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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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geschichtlicher Gestaltung; es muß in eine Darstellung der ppe_466.002
Taten aufgenommen werden, aber es kann den Fluß nicht beleben ppe_466.003
und zum Ziele führen. Es gleicht der Exposition eines Dramas, aber ppe_466.004
nicht seiner Handlung.

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Das Mißverständnis kommt zum Ausgleich, sobald nicht mehr von ppe_466.006
Gegensätzen der Literaturgeschichte, sondern von zwei Seiten der ppe_466.007
Literaturwissenschaft gesprochen wird. Dann ist die formale Einzeluntersuchung ppe_466.008
von der gestaltenden Zusammenfassung, das Nebeneinander ppe_466.009
von der Folge, die Kritik von der Geschichte, das Verstehen ppe_466.010
von der Darstellung unterschieden, ohne daß die untrennbare Beziehung ppe_466.011
zwischen beiden einen Riß erfährt. Analytische Philologie ppe_466.012
und synthetische Geistesgeschichte sind innerhalb der Literaturwissenschaft ppe_466.013
aufeinander angewiesen. Der Philologe darf nie das Ziel, ppe_466.014
der Geistesgeschichtler nie die Grundlagen aus dem Auge verlieren.

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Bleiben wir bei der knappen Formel, daß Analyse Untersuchung, ppe_466.016
Synthese Darstellung sei, so sehen wir, daß Darstellungen ohne ppe_466.017
vorausgegangene Untersuchung Luftschlösser bleiben; Untersuchungen ppe_466.018
ohne den Zweck belebender Darstellung sind dagegen Maulwurfsarbeit, ppe_466.019
Katakomben im doppelten Sinne der lichtlosen Behausung und ppe_466.020
der Totengruft. Einzeluntersuchungen bilden die Basis des Aufbaus, ppe_466.021
und die Zusammenfassung muß sich jederzeit der Vielfältigkeit, die ppe_466.022
ihr zugrunde liegt, bewußt bleiben. So hat auch der Erbauer eines ppe_466.023
Turmes, einer Brücke, eines Flugzeugs für seine Konstruktion mit ppe_466.024
dem aus den Erzgruben verschiedener Länder stammenden Werkstoff ppe_466.025
in bezug auf Gewicht und Tragfähigkeit zu rechnen.

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Der Weg von der Analyse zur Synthese ist der Wissenschaft von ppe_466.027
der Dichtung vorgezeichnet und bestimmt die Zweiteilung der darzulegenden ppe_466.028
Aufgaben. Beim Rückblick auf den ersten Band dieses ppe_466.029
Unternehmens ist als Grundstein des systematischen Unterbaus die ppe_466.030
Überlieferung des einzelnen Werkes zu finden. Von den Elementen, ppe_466.031
aus denen sich die Erscheinungswelt der Dichtung aufbaut, wurde der ppe_466.032
Ausgang genommen. Im zweiten Buch, das dem Dichter galt, vollzog ppe_466.033
sich schon ein Übergang, insofern seine menschliche Einheit als ppe_466.034
Gegenstand der Analyse, die Einheit seines vielfältigen Werkes aber ppe_466.035
als Ergebnis einer Synthese aufzufassen war.

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Bei aller Vereinzelung konnte es in den beiden vorausgehenden ppe_466.037
Büchern an Ausblicken auf die Dichtung überhaupt mit allen ihren ppe_466.038
möglichen Problemen und Formen, wie auf die Tätigkeit des Dichters ppe_466.039
in ihren bewußten und unbewußten Funktionen nicht fehlen. Nun, ppe_466.040
vom dritten Buch an, hat die Dichtung im Vordergrund zu stehen, ppe_466.041
und ihr allein gilt die Betrachtung, während Werk und Dichter nur

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geschichtlicher Gestaltung; es muß in eine Darstellung der ppe_466.002
Taten aufgenommen werden, aber es kann den Fluß nicht beleben ppe_466.003
und zum Ziele führen. Es gleicht der Exposition eines Dramas, aber ppe_466.004
nicht seiner Handlung.

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Das Mißverständnis kommt zum Ausgleich, sobald nicht mehr von ppe_466.006
Gegensätzen der Literaturgeschichte, sondern von zwei Seiten der ppe_466.007
Literaturwissenschaft gesprochen wird. Dann ist die formale Einzeluntersuchung ppe_466.008
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von der Darstellung unterschieden, ohne daß die untrennbare Beziehung ppe_466.011
zwischen beiden einen Riß erfährt. Analytische Philologie ppe_466.012
und synthetische Geistesgeschichte sind innerhalb der Literaturwissenschaft ppe_466.013
aufeinander angewiesen. Der Philologe darf nie das Ziel, ppe_466.014
der Geistesgeschichtler nie die Grundlagen aus dem Auge verlieren.

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Bleiben wir bei der knappen Formel, daß Analyse Untersuchung, ppe_466.016
Synthese Darstellung sei, so sehen wir, daß Darstellungen ohne ppe_466.017
vorausgegangene Untersuchung Luftschlösser bleiben; Untersuchungen ppe_466.018
ohne den Zweck belebender Darstellung sind dagegen Maulwurfsarbeit, ppe_466.019
Katakomben im doppelten Sinne der lichtlosen Behausung und ppe_466.020
der Totengruft. Einzeluntersuchungen bilden die Basis des Aufbaus, ppe_466.021
und die Zusammenfassung muß sich jederzeit der Vielfältigkeit, die ppe_466.022
ihr zugrunde liegt, bewußt bleiben. So hat auch der Erbauer eines ppe_466.023
Turmes, einer Brücke, eines Flugzeugs für seine Konstruktion mit ppe_466.024
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in bezug auf Gewicht und Tragfähigkeit zu rechnen.

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Der Weg von der Analyse zur Synthese ist der Wissenschaft von ppe_466.027
der Dichtung vorgezeichnet und bestimmt die Zweiteilung der darzulegenden ppe_466.028
Aufgaben. Beim Rückblick auf den ersten Band dieses ppe_466.029
Unternehmens ist als Grundstein des systematischen Unterbaus die ppe_466.030
Überlieferung des einzelnen Werkes zu finden. Von den Elementen, ppe_466.031
aus denen sich die Erscheinungswelt der Dichtung aufbaut, wurde der ppe_466.032
Ausgang genommen. Im zweiten Buch, das dem Dichter galt, vollzog ppe_466.033
sich schon ein Übergang, insofern seine menschliche Einheit als ppe_466.034
Gegenstand der Analyse, die Einheit seines vielfältigen Werkes aber ppe_466.035
als Ergebnis einer Synthese aufzufassen war.

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Bei aller Vereinzelung konnte es in den beiden vorausgehenden ppe_466.037
Büchern an Ausblicken auf die Dichtung überhaupt mit allen ihren ppe_466.038
möglichen Problemen und Formen, wie auf die Tätigkeit des Dichters ppe_466.039
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/490>, abgerufen am 22.11.2024.