Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.Die Fußbekleidung besteht aus genähten Strümpfen und Schuhen von schwarzen Seiden- oder Wollstoffen; die Sohle an den Schuhen, über einen Zoll hoch, ist von dicker Pappe oder Filz, der mehrfach auf einander geklebt ist. Die ärmeren Leute gehen ohne Fußbekleidung. Die Häuser des Volkes, armselige Baracken, sind von Ziegeln oder Holz erbaut, die innere Einrichtung ist höchst erbärmlich: ein schlechter Tisch, einige Stühle, ein Paar Bambusmatten, Kopfschemelchen und alte Decken bilden den ganzen Hausrath; doch fehlen nirgends einige Blumentöpfe. Die billigste Art Wohnung ist der Besitz eines Bootes. Der Mann geht auf das Land in die Arbeit, und das Weib sucht unterdessen durch Spazier- oder Ueberfahrten ebenfalls zur Erhaltung der Familie beizutragen. Die eine Hälfte des Bootes gehört der Familie, die andere dem Miether, und obwohl der Raum außerordentlich beschränkt ist (das ganze Boot mißt kaum 25 Fuß in der Länge), so herrscht doch die größte Reinlichkeit und Ordnung, denn jeden Morgen wird alles gescheuert und gewachsen. Jedes Fleckchen ist äußerst sinnreich benützt, sogar zu einem winzigen Hausaltare findet sich Platz. Unter Tages wird gekocht und gewaschen, wobei es nicht an kleinen Kindern fehlt, und dennoch wird der Miether nicht im geringsten belästigt; kein eklicher Anblick bietet sich ihm dar, und er vernimmt nur höchst selten die weinerliche Stimme eines der armen Kleinen. Während die Mutter das Ruder führt, trägt sie ihr Jüngstes auf den Rücken gebunden. Die größeren Kinder haben auch zuweilen dergleichen festgebundene Lasten; springen und Die Fußbekleidung besteht aus genähten Strümpfen und Schuhen von schwarzen Seiden- oder Wollstoffen; die Sohle an den Schuhen, über einen Zoll hoch, ist von dicker Pappe oder Filz, der mehrfach auf einander geklebt ist. Die ärmeren Leute gehen ohne Fußbekleidung. Die Häuser des Volkes, armselige Baracken, sind von Ziegeln oder Holz erbaut, die innere Einrichtung ist höchst erbärmlich: ein schlechter Tisch, einige Stühle, ein Paar Bambusmatten, Kopfschemelchen und alte Decken bilden den ganzen Hausrath; doch fehlen nirgends einige Blumentöpfe. Die billigste Art Wohnung ist der Besitz eines Bootes. Der Mann geht auf das Land in die Arbeit, und das Weib sucht unterdessen durch Spazier- oder Ueberfahrten ebenfalls zur Erhaltung der Familie beizutragen. Die eine Hälfte des Bootes gehört der Familie, die andere dem Miether, und obwohl der Raum außerordentlich beschränkt ist (das ganze Boot mißt kaum 25 Fuß in der Länge), so herrscht doch die größte Reinlichkeit und Ordnung, denn jeden Morgen wird alles gescheuert und gewachsen. Jedes Fleckchen ist äußerst sinnreich benützt, sogar zu einem winzigen Hausaltare findet sich Platz. Unter Tages wird gekocht und gewaschen, wobei es nicht an kleinen Kindern fehlt, und dennoch wird der Miether nicht im geringsten belästigt; kein eklicher Anblick bietet sich ihm dar, und er vernimmt nur höchst selten die weinerliche Stimme eines der armen Kleinen. Während die Mutter das Ruder führt, trägt sie ihr Jüngstes auf den Rücken gebunden. Die größeren Kinder haben auch zuweilen dergleichen festgebundene Lasten; springen und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0027" n="20"/> <p>Die Fußbekleidung besteht aus genähten Strümpfen und Schuhen von schwarzen Seiden- oder Wollstoffen; die Sohle an den Schuhen, über einen Zoll hoch, ist von dicker Pappe oder Filz, der mehrfach auf einander geklebt ist. Die ärmeren Leute gehen ohne Fußbekleidung.</p> <p>Die Häuser des Volkes, armselige Baracken, sind von Ziegeln oder Holz erbaut, die innere Einrichtung ist höchst erbärmlich: ein schlechter Tisch, einige Stühle, ein Paar Bambusmatten, Kopfschemelchen und alte Decken bilden den ganzen Hausrath; doch fehlen nirgends einige Blumentöpfe.</p> <p>Die billigste Art Wohnung ist der Besitz eines Bootes. Der Mann geht auf das Land in die Arbeit, und das Weib sucht unterdessen durch Spazier- oder Ueberfahrten ebenfalls zur Erhaltung der Familie beizutragen. Die eine Hälfte des Bootes gehört der Familie, die andere dem Miether, und obwohl der Raum außerordentlich beschränkt ist (das ganze Boot mißt kaum 25 Fuß in der Länge), so herrscht doch die größte Reinlichkeit und Ordnung, denn jeden Morgen wird alles gescheuert und gewachsen. Jedes Fleckchen ist äußerst sinnreich benützt, sogar zu einem winzigen Hausaltare findet sich Platz. Unter Tages wird gekocht und gewaschen, wobei es nicht an kleinen Kindern fehlt, und dennoch wird der Miether nicht im geringsten belästigt; kein eklicher Anblick bietet sich ihm dar, und er vernimmt nur höchst selten die weinerliche Stimme eines der armen Kleinen. Während die Mutter das Ruder führt, trägt sie ihr Jüngstes auf den Rücken gebunden. Die größeren Kinder haben auch zuweilen dergleichen festgebundene Lasten; springen und </p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0027]
Die Fußbekleidung besteht aus genähten Strümpfen und Schuhen von schwarzen Seiden- oder Wollstoffen; die Sohle an den Schuhen, über einen Zoll hoch, ist von dicker Pappe oder Filz, der mehrfach auf einander geklebt ist. Die ärmeren Leute gehen ohne Fußbekleidung.
Die Häuser des Volkes, armselige Baracken, sind von Ziegeln oder Holz erbaut, die innere Einrichtung ist höchst erbärmlich: ein schlechter Tisch, einige Stühle, ein Paar Bambusmatten, Kopfschemelchen und alte Decken bilden den ganzen Hausrath; doch fehlen nirgends einige Blumentöpfe.
Die billigste Art Wohnung ist der Besitz eines Bootes. Der Mann geht auf das Land in die Arbeit, und das Weib sucht unterdessen durch Spazier- oder Ueberfahrten ebenfalls zur Erhaltung der Familie beizutragen. Die eine Hälfte des Bootes gehört der Familie, die andere dem Miether, und obwohl der Raum außerordentlich beschränkt ist (das ganze Boot mißt kaum 25 Fuß in der Länge), so herrscht doch die größte Reinlichkeit und Ordnung, denn jeden Morgen wird alles gescheuert und gewachsen. Jedes Fleckchen ist äußerst sinnreich benützt, sogar zu einem winzigen Hausaltare findet sich Platz. Unter Tages wird gekocht und gewaschen, wobei es nicht an kleinen Kindern fehlt, und dennoch wird der Miether nicht im geringsten belästigt; kein eklicher Anblick bietet sich ihm dar, und er vernimmt nur höchst selten die weinerliche Stimme eines der armen Kleinen. Während die Mutter das Ruder führt, trägt sie ihr Jüngstes auf den Rücken gebunden. Die größeren Kinder haben auch zuweilen dergleichen festgebundene Lasten; springen und
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/27>, abgerufen am 16.07.2024. |