Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.dem Spitale geschafft werden. Man setzt sie auf ganz einfache, hölzerne Armstühle, an welchen vorne ein Strick befestiget ist, der sie vor dem Herabstürzen schützt, und unten ein zweiter, auf welchen sie die Füße stellen -- ein schrecklicher Anblick, wenn der Kranke schon so schwach ist, daß er sich nicht mehr in sitzender Stellung aufrecht halten kann. Nicht wenig war ich erstaunt, in diesem Lande, wo noch keine Postbeförderung eingerichtet ist und überhaupt mit keinem Orte eine regelmäßige Verbindung statt hat, von der Anlegung einer Eisenbahn zu hören, die von hier nach Santiago geführt werden soll. Eine Gesellschaft von Engländern unternimmt dieses Werk, und die Messungen haben bereits begonnen. Da die Gegend sehr gebirgig ist, müssen bedeutende Umwege gemacht werden, um Ebenen zu gewinnen. Hieraus erwachsen sehr große Kosten, die mit dem jetzigen Stande des Handels und des Personenverkehrs nicht im geringsten in Vergleich gebracht werden können. Gegenwärtig fahren kaum des Tages einige Wagen, und wenn ja einmal 10 oder 15 Reisende von Santiago nach Valparaiso kommen, so spricht die ganze Stadt davon. Man glaubt daher auch, daß der Bau der Eisenbahn den Unternehmern nur zum Vorwande dient, um in allen Richtungen des Landes ungehindert nach Gold und Silber suchen zu können. Ein Entdecker von Minen werden hier sehr begünstigt; sie haben auf ihre Entdeckung volles Eigenthumsrecht und brauchen nur deren Besitznahme der Regierung anzuzeigen. Das Ding geht so weit, daß, wenn z. B. jemand mit irgend scheinbaren Gründen behaupten kann, dem Spitale geschafft werden. Man setzt sie auf ganz einfache, hölzerne Armstühle, an welchen vorne ein Strick befestiget ist, der sie vor dem Herabstürzen schützt, und unten ein zweiter, auf welchen sie die Füße stellen — ein schrecklicher Anblick, wenn der Kranke schon so schwach ist, daß er sich nicht mehr in sitzender Stellung aufrecht halten kann. Nicht wenig war ich erstaunt, in diesem Lande, wo noch keine Postbeförderung eingerichtet ist und überhaupt mit keinem Orte eine regelmäßige Verbindung statt hat, von der Anlegung einer Eisenbahn zu hören, die von hier nach Santiago geführt werden soll. Eine Gesellschaft von Engländern unternimmt dieses Werk, und die Messungen haben bereits begonnen. Da die Gegend sehr gebirgig ist, müssen bedeutende Umwege gemacht werden, um Ebenen zu gewinnen. Hieraus erwachsen sehr große Kosten, die mit dem jetzigen Stande des Handels und des Personenverkehrs nicht im geringsten in Vergleich gebracht werden können. Gegenwärtig fahren kaum des Tages einige Wagen, und wenn ja einmal 10 oder 15 Reisende von Santiago nach Valparaiso kommen, so spricht die ganze Stadt davon. Man glaubt daher auch, daß der Bau der Eisenbahn den Unternehmern nur zum Vorwande dient, um in allen Richtungen des Landes ungehindert nach Gold und Silber suchen zu können. Ein Entdecker von Minen werden hier sehr begünstigt; sie haben auf ihre Entdeckung volles Eigenthumsrecht und brauchen nur deren Besitznahme der Regierung anzuzeigen. Das Ding geht so weit, daß, wenn z. B. jemand mit irgend scheinbaren Gründen behaupten kann, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0150" n="143"/> dem Spitale geschafft werden. Man setzt sie auf ganz einfache, hölzerne Armstühle, an welchen vorne ein Strick befestiget ist, der sie vor dem Herabstürzen schützt, und unten ein zweiter, auf welchen sie die Füße stellen — ein schrecklicher Anblick, wenn der Kranke schon so schwach ist, daß er sich nicht mehr in sitzender Stellung aufrecht halten kann.</p> <p> Nicht wenig war ich erstaunt, in diesem Lande, wo noch keine Postbeförderung eingerichtet ist und überhaupt mit keinem Orte eine regelmäßige Verbindung statt hat, von der Anlegung einer Eisenbahn zu hören, die von hier nach Santiago geführt werden soll. Eine Gesellschaft von Engländern unternimmt dieses Werk, und die Messungen haben bereits begonnen. Da die Gegend sehr gebirgig ist, müssen bedeutende Umwege gemacht werden, um Ebenen zu gewinnen. Hieraus erwachsen sehr große Kosten, die mit dem jetzigen Stande des Handels und des Personenverkehrs nicht im geringsten in Vergleich gebracht werden können. Gegenwärtig fahren kaum des Tages einige Wagen, und wenn ja einmal 10 oder 15 Reisende von Santiago nach <hi rendition="#aq">Valparaiso</hi> kommen, so spricht die ganze Stadt davon. Man glaubt daher auch, daß der Bau der Eisenbahn den Unternehmern nur zum Vorwande dient, um in allen Richtungen des Landes ungehindert nach Gold und Silber suchen zu können.</p> <p> Ein Entdecker von Minen werden hier sehr begünstigt; sie haben auf ihre Entdeckung volles Eigenthumsrecht und brauchen nur deren Besitznahme der Regierung anzuzeigen. Das Ding geht so weit, daß, wenn z. B. jemand mit irgend scheinbaren Gründen behaupten kann, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0150]
dem Spitale geschafft werden. Man setzt sie auf ganz einfache, hölzerne Armstühle, an welchen vorne ein Strick befestiget ist, der sie vor dem Herabstürzen schützt, und unten ein zweiter, auf welchen sie die Füße stellen — ein schrecklicher Anblick, wenn der Kranke schon so schwach ist, daß er sich nicht mehr in sitzender Stellung aufrecht halten kann.
Nicht wenig war ich erstaunt, in diesem Lande, wo noch keine Postbeförderung eingerichtet ist und überhaupt mit keinem Orte eine regelmäßige Verbindung statt hat, von der Anlegung einer Eisenbahn zu hören, die von hier nach Santiago geführt werden soll. Eine Gesellschaft von Engländern unternimmt dieses Werk, und die Messungen haben bereits begonnen. Da die Gegend sehr gebirgig ist, müssen bedeutende Umwege gemacht werden, um Ebenen zu gewinnen. Hieraus erwachsen sehr große Kosten, die mit dem jetzigen Stande des Handels und des Personenverkehrs nicht im geringsten in Vergleich gebracht werden können. Gegenwärtig fahren kaum des Tages einige Wagen, und wenn ja einmal 10 oder 15 Reisende von Santiago nach Valparaiso kommen, so spricht die ganze Stadt davon. Man glaubt daher auch, daß der Bau der Eisenbahn den Unternehmern nur zum Vorwande dient, um in allen Richtungen des Landes ungehindert nach Gold und Silber suchen zu können.
Ein Entdecker von Minen werden hier sehr begünstigt; sie haben auf ihre Entdeckung volles Eigenthumsrecht und brauchen nur deren Besitznahme der Regierung anzuzeigen. Das Ding geht so weit, daß, wenn z. B. jemand mit irgend scheinbaren Gründen behaupten kann,
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/150>, abgerufen am 16.07.2024. |