heimgehen; sie aber blieben noch in der Kirche, und der Pfarrer fieng dann die Prüfungsstunde dieses Abends an.
Die Ordnung dieser Prüfungsstunde ist diese: Zu erst betete der Pfarrer niedergebogen vor dem Kreuz Jesu Christi still; dann stund er auf, las mit lauter Stimm: das ist die Prüfung eines am Feste des Herrn! ob er in der Liebe wandle vor
lebt, und hoͤret die Worte der Wahrheit, die ſie mit euch geredt haben aus ihren Graͤbern!“ — Dann laͤuteten alle Glocken; das Volk und der Pfar- rer blieben eine Viertelſtunde auf den Graͤbern ih- rer Vordern in ihrer Andacht; dann gieng die Ge- meinde in die Kirche; alle Aeltern fuͤhrten ihre Kinder zu ihm hin, zum Altar. Nachdem der ganze Kreis der Kinder um ihn her geſtellt war, ſagte er in Mitten dieſer Kinder zu der Gemeinde: „Erinnert euch derer, die nach euch kommen wer- den, und bittet Gott, daß ihr nichts an ihnen ver- ſaͤumet“! dann bog er ſich nieder, betete im Kreis der um ihn her knienden Kinder laut fuͤr die Nach- welt des Dorfs, deren Fuͤhrung und Bildung der liebe Gott in ihre Haͤnde gelegt; die ganze Ge- meinde kniete mit ihm, und betete ihm nach fuͤr ihre Kinder, und wann er endete, ſo ſprach alles Volk ihm nach das Wort Amen; dann nahmen die Aeltern ihre Kinder vom Altar weg an ihre Hand, fuͤhrten ſie bis außert die Kirchen, und ließen ſie heimgehen; ſie aber blieben noch in der Kirche, und der Pfarrer fieng dann die Pruͤfungsſtunde dieſes Abends an.
Die Ordnung dieſer Pruͤfungsſtunde iſt dieſe: Zu erſt betete der Pfarrer niedergebogen vor dem Kreuz Jeſu Chriſti ſtill; dann ſtund er auf, las mit lauter Stimm: das iſt die Pruͤfung eines am Feſte des Herrn! ob er in der Liebe wandle vor
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lebt, und hoͤret die Worte der Wahrheit, die ſie
mit euch geredt haben aus ihren Graͤbern!“ —
Dann laͤuteten alle Glocken; das Volk und der Pfar-
rer blieben eine Viertelſtunde auf den Graͤbern ih-
rer Vordern in ihrer Andacht; dann gieng die Ge-
meinde in die Kirche; alle Aeltern fuͤhrten ihre
Kinder zu ihm hin, zum Altar. Nachdem der
ganze Kreis der Kinder um ihn her geſtellt war,
ſagte er in Mitten dieſer Kinder zu der Gemeinde:
„Erinnert euch derer, die nach euch kommen wer-
den, und bittet Gott, daß ihr nichts an ihnen ver-
ſaͤumet“! dann bog er ſich nieder, betete im Kreis
der um ihn her knienden Kinder laut fuͤr die Nach-
welt des Dorfs, deren Fuͤhrung und Bildung der
liebe Gott in ihre Haͤnde gelegt; die ganze Ge-
meinde kniete mit ihm, und betete ihm nach fuͤr
ihre Kinder, und wann er endete, ſo ſprach alles
Volk ihm nach das Wort Amen; dann nahmen die
Aeltern ihre Kinder vom Altar weg an ihre Hand,
fuͤhrten ſie bis außert die Kirchen, und ließen ſie
heimgehen; ſie aber blieben noch in der Kirche,
und der Pfarrer fieng dann die Pruͤfungsſtunde
dieſes Abends an.
Die Ordnung dieſer Pruͤfungsſtunde iſt dieſe:
Zu erſt betete der Pfarrer niedergebogen vor dem
Kreuz Jeſu Chriſti ſtill; dann ſtund er auf, las
mit lauter Stimm: das iſt die Pruͤfung eines am
Feſte des Herrn! ob er in der Liebe wandle vor
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/369>, abgerufen am 21.11.2024.
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