Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849.eines Friedens betrieb, über dessen unbefriedigenden Ausfall sich Herr von In der Kaiser- und Verfassungsfrage hat die preußische Regierung In formeller Beziehung wäre etwas mehr Entschiedenheit und Offen- eines Friedens betrieb, über deſſen unbefriedigenden Ausfall ſich Herr von In der Kaiſer- und Verfaſſungsfrage hat die preußiſche Regierung In formeller Beziehung wäre etwas mehr Entſchiedenheit und Offen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="16"/> eines Friedens betrieb, über deſſen unbefriedigenden Ausfall ſich Herr von<lb/> der Pfordten gewiß nicht täuſchte, und welches doch, trotz alles Schel-<lb/> tens über den Waffenſtillſtand, nicht ſäumte ſeine Truppen aus Schles-<lb/> wig zurückzuziehen? Nein! Verdruß <hi rendition="#g">darüber</hi> war es, daß Preußen<lb/> durch den Frieden der koſtſpieligen Laſt jenes, an ſeinen Hülfsquellen<lb/> und ſeinem Wohlſtand zehrenden Krieges entledigt, von der Gefahr<lb/> weiterer feindſeliger Verwicklung mit fremden Mächten befreit ward und<lb/> eine anſehnliche Truppenmacht zur freien Verfügung <hi rendition="#g">anderswo</hi> zurück-<lb/> erhielt. Eben dies aber, die Vorausſicht der Möglichkeit, aller ſeiner<lb/> Kräfte auf einem anderen Punkte, in Deutſchland ſelbſt, deſſen Neuge-<lb/> ſtaltung jetzt durchgeführt werden ſoll, dringend benöthigt zu ſein, mochte<lb/> auch zu dem Entſchluß der preußiſchen Regierung mitwirken, jenem Krieg<lb/> ein Ende zu machen, ſelbſt mit an ſich wenig rühmlicher Nachgiebigkeit.<lb/> Gern freilich hätten Oeſtreich und Baiern geſehen, daß Preußen ſeine<lb/> Kräfte dort und am Ende doch fruchtlos vergeudete, und hätten ſich jene<lb/> Verwicklung zu Nutze gemacht, um in Deutſchland ſeinen Beſtrebungen<lb/> entgegenzutreten, ſeinen Einfluß zu lähmen. Aber dieſe Politik iſt zu<lb/> plump, um Andere als von Leidenſchaft Verblendete zu täuſchen.</p><lb/> <p>In der Kaiſer- und Verfaſſungsfrage hat die preußiſche Regierung<lb/> die öffentliche Meinung der deutſchen Nation hart vor den Kopf geſto-<lb/> ßen, freudige, der Erfüllung nahe ſcheinende Hoffnungen getäuſcht und<lb/> vereitelt.</p><lb/> <p>In formeller Beziehung wäre etwas mehr Entſchiedenheit und Offen-<lb/> heit zu wünſchen geweſen; warum wurde z. B. dem von der National-<lb/> verſammlung zugeſtandenen Prinzip der <hi rendition="#g">Verſtändigung</hi> erſt ſo ſpät<lb/> und ganz plötzlich das einmal verworfene, obwohl am Ende gleichbedeu-<lb/> tende der <hi rendition="#g">Vereinbarung</hi> ſubſtituirt? <hi rendition="#g">Im Ganzen</hi> aber hielt<lb/> die preußiſche Regierung immer dieſelbe Richtung ein (man vergleiche<lb/> damit das Umſpringen Oeſtreichs!) und bewies der Nationalverſammlung<lb/> die gebührende Achtung, bis dieſe ſelbſt feindſelig auftrat. Erkältend<lb/> wirkte der Empfang der Kaiſerdeputation; aber das Schwankende, Un-<lb/> ſichere, Verletzende in der Haltung der Regierung hatte wohl ſeinen<lb/> Grund in dem <hi rendition="#g">Kampf</hi>, welcher die Seele des Königs ſelbſt bewegt<lb/> zu haben ſcheint. Vieles in ihm ſprach <hi rendition="#g">für</hi>, Vieles <hi rendition="#g">gegen</hi> die An-<lb/> nahme; die Gegengründe ſiegten, vielleicht durch den Einfluß von <hi rendition="#g">Per-<lb/> ſonen</hi> unterſtützt, aber die Ablehnung koſtete ihm ſelbſt ein Opfer.<lb/> Viele einſichtsvolle Patrioten ſind der Anſicht, daß durch die Annahme<lb/> mit der gewonnenen <hi rendition="#g">Einheit</hi> im deutſchen Reich auch die Sache der<lb/> conſtitutionellen Monarchie, der Ruhe und Ordnung im Bunde mit der<lb/> Freiheit befeſtigt worden wäre; die Republikaner aber, die Demokraten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [16/0026]
eines Friedens betrieb, über deſſen unbefriedigenden Ausfall ſich Herr von
der Pfordten gewiß nicht täuſchte, und welches doch, trotz alles Schel-
tens über den Waffenſtillſtand, nicht ſäumte ſeine Truppen aus Schles-
wig zurückzuziehen? Nein! Verdruß darüber war es, daß Preußen
durch den Frieden der koſtſpieligen Laſt jenes, an ſeinen Hülfsquellen
und ſeinem Wohlſtand zehrenden Krieges entledigt, von der Gefahr
weiterer feindſeliger Verwicklung mit fremden Mächten befreit ward und
eine anſehnliche Truppenmacht zur freien Verfügung anderswo zurück-
erhielt. Eben dies aber, die Vorausſicht der Möglichkeit, aller ſeiner
Kräfte auf einem anderen Punkte, in Deutſchland ſelbſt, deſſen Neuge-
ſtaltung jetzt durchgeführt werden ſoll, dringend benöthigt zu ſein, mochte
auch zu dem Entſchluß der preußiſchen Regierung mitwirken, jenem Krieg
ein Ende zu machen, ſelbſt mit an ſich wenig rühmlicher Nachgiebigkeit.
Gern freilich hätten Oeſtreich und Baiern geſehen, daß Preußen ſeine
Kräfte dort und am Ende doch fruchtlos vergeudete, und hätten ſich jene
Verwicklung zu Nutze gemacht, um in Deutſchland ſeinen Beſtrebungen
entgegenzutreten, ſeinen Einfluß zu lähmen. Aber dieſe Politik iſt zu
plump, um Andere als von Leidenſchaft Verblendete zu täuſchen.
In der Kaiſer- und Verfaſſungsfrage hat die preußiſche Regierung
die öffentliche Meinung der deutſchen Nation hart vor den Kopf geſto-
ßen, freudige, der Erfüllung nahe ſcheinende Hoffnungen getäuſcht und
vereitelt.
In formeller Beziehung wäre etwas mehr Entſchiedenheit und Offen-
heit zu wünſchen geweſen; warum wurde z. B. dem von der National-
verſammlung zugeſtandenen Prinzip der Verſtändigung erſt ſo ſpät
und ganz plötzlich das einmal verworfene, obwohl am Ende gleichbedeu-
tende der Vereinbarung ſubſtituirt? Im Ganzen aber hielt
die preußiſche Regierung immer dieſelbe Richtung ein (man vergleiche
damit das Umſpringen Oeſtreichs!) und bewies der Nationalverſammlung
die gebührende Achtung, bis dieſe ſelbſt feindſelig auftrat. Erkältend
wirkte der Empfang der Kaiſerdeputation; aber das Schwankende, Un-
ſichere, Verletzende in der Haltung der Regierung hatte wohl ſeinen
Grund in dem Kampf, welcher die Seele des Königs ſelbſt bewegt
zu haben ſcheint. Vieles in ihm ſprach für, Vieles gegen die An-
nahme; die Gegengründe ſiegten, vielleicht durch den Einfluß von Per-
ſonen unterſtützt, aber die Ablehnung koſtete ihm ſelbſt ein Opfer.
Viele einſichtsvolle Patrioten ſind der Anſicht, daß durch die Annahme
mit der gewonnenen Einheit im deutſchen Reich auch die Sache der
conſtitutionellen Monarchie, der Ruhe und Ordnung im Bunde mit der
Freiheit befeſtigt worden wäre; die Republikaner aber, die Demokraten
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