Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.ich den gefährlichsten Theil der Reise schon überstanden hätte, und empfahlen mir nur, über die Gebirge bei Kutschie einige bewaffnete Bauern mitzunehmen. Herr Wright war so gütig, für einen braven und sichern Führer zu sorgen. Ich zahlte den doppelten Preis, um statt in sechs -- in vier Tagen nach Tebris zu kommen. Um dem Führer glauben zu machen, daß ich eine arme Pilgerin sei, gab ich Herrn Wright die Hälfte des bedungenen Preises und bat ihn, statt meiner zu zahlen und dem Führer zu sagen, daß er die andere Hälfte vom englischen Konsul, dem Herrn Stevens, ausbezahlt bekäme. Den Tag, welchen ich in Oromia zubrachte, benützte ich so viel als möglich. Des Morgens besah ich die Stadt und später besuchte ich mit Frau Wright einige arme und reiche Familien, um sie wohnen und leben zu sehen. Die Stadt zählt bei 22,000 Einwohner, ist mit Wällen umgeben, aber nicht gesperrt, denn man kann zu jeder Nachtstunde aus und ein. Gebaut ist sie wie alle türkischen Städte, nur mit der Ausnahme, daß die Gassen ziemlich breit und rein gehalten sind. Vor der Stadt liegen viele große Frucht- und Gemüse-Gärten, die mit sehr hohen Mauern umgeben sind; niedliche Wohnhäuser stehen in der Mitte der Gärten. Die Frauen gehen hier sehr dicht verschleiert. Sie überdecken Kopf und Brust mit einem weißen Tuche, in welchem an der Stelle, wo sich die Augen befinden, ein undurchdringlich dichtes Netzwerk angebracht ist. In den Häusern der ärmeren Klasse wohnen drei bis vier Familien unter einem Dache. Sie besitzen wenig mehr als Strohmatten, Decken, Polster und einiges Kochgeschirr, ich den gefährlichsten Theil der Reise schon überstanden hätte, und empfahlen mir nur, über die Gebirge bei Kutschié einige bewaffnete Bauern mitzunehmen. Herr Wright war so gütig, für einen braven und sichern Führer zu sorgen. Ich zahlte den doppelten Preis, um statt in sechs — in vier Tagen nach Tebris zu kommen. Um dem Führer glauben zu machen, daß ich eine arme Pilgerin sei, gab ich Herrn Wright die Hälfte des bedungenen Preises und bat ihn, statt meiner zu zahlen und dem Führer zu sagen, daß er die andere Hälfte vom englischen Konsul, dem Herrn Stevens, ausbezahlt bekäme. Den Tag, welchen ich in Oromia zubrachte, benützte ich so viel als möglich. Des Morgens besah ich die Stadt und später besuchte ich mit Frau Wright einige arme und reiche Familien, um sie wohnen und leben zu sehen. Die Stadt zählt bei 22,000 Einwohner, ist mit Wällen umgeben, aber nicht gesperrt, denn man kann zu jeder Nachtstunde aus und ein. Gebaut ist sie wie alle türkischen Städte, nur mit der Ausnahme, daß die Gassen ziemlich breit und rein gehalten sind. Vor der Stadt liegen viele große Frucht- und Gemüse-Gärten, die mit sehr hohen Mauern umgeben sind; niedliche Wohnhäuser stehen in der Mitte der Gärten. Die Frauen gehen hier sehr dicht verschleiert. Sie überdecken Kopf und Brust mit einem weißen Tuche, in welchem an der Stelle, wo sich die Augen befinden, ein undurchdringlich dichtes Netzwerk angebracht ist. In den Häusern der ärmeren Klasse wohnen drei bis vier Familien unter einem Dache. Sie besitzen wenig mehr als Strohmatten, Decken, Polster und einiges Kochgeschirr, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="205"/> ich den gefährlichsten Theil der Reise schon überstanden hätte, und empfahlen mir nur, über die Gebirge bei <hi rendition="#aq">Kutschié</hi> einige bewaffnete Bauern mitzunehmen.</p> <p>Herr Wright war so gütig, für einen braven und sichern Führer zu sorgen. Ich zahlte den doppelten Preis, um statt in sechs — in vier Tagen nach <hi rendition="#aq">Tebris</hi> zu kommen. 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ich den gefährlichsten Theil der Reise schon überstanden hätte, und empfahlen mir nur, über die Gebirge bei Kutschié einige bewaffnete Bauern mitzunehmen.
Herr Wright war so gütig, für einen braven und sichern Führer zu sorgen. Ich zahlte den doppelten Preis, um statt in sechs — in vier Tagen nach Tebris zu kommen. Um dem Führer glauben zu machen, daß ich eine arme Pilgerin sei, gab ich Herrn Wright die Hälfte des bedungenen Preises und bat ihn, statt meiner zu zahlen und dem Führer zu sagen, daß er die andere Hälfte vom englischen Konsul, dem Herrn Stevens, ausbezahlt bekäme.
Den Tag, welchen ich in Oromia zubrachte, benützte ich so viel als möglich. Des Morgens besah ich die Stadt und später besuchte ich mit Frau Wright einige arme und reiche Familien, um sie wohnen und leben zu sehen.
Die Stadt zählt bei 22,000 Einwohner, ist mit Wällen umgeben, aber nicht gesperrt, denn man kann zu jeder Nachtstunde aus und ein. Gebaut ist sie wie alle türkischen Städte, nur mit der Ausnahme, daß die Gassen ziemlich breit und rein gehalten sind. Vor der Stadt liegen viele große Frucht- und Gemüse-Gärten, die mit sehr hohen Mauern umgeben sind; niedliche Wohnhäuser stehen in der Mitte der Gärten.
Die Frauen gehen hier sehr dicht verschleiert. Sie überdecken Kopf und Brust mit einem weißen Tuche, in welchem an der Stelle, wo sich die Augen befinden, ein undurchdringlich dichtes Netzwerk angebracht ist.
In den Häusern der ärmeren Klasse wohnen drei bis vier Familien unter einem Dache. Sie besitzen wenig mehr als Strohmatten, Decken, Polster und einiges Kochgeschirr,
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/213>, abgerufen am 19.07.2024. |