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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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fortschreitende Entwicklung, wie sie H. A. Korff in den drei Phasen ppe_045.002
Sturm und Drang, Klassik, Romantik als "Geist der Goethezeit" ppe_045.003
(1923 ff.) darzustellen sich vornahm. Wenn hier die klärende Begriffsführung ppe_045.004
Simmels in mancher Beziehung vorbildlich erscheint, so wird ppe_045.005
jetzt überhaupt die Übertragung und Ausdehnung der Grundsätze ppe_045.006
der Personalmonographie auf die Periodendarstellung sichtbar, am ppe_045.007
deutlichsten unter Bergsons und Gundolfs Einfluß in den dionysischen ppe_045.008
Anfängen von Herbert Cysarz.

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Die vollkommene Umwertung der biographischen Aufgaben war ppe_045.010
im zweiten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts zuerst sichtbar geworden ppe_045.011
in der schnellen Aufeinanderfolge neuartiger Goethe-Darstellungen, ppe_045.012
die bei aller Verschiedenheit von Form und Auffassung das gemeinsam ppe_045.013
hatten, daß sie nicht mehr die Teile, sondern die Ganzheit, persönlich ppe_045.014
geschaut, in durchgeistigter, künstlerischer Form vermitteln ppe_045.015
wollten. H. St. Chamberlain (1912) suchte die Totalität, indem er den ppe_045.016
Naturerforscher in den Vordergrund stellte; G. Simmel (1913) bemühte ppe_045.017
sich, den Sinn der Existenz Goethes auf eine Formel zu bringen, ppe_045.018
über der das blutvolle Leben und Erlebnis allerdings verblaßte; ppe_045.019
Fr. Gundolf (1916) fand die Einheit von Leben und Dichtung im ppe_045.020
Kunstwerk der Gestalt. Diese Lösungen wären schwerlich möglich ppe_045.021
gewesen ohne die Grundlagen, die die vorausgegangene entsagungsvolle ppe_045.022
Arbeit der Goethe-Philologie geschaffen hatte; es war deren ppe_045.023
Schicksal, in eben dem Zeitpunkt, da sie das ihrige getan hatte, bereits ppe_045.024
als überholt und beinahe überflüssig angesehen zu werden. An ppe_045.025
die Stelle der aus dem Material aufgebauten Biographie von außen ppe_045.026
trat die Biographie von innen, wie man sie genannt hat. Und deren ppe_045.027
Ansprüchen genügte, wie der spanische Philosoph Jose Ortega y ppe_045.028
Gasset im Jahre 1932 sagte, auch das Buch von Simmel, das er das ppe_045.029
einzig lesbare nannte, noch lange nicht.

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Solange nun ein Gleichgewicht von Gehalt und künstlerischer Form ppe_045.031
gewahrt wurde, eine "wirklich reine unkupplerische Versöhnung des ppe_045.032
historischen Denkens mit der anschauenden Phantasie", wie K. Voßler ppe_045.033
es genannt hat, konnte die Forderung eines Ranke, der die Historie ppe_045.034
als Synthese von Wissenschaft und Kunst aufgefaßt sehen wollte, in ppe_045.035
der Monographie erfüllt werden. Es gelang, solange man die Wesensmitte, ppe_045.036
aus der gestaltet werden sollte, im Gegenstand suchte. Aber je ppe_045.037
mehr die Innenrichtung überging vom Gegenstand zum Verfasser, der ppe_045.038
für seine eigenschöpferische Vision und die Virtuosität der schriftstellerischen ppe_045.039
Leistung Beifall forderte, desto mehr glitt das Lebensbild ppe_045.040
aus dem Bereich der Wissenschaft in den der schönen Literatur ppe_045.041
hinüber und wurde selbst zum Wortkunstwerk, ja zum Virtuosenstück.

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Sturm und Drang, Klassik, Romantik als „Geist der Goethezeit“ ppe_045.003
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Die vollkommene Umwertung der biographischen Aufgaben war ppe_045.010
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in der schnellen Aufeinanderfolge neuartiger Goethe-Darstellungen, ppe_045.012
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Gasset im Jahre 1932 sagte, auch das Buch von Simmel, das er das ppe_045.029
einzig lesbare nannte, noch lange nicht.

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Solange nun ein Gleichgewicht von Gehalt und künstlerischer Form ppe_045.031
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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/69>, abgerufen am 21.11.2024.