Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.etwas zu bauen hat, kosten die Materialien nur die kleine Mühe sie vom Boden aufzulesen. Manche Europäer bewohnen halbverfallene Ruinen, die sie mit wenig Mühe und Kosten in niedliche Paläste verwandeln. Agra ist der Hauptsitz zweier Missions-Gesellschaften, einer katholischen und einer protestantischen. Sie unterrichten hier wie in Benares die Abkömmlinge der im Jahre 1831 aufgefundenen Kinder. Man wies mir ein kleines Mädchen, das erst kürzlich einer armen Mutter um zwei Rup. abgekauft wurde. An der Spitze der katholischen Mission steht ein Bischof; der jetzige, Herr Porgi, ist der Schöpfer einer geschmackvoll gebauten Kirche und eines schönen Wohnhauses. In keiner ähnlichen Anstalt sah ich so viel Ordnung und die Eingebornen so gut gehalten wie hier. Des Sonntags nach den Betstunden unterhalten sie sich mit anständigen, munteren Spielen, während die in den protestantischen Anstalten, nachdem sie die ganze Woche gearbeitet haben, des Sonntags den ganzen Tag beten müssen und zu ihrem Vergnügen höchstens einige Stunden mit ruhiger, ernster Miene vor den Hausthüren sitzen dürfen. Wenn man in diesem Lande unter ächten Protestanten einen Sonntag zubringt, so sollte man wahrlich glauben, Gott der Allgütige habe den Menschen auch die unschuldigste Unterhaltung versagt. Diese beiden gottgeweihten Gesellschaften stehen sich leider etwas schroff entgegen und bekritteln und verfolgen jede geringe Abweichung, wodurch sie den um sie lebenden Eingebornen gerade kein sehr gutes Beispiel geben. etwas zu bauen hat, kosten die Materialien nur die kleine Mühe sie vom Boden aufzulesen. Manche Europäer bewohnen halbverfallene Ruinen, die sie mit wenig Mühe und Kosten in niedliche Paläste verwandeln. Agra ist der Hauptsitz zweier Missions-Gesellschaften, einer katholischen und einer protestantischen. Sie unterrichten hier wie in Benares die Abkömmlinge der im Jahre 1831 aufgefundenen Kinder. Man wies mir ein kleines Mädchen, das erst kürzlich einer armen Mutter um zwei Rup. abgekauft wurde. An der Spitze der katholischen Mission steht ein Bischof; der jetzige, Herr Porgi, ist der Schöpfer einer geschmackvoll gebauten Kirche und eines schönen Wohnhauses. In keiner ähnlichen Anstalt sah ich so viel Ordnung und die Eingebornen so gut gehalten wie hier. Des Sonntags nach den Betstunden unterhalten sie sich mit anständigen, munteren Spielen, während die in den protestantischen Anstalten, nachdem sie die ganze Woche gearbeitet haben, des Sonntags den ganzen Tag beten müssen und zu ihrem Vergnügen höchstens einige Stunden mit ruhiger, ernster Miene vor den Hausthüren sitzen dürfen. Wenn man in diesem Lande unter ächten Protestanten einen Sonntag zubringt, so sollte man wahrlich glauben, Gott der Allgütige habe den Menschen auch die unschuldigste Unterhaltung versagt. Diese beiden gottgeweihten Gesellschaften stehen sich leider etwas schroff entgegen und bekritteln und verfolgen jede geringe Abweichung, wodurch sie den um sie lebenden Eingebornen gerade kein sehr gutes Beispiel geben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0205" n="198"/> etwas zu bauen hat, kosten die Materialien nur die kleine Mühe sie vom Boden aufzulesen. Manche Europäer bewohnen halbverfallene Ruinen, die sie mit wenig Mühe und Kosten in niedliche Paläste verwandeln.</p> <p>Agra ist der Hauptsitz zweier Missions-Gesellschaften, einer katholischen und einer protestantischen. Sie unterrichten hier wie in Benares die Abkömmlinge der im Jahre 1831 aufgefundenen Kinder. Man wies mir ein kleines Mädchen, das erst kürzlich einer armen Mutter um zwei Rup. abgekauft wurde.</p> <p>An der Spitze der katholischen Mission steht ein Bischof; der jetzige, Herr Porgi, ist der Schöpfer einer geschmackvoll gebauten Kirche und eines schönen Wohnhauses. In keiner ähnlichen Anstalt sah ich so viel Ordnung und die Eingebornen so gut gehalten wie hier. Des Sonntags nach den Betstunden unterhalten sie sich mit anständigen, munteren Spielen, während die in den protestantischen Anstalten, nachdem sie die ganze Woche gearbeitet haben, des Sonntags den ganzen Tag beten müssen und zu ihrem Vergnügen höchstens einige Stunden mit ruhiger, ernster Miene vor den Hausthüren sitzen dürfen. Wenn man in diesem Lande unter ächten Protestanten einen Sonntag zubringt, so sollte man wahrlich glauben, Gott der Allgütige habe den Menschen auch die unschuldigste Unterhaltung versagt.</p> <p>Diese beiden gottgeweihten Gesellschaften stehen sich leider etwas schroff entgegen und bekritteln und verfolgen jede geringe Abweichung, wodurch sie den um sie lebenden Eingebornen gerade kein sehr gutes Beispiel geben.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [198/0205]
etwas zu bauen hat, kosten die Materialien nur die kleine Mühe sie vom Boden aufzulesen. Manche Europäer bewohnen halbverfallene Ruinen, die sie mit wenig Mühe und Kosten in niedliche Paläste verwandeln.
Agra ist der Hauptsitz zweier Missions-Gesellschaften, einer katholischen und einer protestantischen. Sie unterrichten hier wie in Benares die Abkömmlinge der im Jahre 1831 aufgefundenen Kinder. Man wies mir ein kleines Mädchen, das erst kürzlich einer armen Mutter um zwei Rup. abgekauft wurde.
An der Spitze der katholischen Mission steht ein Bischof; der jetzige, Herr Porgi, ist der Schöpfer einer geschmackvoll gebauten Kirche und eines schönen Wohnhauses. In keiner ähnlichen Anstalt sah ich so viel Ordnung und die Eingebornen so gut gehalten wie hier. Des Sonntags nach den Betstunden unterhalten sie sich mit anständigen, munteren Spielen, während die in den protestantischen Anstalten, nachdem sie die ganze Woche gearbeitet haben, des Sonntags den ganzen Tag beten müssen und zu ihrem Vergnügen höchstens einige Stunden mit ruhiger, ernster Miene vor den Hausthüren sitzen dürfen. Wenn man in diesem Lande unter ächten Protestanten einen Sonntag zubringt, so sollte man wahrlich glauben, Gott der Allgütige habe den Menschen auch die unschuldigste Unterhaltung versagt.
Diese beiden gottgeweihten Gesellschaften stehen sich leider etwas schroff entgegen und bekritteln und verfolgen jede geringe Abweichung, wodurch sie den um sie lebenden Eingebornen gerade kein sehr gutes Beispiel geben.
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/205>, abgerufen am 16.02.2025. |