Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.einigen Gurken ohne Salz, Essig und Oehl vorlieb nehmen. 26. Juni Abends neun Uhr verließen wir das Dörfchen und zogen außerhalb Kerkü vorüber. Bei Sonnenaufgang erstiegen wir einen kleinen Hügel, auf dessen Höhe uns ein herrlicher Anblick überraschte: eine hohe, majestätische Gebirgskette zog sich längs einem unübersehbaren Thale hin. Sie bildet die Scheidewand zwischen Kurdistan und Mesopotamien. In diesem Thale gab es die schönsten Blumen und Blüthen, Glocken, Pappelrosen, herrliche Strohblumen und vorzügliche Distelgewächse. Unter letzteren zeichnete sich eine Gattung aus, die auch bei uns häufig vorkömmt, aber nicht in solcher Pracht und Fülle, -- es ist das Borstenaug (Echinops). Ihre Köpfe, Kolben oder Kugeln sind von der Größe einer Männerfaust und dicht gefüllt mit zarten blauen Blüthen. Diese Distelgewächse überdecken an vielen Stellen den Boden gleich Feldern. Der Landmann schneidet sie ab und brennt sie statt des Holzes, das hier ein großer Luxusartikel ist, da es nirgends Bäume gibt. Wir sahen auch einige Gazellen-Züge, die in muntern Sprüngen an uns vorüber jagten. AM 27. Juni schlugen wir unser Lager in der Nähe des erbärmlichen Städtchens Attum-Kobri auf. Bevor wir dahin gelangten, überschritten wir das Flüßchen Sab (von den Eingebornen Altum-Su, goldenes Wasser, genannt) auf zwei altrömischen Brücken. Ich sah mehrere ähnliche Brücken in Syrien. Diese wie jene sind noch ganz gut erhalten und mögen noch lange Zeit als Zeugen einigen Gurken ohne Salz, Essig und Oehl vorlieb nehmen. 26. Juni Abends neun Uhr verließen wir das Dörfchen und zogen außerhalb Kerkü vorüber. Bei Sonnenaufgang erstiegen wir einen kleinen Hügel, auf dessen Höhe uns ein herrlicher Anblick überraschte: eine hohe, majestätische Gebirgskette zog sich längs einem unübersehbaren Thale hin. Sie bildet die Scheidewand zwischen Kurdistan und Mesopotamien. In diesem Thale gab es die schönsten Blumen und Blüthen, Glocken, Pappelrosen, herrliche Strohblumen und vorzügliche Distelgewächse. Unter letzteren zeichnete sich eine Gattung aus, die auch bei uns häufig vorkömmt, aber nicht in solcher Pracht und Fülle, — es ist das Borstenaug (Echinops). Ihre Köpfe, Kolben oder Kugeln sind von der Größe einer Männerfaust und dicht gefüllt mit zarten blauen Blüthen. Diese Distelgewächse überdecken an vielen Stellen den Boden gleich Feldern. Der Landmann schneidet sie ab und brennt sie statt des Holzes, das hier ein großer Luxusartikel ist, da es nirgends Bäume gibt. Wir sahen auch einige Gazellen-Züge, die in muntern Sprüngen an uns vorüber jagten. AM 27. Juni schlugen wir unser Lager in der Nähe des erbärmlichen Städtchens Attum-Kobri auf. Bevor wir dahin gelangten, überschritten wir das Flüßchen Sab (von den Eingebornen Altum-Su, goldenes Wasser, genannt) auf zwei altrömischen Brücken. Ich sah mehrere ähnliche Brücken in Syrien. Diese wie jene sind noch ganz gut erhalten und mögen noch lange Zeit als Zeugen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0168" n="160"/> einigen Gurken ohne Salz, Essig und Oehl vorlieb nehmen.</p> <p>26. Juni Abends neun Uhr verließen wir das Dörfchen und zogen außerhalb <hi rendition="#aq">Kerkü</hi> vorüber. Bei Sonnenaufgang erstiegen wir einen kleinen Hügel, auf dessen Höhe uns ein herrlicher Anblick überraschte: eine hohe, majestätische Gebirgskette zog sich längs einem unübersehbaren Thale hin. Sie bildet die Scheidewand zwischen Kurdistan und Mesopotamien.</p> <p>In diesem Thale gab es die schönsten Blumen und Blüthen, Glocken, Pappelrosen, herrliche Strohblumen und vorzügliche Distelgewächse. Unter letzteren zeichnete sich eine Gattung aus, die auch bei uns häufig vorkömmt, aber nicht in solcher Pracht und Fülle, — es ist das Borstenaug (<hi rendition="#aq">Echinops</hi>). Ihre Köpfe, Kolben oder Kugeln sind von der Größe einer Männerfaust und dicht gefüllt mit zarten blauen Blüthen. Diese Distelgewächse überdecken an vielen Stellen den Boden gleich Feldern. Der Landmann schneidet sie ab und brennt sie statt des Holzes, das hier ein großer Luxusartikel ist, da es nirgends Bäume gibt.</p> <p>Wir sahen auch einige Gazellen-Züge, die in muntern Sprüngen an uns vorüber jagten.</p> <p>AM 27. Juni schlugen wir unser Lager in der Nähe des erbärmlichen Städtchens <hi rendition="#aq">Attum-Kobri</hi> auf. Bevor wir dahin gelangten, überschritten wir das Flüßchen Sab (von den Eingebornen Altum-Su, goldenes Wasser, genannt) auf zwei altrömischen Brücken. Ich sah mehrere ähnliche Brücken in Syrien. Diese wie jene sind noch ganz gut erhalten und mögen noch lange Zeit als Zeugen </p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0168]
einigen Gurken ohne Salz, Essig und Oehl vorlieb nehmen.
26. Juni Abends neun Uhr verließen wir das Dörfchen und zogen außerhalb Kerkü vorüber. Bei Sonnenaufgang erstiegen wir einen kleinen Hügel, auf dessen Höhe uns ein herrlicher Anblick überraschte: eine hohe, majestätische Gebirgskette zog sich längs einem unübersehbaren Thale hin. Sie bildet die Scheidewand zwischen Kurdistan und Mesopotamien.
In diesem Thale gab es die schönsten Blumen und Blüthen, Glocken, Pappelrosen, herrliche Strohblumen und vorzügliche Distelgewächse. Unter letzteren zeichnete sich eine Gattung aus, die auch bei uns häufig vorkömmt, aber nicht in solcher Pracht und Fülle, — es ist das Borstenaug (Echinops). Ihre Köpfe, Kolben oder Kugeln sind von der Größe einer Männerfaust und dicht gefüllt mit zarten blauen Blüthen. Diese Distelgewächse überdecken an vielen Stellen den Boden gleich Feldern. Der Landmann schneidet sie ab und brennt sie statt des Holzes, das hier ein großer Luxusartikel ist, da es nirgends Bäume gibt.
Wir sahen auch einige Gazellen-Züge, die in muntern Sprüngen an uns vorüber jagten.
AM 27. Juni schlugen wir unser Lager in der Nähe des erbärmlichen Städtchens Attum-Kobri auf. Bevor wir dahin gelangten, überschritten wir das Flüßchen Sab (von den Eingebornen Altum-Su, goldenes Wasser, genannt) auf zwei altrömischen Brücken. Ich sah mehrere ähnliche Brücken in Syrien. Diese wie jene sind noch ganz gut erhalten und mögen noch lange Zeit als Zeugen
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/168>, abgerufen am 16.02.2025. |