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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Leisewitz (1752) aufzufassen geneigt sein, indem wir beobachten, wie ppe_530.002
Goethes Entwicklung über sie hinausführte. Schiller wird durch ppe_530.003
seinen Biographen H. H. Borcherdt schon einer anderen Generation ppe_530.004
zugezählt, wie bereits Ermatinger in seiner Geschichte der deutschen ppe_530.005
Lyrik angedeutet hatte.

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Durch die dynastische Geschichtsschreibung sind wir mehr an die ppe_530.007
Benennung großer Zeitalter nach den Staatsoberhäuptern gewöhnt: ppe_530.008
Das perikleische Zeitalter Athens, das augustische Roms, die Mediceerzeit ppe_530.009
in Florenz, das elisabethanische England und das siecle de ppe_530.010
Louis XIV. in Frankreich bedeuten im Herderschen Sinne Kulturmaxima ppe_530.011
der Nationen, und die an jenem Gipfel jeweils Teilhabenden ppe_530.012
pflegen wir trotz ihrer Altersunterschiede eine Generation zu nennen, ppe_530.013
solange uns die Kultur, in der sie standen, als Einheit erscheint. ppe_530.014
Ebenso charakterisieren die Namen Louis XV. und Louis XVI. als ppe_530.015
Stilbegriffe ihre Zeitalter. Die aufeinanderfolgenden Glieder einer ppe_530.016
Dynastie können auch jedesmal eine literarische Generation bezeichnen, ppe_530.017
wenn sie kunstfördernd die Dichtung beeinflußten, ohne selbst ppe_530.018
produktiv zu sein. Karl der Große ließ alte Heldenlieder von der Art ppe_530.019
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den "Heliand"; sein Enkel Ludwig der Deutsche empfing die ppe_530.021
Widmung von Otfrids Evangelienbuch; das Ludwigslied aber besingt ppe_530.022
den Sieg Ludwigs III. bei Saucourt. Hier also bedeutet der ppe_530.023
Stammbaum der Karolinger in vier Generationen ein Merkblatt für ppe_530.024
die Chronologie der altdeutschen Dichtung. Und ebenso können die ppe_530.025
Dienste, die Walther von der Vogelweide zwei Generationen der ppe_530.026
Staufer und einem welfischen Zwischenkaiser erwiesen hat, zur Datierung ppe_530.027
seiner Sprüche verhelfen.

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Nur einmal gab die deutsche Geschichte die Möglichkeit, ein ganzes ppe_530.029
Zeitalter nach der Person eines großen Herrschers zu benennen. ppe_530.030
Immanuel Kant bezeichnete das Aufklärungszeitalter als das Jahrhundert ppe_530.031
Friedrichs des Großen; Lessing hatte in seiner letzten Schrift ppe_530.032
über die Fabeln der Minnesänger schon im voraus gegen solche Benennung ppe_530.033
Einspruch erhoben mit der ironischen Frage, ob die guten ppe_530.034
schwäbischen Kaiser um die damalige Poesie etwa mehr Verdienst ppe_530.035
gehabt hätten als der jetzige König von Preußen um die gegenwärtige; ppe_530.036
Goethe kehrte in "Dichtung und Wahrheit" zu Kants Anschauung ppe_530.037
zurück und feierte Friedrich als den ersten, der der ppe_530.038
deutschen Dichtung zeitgeschichtlichen Stoff gab. Trotzdem besteht ppe_530.039
hier eine Disharmonie. Die Tragik des einsamen Königs, der vor der ppe_530.040
ihm zugewandten nationalen Dichtung die Augen verschloß, ist ppe_530.041
Generationstragik: weder unter den ihm vorausgehenden Schriftstellern,

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Leisewitz (1752) aufzufassen geneigt sein, indem wir beobachten, wie ppe_530.002
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/554>, abgerufen am 22.11.2024.