inn umkommen? -- Kennest du den Schaz, den du in dir selber herumträgst, die Tage deines Le- bens zu schmücken? -- Und die Stunde deines Absterbens zu erheitern? --
Söhne und Töchter meines Volks! ihr prüfet euch vor dem Altar unsers Gottes, ob ihr in der Liebe wandelt? Ich aber frage euch, ist keiner unter euch der Mörder des andern? -- Denn wis- set, wer einen Menschen verderbt mit seiner Sün- de, der ist ein Mörder. -- Du, unsere Hofnung unser Stolz! blühende Jugend! niedergebückt vor dem Altar Gottes, an der Seiten deiner Aeltern und vor der ganzen Gemeinde, muß ich dir sagen, es sind Söhne der Erden, die die Töchter des Lan- des wie Raubvögel die Unschuld einer Taube wür- gen, und sie dann liegen lassen in ihrem Elend wie ein Aas in dem Wald. Wisse, o du Hofnung un- sers Volks, und du unser Stolz! es sind Töchter auf Erden, die den Knaben Schlingen legen auf Leben und Tod, und die Söhne des Lands mit dem Gift ihrer Wuth tödten, und die Frucht ihres Leibs ersticken, wie kein Vieh auf der Erde die Frucht seines Leibs erstickt.
Beuge dich nieder, Krone unsers Haupts! vor dem Altar der Liebe, und frage dich selbst, ist keiner des andern Mörder? Und erkenne die Schwä- chen deines Geschlechts, und die Gefahren deines Alters --!
inn umkommen? — Kenneſt du den Schaz, den du in dir ſelber herumtraͤgſt, die Tage deines Le- bens zu ſchmuͤcken? — Und die Stunde deines Abſterbens zu erheitern? —
Soͤhne und Toͤchter meines Volks! ihr pruͤfet euch vor dem Altar unſers Gottes, ob ihr in der Liebe wandelt? Ich aber frage euch, iſt keiner unter euch der Moͤrder des andern? — Denn wiſ- ſet, wer einen Menſchen verderbt mit ſeiner Suͤn- de, der iſt ein Moͤrder. — Du, unſere Hofnung unſer Stolz! bluͤhende Jugend! niedergebuͤckt vor dem Altar Gottes, an der Seiten deiner Aeltern und vor der ganzen Gemeinde, muß ich dir ſagen, es ſind Soͤhne der Erden, die die Toͤchter des Lan- des wie Raubvoͤgel die Unſchuld einer Taube wuͤr- gen, und ſie dann liegen laſſen in ihrem Elend wie ein Aas in dem Wald. Wiſſe, o du Hofnung un- ſers Volks, und du unſer Stolz! es ſind Toͤchter auf Erden, die den Knaben Schlingen legen auf Leben und Tod, und die Soͤhne des Lands mit dem Gift ihrer Wuth toͤdten, und die Frucht ihres Leibs erſticken, wie kein Vieh auf der Erde die Frucht ſeines Leibs erſtickt.
Beuge dich nieder, Krone unſers Haupts! vor dem Altar der Liebe, und frage dich ſelbſt, iſt keiner des andern Moͤrder? Und erkenne die Schwaͤ- chen deines Geſchlechts, und die Gefahren deines Alters —!
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inn umkommen? — Kenneſt du den Schaz, den
du in dir ſelber herumtraͤgſt, die Tage deines Le-
bens zu ſchmuͤcken? — Und die Stunde deines
Abſterbens zu erheitern? —
Soͤhne und Toͤchter meines Volks! ihr pruͤfet
euch vor dem Altar unſers Gottes, ob ihr in der
Liebe wandelt? Ich aber frage euch, iſt keiner
unter euch der Moͤrder des andern? — Denn wiſ-
ſet, wer einen Menſchen verderbt mit ſeiner Suͤn-
de, der iſt ein Moͤrder. — Du, unſere Hofnung
unſer Stolz! bluͤhende Jugend! niedergebuͤckt vor
dem Altar Gottes, an der Seiten deiner Aeltern
und vor der ganzen Gemeinde, muß ich dir ſagen,
es ſind Soͤhne der Erden, die die Toͤchter des Lan-
des wie Raubvoͤgel die Unſchuld einer Taube wuͤr-
gen, und ſie dann liegen laſſen in ihrem Elend wie
ein Aas in dem Wald. Wiſſe, o du Hofnung un-
ſers Volks, und du unſer Stolz! es ſind Toͤchter
auf Erden, die den Knaben Schlingen legen auf
Leben und Tod, und die Soͤhne des Lands mit
dem Gift ihrer Wuth toͤdten, und die Frucht ihres
Leibs erſticken, wie kein Vieh auf der Erde die
Frucht ſeines Leibs erſtickt.
Beuge dich nieder, Krone unſers Haupts!
vor dem Altar der Liebe, und frage dich ſelbſt, iſt
keiner des andern Moͤrder? Und erkenne die Schwaͤ-
chen deines Geſchlechts, und die Gefahren deines
Alters —!
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/380>, abgerufen am 24.11.2024.
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