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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Form der Anschauung und an Stelle des Diltheyschen Erlebnisbegriffes ppe_491.002
den Heideggerschen Begriff der Zeit zur Geltung bringt. ppe_491.003
Die "reißende Zeit" bei Clemens Brentano, dem immer Hingerissenen, ppe_491.004
der "Augenblick" als die auf das Dauernde gerichtete Einbildungskraft ppe_491.005
bei Goethe und die "ruhende Zeit", die sich bei Gottfried ppe_491.006
Keller in die Ständigkeit des Raumes auflöst, sind nicht nur in drei ppe_491.007
beliebig herausgegriffenen Gedichten zu erleben, sondern dienen ppe_491.008
zum Ausgangspunkt tiefdringender Wesensschau bei allen drei ppe_491.009
Dichtern. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, drei allgemein ppe_491.010
gültige Typen gegeneinander abzugrenzen, was möglich gewesen ppe_491.011
wäre bei Gegenüberstellung der verschiedenen Welten des Klanges, ppe_491.012
der Form und des Lichtes. Das sind die hauptsächlichsten Sinnesbereiche ppe_491.013
dieser Dichter, die demnach als überwiegend musikalisch, ppe_491.014
plastisch und malerisch aufgefaßt werden könnten. Aber indem der ppe_491.015
eine als Romantiker, der andere als der Symboliker, der in Wissenschaft, ppe_491.016
Kunst und Dichtung das Gesetz der Dinge sucht, der dritte ppe_491.017
als Vertreter des Schweizer Geistes betrachtet wird, verteilt sich die ppe_491.018
Verallgemeinerung auf die drei verschiedenen Ebenen der Generation, ppe_491.019
des Stils und des Stammes, in denen jedesmal eine eigene Typologie ppe_491.020
ihren Boden findet. Und obwohl die Reihenfolge weder durch Wertskala ppe_491.021
bestimmt wird noch durch Chronologie (Goethe steht als Überwinder ppe_491.022
der "reißenden Zeit" in der Mitte), wird auf den Versuch ppe_491.023
einer geistesgeschichtlichen Einordnung nicht verzichtet. Die Lebensfülle ppe_491.024
der Charakteristik, die namentlich im Bilde Brentanos die individuellsten ppe_491.025
Züge herausarbeitet, durchbricht allen Schematismus. ppe_491.026
So darf dieses hochkultivierte, feinfühlige Buch, dessen drei Charakteristiken ppe_491.027
ein auf andere philosophische Haltung gegründetes ppe_491.028
Gegenstück zu den vier berühmten Diltheyschen Essays bedeuten, ppe_491.029
als Anlauf, von abstrakter Typologie zu synthetischer Darstellung vorzudringen, ppe_491.030
begrüßt werden.

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Wenn der Verfasser bedauert, seine Schau nicht durch Heranziehung ppe_491.032
weiterer Dichtungen verbreitern zu können, so bleibt allerdings ppe_491.033
der Wille zur Typologie unverkennbar, und es erhebt sich die ppe_491.034
Frage, welche weiteren Zeitformen der dichterischen Einbildungskraft ppe_491.035
möglich wären. Ebenso bleibt zu beantworten, ob solche Typologie ppe_491.036
sich, wie es im Falle Kellers geschehen ist, in eine Entwicklungsgeschichte ppe_491.037
nach räumlichen und zeitlichen Kategorien einbauen läßt. ppe_491.038
Ergänzend ist zu fragen, inwieweit Brentanos Eigenart durch sein ppe_491.039
italienisches Blut bestimmt war und Goethes Einbildungskraft mit ppe_491.040
seiner Generation übereinstimmt.

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Wenn der Verfasser bedauert, seine Schau nicht durch Heranziehung ppe_491.032
weiterer Dichtungen verbreitern zu können, so bleibt allerdings ppe_491.033
der Wille zur Typologie unverkennbar, und es erhebt sich die ppe_491.034
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/515>, abgerufen am 22.11.2024.