Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Die Terrassen hier waren mit keiner Mauer umgeben, eine Sache, die mir sehr erwünscht kam, da sie mir Gelegenheit bot, das Leben und Treiben meiner Nachbarsleute zu beobachten. In den Hofräumen sah ich die Weiber beschäftigt, Brod zu backen, und zwar auf dieselbe Art wie jene in Bandr-Abas. Die Männer und Kinder breiteten unterdessen Strohmatten auf den Terrassen aus und brachten Schüsseln mit Pilav, Gemüsen oder sonstigen Gerichten herbei. Als dann die Brode fertig waren, ging es zur Mahlzeit. Die Weiber setzten sich ebenfalls hinzu,und ich meinte schon, daß die hiesigen Araber in der Bildung so weit vorgeschritten wären, meinem Geschlechte den Platz am Tische zu gönnen. Da sah ich leider die armen Weiber nicht nach den Schüsseln langen, sondern Strohfächer ergreifen, um von den Häuptern ihrer Gebieter die lästigen Fliegen abzuwehren. Sie mögen ihr Mahl wohl später im Innern des Hauses gehalten haben, denn weder im Hofraume, noch auf der Terrasse sah ich sie essen. Zur Ruhe begab ich alles auf die Terrasse. Männer und Weiber hüllten sich bis über den Kopf in Decken ein, und weder die einen noch die andern legten ein Stück ihrer Kleidung ab. 1. Juni. Ich hatte für heute Morgen zwei frische Pferde und zur Bedeckung zwei Araber bestellt, um mit einiger Sicherheit nach den Ruinen des Birs-Nimrod gehen zu können. Diese Ruine liegt sechs englische Meilen von Hilla in der Wüste oder Ebene Schinar, nahe am Euphrat, auf einem von Ziegeln erbauten, 265 Fuß hohen Hügel, und besteht aus dem Bruchstücke einer Die Terrassen hier waren mit keiner Mauer umgeben, eine Sache, die mir sehr erwünscht kam, da sie mir Gelegenheit bot, das Leben und Treiben meiner Nachbarsleute zu beobachten. In den Hofräumen sah ich die Weiber beschäftigt, Brod zu backen, und zwar auf dieselbe Art wie jene in Bandr-Abas. Die Männer und Kinder breiteten unterdessen Strohmatten auf den Terrassen aus und brachten Schüsseln mit Pilav, Gemüsen oder sonstigen Gerichten herbei. Als dann die Brode fertig waren, ging es zur Mahlzeit. Die Weiber setzten sich ebenfalls hinzu,und ich meinte schon, daß die hiesigen Araber in der Bildung so weit vorgeschritten wären, meinem Geschlechte den Platz am Tische zu gönnen. Da sah ich leider die armen Weiber nicht nach den Schüsseln langen, sondern Strohfächer ergreifen, um von den Häuptern ihrer Gebieter die lästigen Fliegen abzuwehren. Sie mögen ihr Mahl wohl später im Innern des Hauses gehalten haben, denn weder im Hofraume, noch auf der Terrasse sah ich sie essen. Zur Ruhe begab ich alles auf die Terrasse. Männer und Weiber hüllten sich bis über den Kopf in Decken ein, und weder die einen noch die andern legten ein Stück ihrer Kleidung ab. 1. Juni. Ich hatte für heute Morgen zwei frische Pferde und zur Bedeckung zwei Araber bestellt, um mit einiger Sicherheit nach den Ruinen des Birs-Nimrod gehen zu können. Diese Ruine liegt sechs englische Meilen von Hilla in der Wüste oder Ebene Schinar, nahe am Euphrat, auf einem von Ziegeln erbauten, 265 Fuß hohen Hügel, und besteht aus dem Bruchstücke einer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0150" n="142"/> <p>Die Terrassen hier waren mit keiner Mauer umgeben, eine Sache, die mir sehr erwünscht kam, da sie mir Gelegenheit bot, das Leben und Treiben meiner Nachbarsleute zu beobachten.</p> <p>In den Hofräumen sah ich die Weiber beschäftigt, Brod zu backen, und zwar auf dieselbe Art wie jene in <hi rendition="#aq">Bandr-Abas</hi>. Die Männer und Kinder breiteten unterdessen Strohmatten auf den Terrassen aus und brachten Schüsseln mit Pilav, Gemüsen oder sonstigen Gerichten herbei. Als dann die Brode fertig waren, ging es zur Mahlzeit. Die Weiber setzten sich ebenfalls hinzu,und ich meinte schon, daß die hiesigen Araber in der Bildung so weit vorgeschritten wären, meinem Geschlechte den Platz am Tische zu gönnen. Da sah ich leider die armen Weiber nicht nach den Schüsseln langen, sondern Strohfächer ergreifen, um von den Häuptern ihrer Gebieter die lästigen Fliegen abzuwehren. Sie mögen ihr Mahl wohl später im Innern des Hauses gehalten haben, denn weder im Hofraume, noch auf der Terrasse sah ich sie essen. Zur Ruhe begab ich alles auf die Terrasse. Männer und Weiber hüllten sich bis über den Kopf in Decken ein, und weder die einen noch die andern legten ein Stück ihrer Kleidung ab.</p> <p>1. Juni. Ich hatte für heute Morgen zwei frische Pferde und zur Bedeckung zwei Araber bestellt, um mit einiger Sicherheit nach den Ruinen des <hi rendition="#aq">Birs-Nimrod</hi> gehen zu können. Diese Ruine liegt sechs englische Meilen von <hi rendition="#aq">Hilla</hi> in der Wüste oder Ebene Schinar, nahe am Euphrat, auf einem von Ziegeln erbauten, 265 Fuß hohen Hügel, und besteht aus dem Bruchstücke einer </p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0150]
Die Terrassen hier waren mit keiner Mauer umgeben, eine Sache, die mir sehr erwünscht kam, da sie mir Gelegenheit bot, das Leben und Treiben meiner Nachbarsleute zu beobachten.
In den Hofräumen sah ich die Weiber beschäftigt, Brod zu backen, und zwar auf dieselbe Art wie jene in Bandr-Abas. Die Männer und Kinder breiteten unterdessen Strohmatten auf den Terrassen aus und brachten Schüsseln mit Pilav, Gemüsen oder sonstigen Gerichten herbei. Als dann die Brode fertig waren, ging es zur Mahlzeit. Die Weiber setzten sich ebenfalls hinzu,und ich meinte schon, daß die hiesigen Araber in der Bildung so weit vorgeschritten wären, meinem Geschlechte den Platz am Tische zu gönnen. Da sah ich leider die armen Weiber nicht nach den Schüsseln langen, sondern Strohfächer ergreifen, um von den Häuptern ihrer Gebieter die lästigen Fliegen abzuwehren. Sie mögen ihr Mahl wohl später im Innern des Hauses gehalten haben, denn weder im Hofraume, noch auf der Terrasse sah ich sie essen. Zur Ruhe begab ich alles auf die Terrasse. Männer und Weiber hüllten sich bis über den Kopf in Decken ein, und weder die einen noch die andern legten ein Stück ihrer Kleidung ab.
1. Juni. Ich hatte für heute Morgen zwei frische Pferde und zur Bedeckung zwei Araber bestellt, um mit einiger Sicherheit nach den Ruinen des Birs-Nimrod gehen zu können. Diese Ruine liegt sechs englische Meilen von Hilla in der Wüste oder Ebene Schinar, nahe am Euphrat, auf einem von Ziegeln erbauten, 265 Fuß hohen Hügel, und besteht aus dem Bruchstücke einer
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/150>, abgerufen am 16.07.2024. |