mit eigener hohen Hand von der Wand herunter, that es hinter den Schlüssel, wo Niemand so leicht hinkommt, und sah es noch, ehe er die Thür be- schloß, mit einer Art von Wehmuth, die ihn wie- der weinen machte, an; sagte dann zu sich selber -- er hat doch das nicht verdient! -- Aber es war nun einmal so; es war von der grauen Wand hin- unter, der Dickhals hieng wieder allein da wie vorher, doch wußte kein Mensch wie es gekommen, und der Herzog sagte auch dem Helidor nicht was begegnet; aber das Affenvolk von der Aufwart glaubte es dennoch zu wissen, hielt es für ein un- trügliches Zeichen der allerhöchsten Ungnade, und diese Notables des Herzogthums, die in den Ge- mächern des Fürsten aus- und eingehen, trieben izt die Unverschämtheit über den Arner und sein Wesen zu reden aufs Aeußerste, so, daß Helidor selber an- fieng zu widersprechen, wenn es zu bunt gieng; es machte ihm wirklich bang, ihr wisset warum, aber er konnte izt nicht mehr helfen; er hatte den Bach anlaufen lassen, und nun war es umsonst, dem Wasser zu sagen, wie weit er gern hätte, daß es naß mache. --
Der arme General saß bey Hof wie auf Na- deln. Er war gekommen, und meynte sein Vetter wär oben am Bret, und der Herzog werde sicher mit ihm von ihm reden -- izt war es so, der Her- zog hatte noch kein Wort mit ihm gesprochen. By-
mit eigener hohen Hand von der Wand herunter, that es hinter den Schluͤſſel, wo Niemand ſo leicht hinkommt, und ſah es noch, ehe er die Thuͤr be- ſchloß, mit einer Art von Wehmuth, die ihn wie- der weinen machte, an; ſagte dann zu ſich ſelber — er hat doch das nicht verdient! — Aber es war nun einmal ſo; es war von der grauen Wand hin- unter, der Dickhals hieng wieder allein da wie vorher, doch wußte kein Menſch wie es gekommen, und der Herzog ſagte auch dem Helidor nicht was begegnet; aber das Affenvolk von der Aufwart glaubte es dennoch zu wiſſen, hielt es fuͤr ein un- truͤgliches Zeichen der allerhoͤchſten Ungnade, und dieſe Notables des Herzogthums, die in den Ge- maͤchern des Fuͤrſten aus- und eingehen, trieben izt die Unverſchaͤmtheit uͤber den Arner und ſein Weſen zu reden aufs Aeußerſte, ſo, daß Helidor ſelber an- fieng zu widerſprechen, wenn es zu bunt gieng; es machte ihm wirklich bang, ihr wiſſet warum, aber er konnte izt nicht mehr helfen; er hatte den Bach anlaufen laſſen, und nun war es umſonſt, dem Waſſer zu ſagen, wie weit er gern haͤtte, daß es naß mache. —
Der arme General ſaß bey Hof wie auf Na- deln. Er war gekommen, und meynte ſein Vetter waͤr oben am Bret, und der Herzog werde ſicher mit ihm von ihm reden — izt war es ſo, der Her- zog hatte noch kein Wort mit ihm geſprochen. By-
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mit eigener hohen Hand von der Wand herunter,
that es hinter den Schluͤſſel, wo Niemand ſo leicht
hinkommt, und ſah es noch, ehe er die Thuͤr be-
ſchloß, mit einer Art von Wehmuth, die ihn wie-
der weinen machte, an; ſagte dann zu ſich ſelber —
er hat doch das nicht verdient! — Aber es war
nun einmal ſo; es war von der grauen Wand hin-
unter, der Dickhals hieng wieder allein da wie
vorher, doch wußte kein Menſch wie es gekommen,
und der Herzog ſagte auch dem Helidor nicht was
begegnet; aber das Affenvolk von der Aufwart
glaubte es dennoch zu wiſſen, hielt es fuͤr ein un-
truͤgliches Zeichen der allerhoͤchſten Ungnade, und
dieſe Notables des Herzogthums, die in den Ge-
maͤchern des Fuͤrſten aus- und eingehen, trieben izt
die Unverſchaͤmtheit uͤber den Arner und ſein Weſen
zu reden aufs Aeußerſte, ſo, daß Helidor ſelber an-
fieng zu widerſprechen, wenn es zu bunt gieng; es
machte ihm wirklich bang, ihr wiſſet warum, aber
er konnte izt nicht mehr helfen; er hatte den Bach
anlaufen laſſen, und nun war es umſonſt, dem
Waſſer zu ſagen, wie weit er gern haͤtte, daß es
naß mache. —
Der arme General ſaß bey Hof wie auf Na-
deln. Er war gekommen, und meynte ſein Vetter
waͤr oben am Bret, und der Herzog werde ſicher
mit ihm von ihm reden — izt war es ſo, der Her-
zog hatte noch kein Wort mit ihm geſprochen. By-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/412>, abgerufen am 21.11.2024.
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