ppe_459.001 auch die anderen Gattungen in Anspruch. Schiller selbst hat in dem ppe_459.002 unausgeführten Entwurf, dem der Titel "Deutsche Größe" gegeben ppe_459.003 wurde, die dem Dichter zugeteilte Mission sogar auf die ganze Nation ppe_459.004 übertragen. Die Stellung des Deutschen innerhalb der Menschheit ppe_459.005 sollte analog sein der des Dichters in seinem Volke: "Ihm ist das ppe_459.006 Höchste bestimmt, die Menschheit, die allgemeine, in sich zu vollenden ppe_459.007 und das Schönste, was bei allen Völkern blüht, in einem ppe_459.008 Kranze zu vereinen ... Er ist erwählt von dem Weltgeist, während ppe_459.009 des Zeitkampfs an dem ew'gen Bau der Menschenbildung zu arbeiten. ppe_459.010 Seine Aufgabe ist nicht, im Augenblick zu glänzen und seine Rolle ppe_459.011 zu spielen, sondern den großen Prozeß der Zeit zu gewinnen."
ppe_459.012 Der eigene vom Politischen abgesonderte Wert, der damit für den ppe_459.013 Deutschen begründet werden sollte, entsprach dem Los des Poeten ppe_459.014 in der "Teilung der Erde":
ppe_459.015
Willst du in meinem Himmel mit mir leben -- ppe_459.016 So oft du kommst, er soll dir offen sein.
ppe_459.017 Es war ein idealistischer Verzicht, der zum späteren praktischen ppe_459.018 Geltungswillen des Bühnendichters allerdings in Widerspruch stand. ppe_459.019 Er wurde überwunden durch den wachsenden Wirklichkeitssinn des ppe_459.020 kommenden Jahrhunderts. Für Heinrich v. Kleist bereits war es ein ppe_459.021 tragisches Los, die Sendung, die er auf sich genommen hatte, nicht ppe_459.022 erfüllen zu können:
ppe_459.023
Wehe, mein Vaterland, dir, die Leier zum Ruhm dir zu schlagen, ppe_459.024 Ist, getreu dir im Schoß, mir, deinem Dichter, verwehrt.
ppe_459.025 Die glücklicheren Altersgenossen, denen die Erhebung mitzuerleben ppe_459.026 beschieden war, konnten ihre Kunst ganz in den Dienst des ppe_459.027 Freiheitskampfes stellen, und ihr aus der Not geborener Enthusiasmus ppe_459.028 vererbte sich auf die folgenden politischen Dichter, die der inneren ppe_459.029 Befreiung und der Einswerdung des großen Vaterlandes dienen wollten. ppe_459.030 Aber der religiöse Mittlergedanke zwischen Gott und Volk, der ppe_459.031 von Hölderlin und den Romantikern dem Dichter zugedacht war, ppe_459.032 schwand dahin, als im jungen Deutschland der Zeitgeist zum Frondienst ppe_459.033 aufforderte. Im Streit, ob der Dichter Partei nehmen oder auf ppe_459.034 einer höheren Warte über den Kämpfen stehen solle, ging Größe und ppe_459.035 Echtheit der Berufung verloren.
ppe_459.036 Der Geist des Biedermeier kehrte zu der Resignation zurück, daß ppe_459.037 unter Aufopferung des eigenen Lebensglücks aus tiefem Leid die ppe_459.038 harmonische und trostgebende Versöhnung aller Mißklänge in der ppe_459.039 Dichtung zu schaffen sei. Die Echtheit wurde gegenüber aufgedonnerter ppe_459.040 Scheingröße gewahrt, wenn Adalbert Stifter in seinem Aufsatz
ppe_459.001 auch die anderen Gattungen in Anspruch. Schiller selbst hat in dem ppe_459.002 unausgeführten Entwurf, dem der Titel „Deutsche Größe“ gegeben ppe_459.003 wurde, die dem Dichter zugeteilte Mission sogar auf die ganze Nation ppe_459.004 übertragen. Die Stellung des Deutschen innerhalb der Menschheit ppe_459.005 sollte analog sein der des Dichters in seinem Volke: „Ihm ist das ppe_459.006 Höchste bestimmt, die Menschheit, die allgemeine, in sich zu vollenden ppe_459.007 und das Schönste, was bei allen Völkern blüht, in einem ppe_459.008 Kranze zu vereinen ... Er ist erwählt von dem Weltgeist, während ppe_459.009 des Zeitkampfs an dem ew'gen Bau der Menschenbildung zu arbeiten. ppe_459.010 Seine Aufgabe ist nicht, im Augenblick zu glänzen und seine Rolle ppe_459.011 zu spielen, sondern den großen Prozeß der Zeit zu gewinnen.“
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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