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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Grundanschauungen, Erziehungsgedanken und charaktervolle ppe_272.002
Lebensmaximen durchgebildet sind. -- Die religiöse Echtheit ppe_272.003
offenbart sich als Innerlichkeit wahrhaften Bekennertums, das aus ppe_272.004
Zwang der Überzeugung und Kraft der Entscheidung hervorgeht. -- ppe_272.005
Die volkhafte Echtheit wurzelt in arteigenem Verwachsensein ppe_272.006
mit dem Empfinden der Gemeinschaft und in dem rassebewußten Verantwortungsgefühl ppe_272.007
einer Gegenwart, die mit Geschichte und Zukunft ppe_272.008
des eigenen Volkes und der Menschheit sich verknüpft fühlt.

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In jeder der vier Kategorien ist aber auch eine Wertverneinung als ppe_272.010
Feststellung der Unechtheit möglich. Die Gegensätze liegen auf dem ppe_272.011
Felde des Ästhetischen im Einseitig-Artistischen, in spielerischer ppe_272.012
Routine, angelernter Effekthascherei und unorigineller Nachahmung, ppe_272.013
die kein selbsterrungener organischer Ausdruck des eigenen künstlerischen ppe_272.014
Willens ist. -- Auf dem Felde der Ethik ist das Unechte ppe_272.015
im Konventionell-Moralischen, in verlogenen Gefühlen, falscher Sentimentalität, ppe_272.016
unsicher schillernder Koketterie oder frecher Frivolität ppe_272.017
zu finden, was sowohl in der Gesinnung des Dichters als in den dargestellten ppe_272.018
Charakteren und in der Motivierung der Handlung zum Ausdruck ppe_272.019
kommen kann. -- Auf religiösem Boden liegt das Unechte ppe_272.020
im Mangel fester Weltanschauung, in haltlosem Zwiespalt und Widersprüchen, ppe_272.021
in Pietätlosigkeit, erheucheltem oder verleugnetem Glauben ppe_272.022
und starrem Dogmatismus, der die Bekenntnisformen nicht mit persönlichem ppe_272.023
Leben und erkämpfter Überzeugung zu erfüllen vermag. -- ppe_272.024
In der Beziehung auf das Volkhafte wirkt unecht jede Verleugnung ppe_272.025
der angestammten Eigenart und jedes manierierte Nachlaufen hinter ppe_272.026
fremden Moden.

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Es ist nun die Frage, ob Echtheit oder Unechtheit in allen vier ppe_272.028
Kategorien durchaus übereinstimmen werden, oder ob ein positiver ppe_272.029
Wert in der einen Richtung sich mit Wertlosigkeit in anderen Beziehungen ppe_272.030
vermengen kann. Es ist denkbar, daß, wie z. B. im Fall ppe_272.031
Heine, eine künstlerische Echtheit im Ästhetischen bestehen mag, der ppe_272.032
aber keine Festigkeit im Ethischen und Religiösen gegenübersteht, ppe_272.033
während die vierte Kategorie subjektive Echtheit im Bekenntnis der ppe_272.034
rassischen Heimatlosigkeit und aller ihrer Folgewirkungen, aber objektive ppe_272.035
Unechtheit in bezug auf den erhobenen Anspruch der Volkhaftigkeit ppe_272.036
zur Erscheinung kommen läßt. Dabei bleibt zweifelhaft, ppe_272.037
ob das Echte oder Unechte schon im einzelnen Werk zum unverkennbaren ppe_272.038
Augenschein werden kann, oder ob erst der Vergleich ppe_272.039
mehrerer Werke, ja der Überblick über das gesamte Schaffen und der ppe_272.040
Blick auf die Persönlichkeit des Dichters aus Einheitlichkeit oder ppe_272.041
Widersprüchen endgültige Schlüsse erlauben.

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Grundanschauungen, Erziehungsgedanken und charaktervolle ppe_272.002
Lebensmaximen durchgebildet sind. — Die religiöse Echtheit ppe_272.003
offenbart sich als Innerlichkeit wahrhaften Bekennertums, das aus ppe_272.004
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Charakteren und in der Motivierung der Handlung zum Ausdruck ppe_272.019
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Es ist nun die Frage, ob Echtheit oder Unechtheit in allen vier ppe_272.028
Kategorien durchaus übereinstimmen werden, oder ob ein positiver ppe_272.029
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[272/0296] ppe_272.001 Grundanschauungen, Erziehungsgedanken und charaktervolle ppe_272.002 Lebensmaximen durchgebildet sind. — Die religiöse Echtheit ppe_272.003 offenbart sich als Innerlichkeit wahrhaften Bekennertums, das aus ppe_272.004 Zwang der Überzeugung und Kraft der Entscheidung hervorgeht. — ppe_272.005 Die volkhafte Echtheit wurzelt in arteigenem Verwachsensein ppe_272.006 mit dem Empfinden der Gemeinschaft und in dem rassebewußten Verantwortungsgefühl ppe_272.007 einer Gegenwart, die mit Geschichte und Zukunft ppe_272.008 des eigenen Volkes und der Menschheit sich verknüpft fühlt. ppe_272.009 In jeder der vier Kategorien ist aber auch eine Wertverneinung als ppe_272.010 Feststellung der Unechtheit möglich. Die Gegensätze liegen auf dem ppe_272.011 Felde des Ästhetischen im Einseitig-Artistischen, in spielerischer ppe_272.012 Routine, angelernter Effekthascherei und unorigineller Nachahmung, ppe_272.013 die kein selbsterrungener organischer Ausdruck des eigenen künstlerischen ppe_272.014 Willens ist. — Auf dem Felde der Ethik ist das Unechte ppe_272.015 im Konventionell-Moralischen, in verlogenen Gefühlen, falscher Sentimentalität, ppe_272.016 unsicher schillernder Koketterie oder frecher Frivolität ppe_272.017 zu finden, was sowohl in der Gesinnung des Dichters als in den dargestellten ppe_272.018 Charakteren und in der Motivierung der Handlung zum Ausdruck ppe_272.019 kommen kann. — Auf religiösem Boden liegt das Unechte ppe_272.020 im Mangel fester Weltanschauung, in haltlosem Zwiespalt und Widersprüchen, ppe_272.021 in Pietätlosigkeit, erheucheltem oder verleugnetem Glauben ppe_272.022 und starrem Dogmatismus, der die Bekenntnisformen nicht mit persönlichem ppe_272.023 Leben und erkämpfter Überzeugung zu erfüllen vermag. — ppe_272.024 In der Beziehung auf das Volkhafte wirkt unecht jede Verleugnung ppe_272.025 der angestammten Eigenart und jedes manierierte Nachlaufen hinter ppe_272.026 fremden Moden. ppe_272.027 Es ist nun die Frage, ob Echtheit oder Unechtheit in allen vier ppe_272.028 Kategorien durchaus übereinstimmen werden, oder ob ein positiver ppe_272.029 Wert in der einen Richtung sich mit Wertlosigkeit in anderen Beziehungen ppe_272.030 vermengen kann. Es ist denkbar, daß, wie z. B. im Fall ppe_272.031 Heine, eine künstlerische Echtheit im Ästhetischen bestehen mag, der ppe_272.032 aber keine Festigkeit im Ethischen und Religiösen gegenübersteht, ppe_272.033 während die vierte Kategorie subjektive Echtheit im Bekenntnis der ppe_272.034 rassischen Heimatlosigkeit und aller ihrer Folgewirkungen, aber objektive ppe_272.035 Unechtheit in bezug auf den erhobenen Anspruch der Volkhaftigkeit ppe_272.036 zur Erscheinung kommen läßt. Dabei bleibt zweifelhaft, ppe_272.037 ob das Echte oder Unechte schon im einzelnen Werk zum unverkennbaren ppe_272.038 Augenschein werden kann, oder ob erst der Vergleich ppe_272.039 mehrerer Werke, ja der Überblick über das gesamte Schaffen und der ppe_272.040 Blick auf die Persönlichkeit des Dichters aus Einheitlichkeit oder ppe_272.041 Widersprüchen endgültige Schlüsse erlauben.

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/296>, abgerufen am 22.11.2024.