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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Dann antwortete ihm der älteste der Jüng-
linge --

Es ist wahr, wer immer seinen Nebenmen-
schen in der Sünde verdirbt, der ist sein Mörder,
Diener des Allerhöchsten! werde nicht müde, uns
ferner die Schwächen unsers Geschlechts, und die
Gefahren unsers Alters zu lehren! --

Dann las er auch ihnen das Bild ihrer Ta-
gen, und das junge Volk hörte kniend der Leiden-
schaften Gefahrem, und die Schreckensgeschichte der
Wollust, vom Anfang der Schamhaftigkeit bis an
die Gränzen der Selbstverheerung, und die Ab-
gründe des Kindermords, und dann auch die Mit-
tel der Weisheit und Gottesfurcht, gegen dieses
Verderben der Schwäche unserer Natur. --

Nach diesem wandte er sich an ihre Aeltern,
und sagte: Nehmet von ihnen das heilige Verspre-
chen, das keines das andere unglücklich machen
wolle! --

Dann giengen die Reihe der Söhne und die
Reihe der Töchter zu ihren Vätern und Großvä-
tern, die hinter ihnen stunden, versprachen ihnen,
ihre Hände in die Hände ihrer Aeltern gelegt, daß
sie zu einander Sorge tragen, und einander nicht
unglücklich machen wollen. --

Nach ihnen kamen die Witwen und Waisen;
dann stund die ganze Gemeinde auf, und der Pfar-


Dann antwortete ihm der aͤlteſte der Juͤng-
linge —

Es iſt wahr, wer immer ſeinen Nebenmen-
ſchen in der Suͤnde verdirbt, der iſt ſein Moͤrder,
Diener des Allerhoͤchſten! werde nicht muͤde, uns
ferner die Schwaͤchen unſers Geſchlechts, und die
Gefahren unſers Alters zu lehren! —

Dann las er auch ihnen das Bild ihrer Ta-
gen, und das junge Volk hoͤrte kniend der Leiden-
ſchaften Gefahrem, und die Schreckensgeſchichte der
Wolluſt, vom Anfang der Schamhaftigkeit bis an
die Graͤnzen der Selbſtverheerung, und die Ab-
gruͤnde des Kindermords, und dann auch die Mit-
tel der Weisheit und Gottesfurcht, gegen dieſes
Verderben der Schwaͤche unſerer Natur. —

Nach dieſem wandte er ſich an ihre Aeltern,
und ſagte: Nehmet von ihnen das heilige Verſpre-
chen, das keines das andere ungluͤcklich machen
wolle! —

Dann giengen die Reihe der Soͤhne und die
Reihe der Toͤchter zu ihren Vaͤtern und Großvaͤ-
tern, die hinter ihnen ſtunden, verſprachen ihnen,
ihre Haͤnde in die Haͤnde ihrer Aeltern gelegt, daß
ſie zu einander Sorge tragen, und einander nicht
ungluͤcklich machen wollen. —

Nach ihnen kamen die Witwen und Waiſen;
dann ſtund die ganze Gemeinde auf, und der Pfar-

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[363/0381] Dann antwortete ihm der aͤlteſte der Juͤng- linge — Es iſt wahr, wer immer ſeinen Nebenmen- ſchen in der Suͤnde verdirbt, der iſt ſein Moͤrder, Diener des Allerhoͤchſten! werde nicht muͤde, uns ferner die Schwaͤchen unſers Geſchlechts, und die Gefahren unſers Alters zu lehren! — Dann las er auch ihnen das Bild ihrer Ta- gen, und das junge Volk hoͤrte kniend der Leiden- ſchaften Gefahrem, und die Schreckensgeſchichte der Wolluſt, vom Anfang der Schamhaftigkeit bis an die Graͤnzen der Selbſtverheerung, und die Ab- gruͤnde des Kindermords, und dann auch die Mit- tel der Weisheit und Gottesfurcht, gegen dieſes Verderben der Schwaͤche unſerer Natur. — Nach dieſem wandte er ſich an ihre Aeltern, und ſagte: Nehmet von ihnen das heilige Verſpre- chen, das keines das andere ungluͤcklich machen wolle! — Dann giengen die Reihe der Soͤhne und die Reihe der Toͤchter zu ihren Vaͤtern und Großvaͤ- tern, die hinter ihnen ſtunden, verſprachen ihnen, ihre Haͤnde in die Haͤnde ihrer Aeltern gelegt, daß ſie zu einander Sorge tragen, und einander nicht ungluͤcklich machen wollen. — Nach ihnen kamen die Witwen und Waiſen; dann ſtund die ganze Gemeinde auf, und der Pfar-

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/381>, abgerufen am 21.11.2024.