dieser Straße -- so weit vom Hause und Allein -- aber es war izt nichts anders zu machen -- sie mußte gehen -- und gieng -- und die Freude über alles was sie von der Molchin vernommen, und was sie mit ihr abgeredt, machte, daß sie an nichts anders dachte -- so vergieng ihr die Angst. --
"Die andere Woche gehen izt schon, denk ich, wohl ein Dutzend Kinder nicht mehr in die Schule -- Morgen oder Uebermorgen kommt mir das Liseli in das Schloß -- und die Woche hernach schreib ich dem Dickhals. -- So träumte sie, schüttelte vor Freude die seidenen Wellen des Kopf- zeugs -- und gieng ihre Straße. --
Aber izt geht ein Mezger an der Wand des Hochwalds, nicht weit von ihr -- so steigt bey der Stille des Himmels ein Wölkchen am Berg auf, hinter dem Wölklein flieht die Stille des Himmels, und Sturm und Gewitter erheben sich. --
Der Mezger an der Wand des Hochwalds kommt aus dem Wirthshaus -- da redten die Ti- sche voll Bauern nur von ihr. --
Es war nur ein Wort, und nur eine Stimme in allen Ecken der Stube "ein solches Lasterthier sollte man lehren Gott erkennen"! -- und alle sag- ten, es wär' ein Gottslohn, wenn sie der erste, der sie anträfe, auch mit den Hunden hezte, daß sie
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dieſer Straße — ſo weit vom Hauſe und Allein — aber es war izt nichts anders zu machen — ſie mußte gehen — und gieng — und die Freude uͤber alles was ſie von der Molchin vernommen, und was ſie mit ihr abgeredt, machte, daß ſie an nichts anders dachte — ſo vergieng ihr die Angſt. —
„Die andere Woche gehen izt ſchon, denk ich, wohl ein Dutzend Kinder nicht mehr in die Schule — Morgen oder Uebermorgen kommt mir das Liſeli in das Schloß — und die Woche hernach ſchreib ich dem Dickhals. — So traͤumte ſie, ſchuͤttelte vor Freude die ſeidenen Wellen des Kopf- zeugs — und gieng ihre Straße. —
Aber izt geht ein Mezger an der Wand des Hochwalds, nicht weit von ihr — ſo ſteigt bey der Stille des Himmels ein Woͤlkchen am Berg auf, hinter dem Woͤlklein flieht die Stille des Himmels, und Sturm und Gewitter erheben ſich. —
Der Mezger an der Wand des Hochwalds kommt aus dem Wirthshaus — da redten die Ti- ſche voll Bauern nur von ihr. —
Es war nur ein Wort, und nur eine Stimme in allen Ecken der Stube „ein ſolches Laſterthier ſollte man lehren Gott erkennen„! — und alle ſag- ten, es waͤr' ein Gottslohn, wenn ſie der erſte, der ſie antraͤfe, auch mit den Hunden hezte, daß ſie
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dieſer Straße — ſo weit vom Hauſe und Allein —
aber es war izt nichts anders zu machen — ſie
mußte gehen — und gieng — und die Freude uͤber
alles was ſie von der Molchin vernommen, und
was ſie mit ihr abgeredt, machte, daß ſie an nichts
anders dachte — ſo vergieng ihr die Angſt. —
„Die andere Woche gehen izt ſchon, denk
ich, wohl ein Dutzend Kinder nicht mehr in die
Schule — Morgen oder Uebermorgen kommt mir
das Liſeli in das Schloß — und die Woche hernach
ſchreib ich dem Dickhals. — So traͤumte ſie,
ſchuͤttelte vor Freude die ſeidenen Wellen des Kopf-
zeugs — und gieng ihre Straße. —
Aber izt geht ein Mezger an der Wand des
Hochwalds, nicht weit von ihr — ſo ſteigt bey der
Stille des Himmels ein Woͤlkchen am Berg auf,
hinter dem Woͤlklein flieht die Stille des Himmels,
und Sturm und Gewitter erheben ſich. —
Der Mezger an der Wand des Hochwalds
kommt aus dem Wirthshaus — da redten die Ti-
ſche voll Bauern nur von ihr. —
Es war nur ein Wort, und nur eine Stimme
in allen Ecken der Stube „ein ſolches Laſterthier
ſollte man lehren Gott erkennen„! — und alle ſag-
ten, es waͤr' ein Gottslohn, wenn ſie der erſte, der
ſie antraͤfe, auch mit den Hunden hezte, daß ſie
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/85>, abgerufen am 24.11.2024.
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