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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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hymnischer Rhetorik die theatralische Gebärde gegen Menschen, ppe_505.002
Schicksal und Himmel richte. So sind zwei Typen der Stürmer und ppe_505.003
Dränger nach Stämmen und Landschaften geteilt. Wird damit die ppe_505.004
früher aufgestellte Hypothese verbunden, daß der ganze Barockstil ppe_505.005
seine Entstehungen der dinarischen Rasse verdanke, so käme man zu ppe_505.006
dem Schluß, daß der eine Teil des Sturm und Drang nichts anderes ppe_505.007
als wiederauflebender Barock sei, wobei der gleiche Rassetypus sich ppe_505.008
durchgesetzt habe. Beide Richtungen, zwischen denen einzelne verwandte ppe_505.009
Züge zu erkennen sind, müßten also in denselben Gegenden ppe_505.010
ihre Stammgebiete haben. Aber gerade in Bayern und Österreich, wo ppe_505.011
die meisten dinarischen Menschen zu finden sind und der Barockstil ppe_505.012
in Blüte stand, gab es keinen Sturm und Drang, der sich gegen ppe_505.013
die josephinische Aufklärung erhoben hätte. Vielmehr herrschten die ppe_505.014
Aufklärer nach Überwindung des Barock auf lange hinaus und wurden ppe_505.015
erst im neuen Jahrhundert durch die Romantiker verdrängt. ppe_505.016
Dann erst kam zur Zeit Grillparzers als Synthese von Aufklärung und ppe_505.017
Romantik eine österreichische Klassik zustande, die durch den Namen ppe_505.018
"Biedermeier" keine Herabsetzung erfahren soll.

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Was soll man aber dazu sagen, daß in Schillers Jugendwerken die ppe_505.020
dinarische Geistigkeit dominiere, während in den Werken der Reife ppe_505.021
mehr nordische Formen hervortreten, und daß Goethe, der als vorwiegend ppe_505.022
dinarisch und ostisch mit nordischen Einschlägen erklärt ppe_505.023
wird, nur gerade in dem Jahrzehnt zwischen 1770 und 1780 von ppe_505.024
seinem Dinariertum Gebrauch machte und es vorher wie späterhin ppe_505.025
verleugnete? Von der ganzen Hypothese bliebe, wenn wirklich ein ppe_505.026
dinarisches Rassenerbteil für Goethe bestimmend wäre, nur eine umstürzlerische ppe_505.027
Haltung in der Jugend übrig; aber dem steht gegenüber, ppe_505.028
daß schon der junge Goethe eigentlich der gemäßigteste unter ppe_505.029
den Sturm- und Dranggenossen gewesen ist und manche Züge des ppe_505.030
werdenden Klassikers vorausahnen ließ. Dasselbe gilt von Schiller, ppe_505.031
der sogar wegen seiner philosophischen Haltung von der Sturm- und ppe_505.032
Drang-Generation abgerückt wurde.

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An solchem Beispiel wird augenscheinlich, daß auch der einzelne ppe_505.034
Dichtertypus zeitlichen Veränderungen ausgesetzt ist. Lebensalterstil ppe_505.035
(das ist der Sturm und Drang) und Rasse- oder Stammesstil kreuzen ppe_505.036
sich in Zeit und Raum.

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Die Erkenntnis, daß die geniale Persönlichkeit nicht durch Unterordnung ppe_505.038
unter einen bestimmten Typus erschöpfend charakterisiert ppe_505.039
werden kann, findet wie bei Shakespeare, so auch bei Goethe Bestätigung. ppe_505.040
Der junge Goethe als Stürmer und Dränger, der Klassiker ppe_505.041
Goethe und der verjüngte Greis, der mit der romantischen Generation

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hymnischer Rhetorik die theatralische Gebärde gegen Menschen, ppe_505.002
Schicksal und Himmel richte. So sind zwei Typen der Stürmer und ppe_505.003
Dränger nach Stämmen und Landschaften geteilt. Wird damit die ppe_505.004
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der sogar wegen seiner philosophischen Haltung von der Sturm- und ppe_505.032
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An solchem Beispiel wird augenscheinlich, daß auch der einzelne ppe_505.034
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/529>, abgerufen am 22.11.2024.