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Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849.

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selbstverläugnender Vaterlandsliebe gethan habt, weil Ihr darin das
Heil für Deutschland erkanntet, so müßt Ihr aus demselben Grunde
auch jetzt und immer dazu bereit seyn, und dürft Euch durch äußere,
das Wesen der Dinge nicht verändernde Umstände und selbst durch einen
vielleicht gerechten Verdruß nicht umstimmen lassen. Wenn die preu-
ßische Regierung gefehlt hat, so bleibt doch das Verhältniß des, beim
Wechsel der Regenten und der Regierungen beharrenden preußischen
Staates zu Deutschland das gleiche, und dieses zum Heile beider
festzusteilen, darum handelt es sich, nicht von der Uebertragung einer
Würde an das preußische Staatsoberhaupt. Dadurch sind zu allen
Zeiten Staaten und Völker groß geworden und geehrt, daß sie einen
als nothwendig erkannten Zweck mit unermüdlicher Beharrlichkeit ver-
folgten, was auf dem einen Weg mißlang, auf einem andern versuchten
und vorerst mit dem Halben vorlieb nahmen, wo das Ganze nicht sofort
zu erreichen war.

"Preußen hat an Deutschland nicht so gehandelt, wie dieses wünschte
und erwartete, vielmehr vielfach seine Hoffnungen getäuscht, seine Plane
vereitelt, seinen Rechten vergeben, seine Ehre bloßgestellt," klagen An-
dere, "und zum Lohne dafür soll es an die Spitze gestellt werden, und
die große Erhebung Deutschlands nur dem preußischen Ehrgeiz, der
Vergrößerung und Stärkung des selbstsüchtigen Preußens dienen! Nim-
mermehr!" Auch dieß zeugt von einer durchaus verkehrten, unreifen
politischen Gesinnung. In der Politik nur Großmuth verlangen und
üben, ist, jenes lächerlich, und dieß macht verächtlich; die Interessen
sind in der Politik das Maßgebende, versteht sich mit Beachtung des
Rechts Anderer und der eignen Ehre. Kein Vernünftiger kann es
Preußen verargen, wenn es seine eignen Interessen überall zu wahren
sucht, wie jeder lebenskräftige Staat thut, und dem würde man mit
Recht ins Gesicht lachen, der behaupten wollte: Preußen habe in der
letzten Zeit nur von großmüthiger Berücksichtigung der Interessen Deutsch-
lands sich bestimmen lassen. Die Wahrheit ist: Preußens eignes
wohlverstandenes Interesse gebietet ihm, die engere Einigung mit dem
übrigen Deutschland zu suchen, -- eine Wahrheit, die nur von einer
beschränkten, hochmüthigen, ausschließlichen stockpreußischen Partei ver-
kannt und geläugnet wird; aber neben dem, daß sie Preußen sind,
fühlen sich die besten und weitherzigsten Männer Preußens auch, ja vor
Allem, als Deutsche; und als Solche sind sie geneigt, dem deut-
schen Interesse, das auch das ihrige ist, Opfer zu bringen. Gewin-
nen
wird Preußen durch das Zustandekommen des deutschen Bundes-
staats, an Macht, Ansehen, Einfluß nach Außen, zugleich aber auch

ſelbſtverläugnender Vaterlandsliebe gethan habt, weil Ihr darin das
Heil für Deutſchland erkanntet, ſo müßt Ihr aus demſelben Grunde
auch jetzt und immer dazu bereit ſeyn, und dürft Euch durch äußere,
das Weſen der Dinge nicht verändernde Umſtände und ſelbſt durch einen
vielleicht gerechten Verdruß nicht umſtimmen laſſen. Wenn die preu-
ßiſche Regierung gefehlt hat, ſo bleibt doch das Verhältniß des, beim
Wechſel der Regenten und der Regierungen beharrenden preußiſchen
Staates zu Deutſchland das gleiche, und dieſes zum Heile beider
feſtzuſteilen, darum handelt es ſich, nicht von der Uebertragung einer
Würde an das preußiſche Staatsoberhaupt. Dadurch ſind zu allen
Zeiten Staaten und Völker groß geworden und geehrt, daß ſie einen
als nothwendig erkannten Zweck mit unermüdlicher Beharrlichkeit ver-
folgten, was auf dem einen Weg mißlang, auf einem andern verſuchten
und vorerſt mit dem Halben vorlieb nahmen, wo das Ganze nicht ſofort
zu erreichen war.

„Preußen hat an Deutſchland nicht ſo gehandelt, wie dieſes wünſchte
und erwartete, vielmehr vielfach ſeine Hoffnungen getäuſcht, ſeine Plane
vereitelt, ſeinen Rechten vergeben, ſeine Ehre bloßgeſtellt,“ klagen An-
dere, „und zum Lohne dafür ſoll es an die Spitze geſtellt werden, und
die große Erhebung Deutſchlands nur dem preußiſchen Ehrgeiz, der
Vergrößerung und Stärkung des ſelbſtſüchtigen Preußens dienen! Nim-
mermehr!“ Auch dieß zeugt von einer durchaus verkehrten, unreifen
politiſchen Geſinnung. In der Politik nur Großmuth verlangen und
üben, iſt, jenes lächerlich, und dieß macht verächtlich; die Intereſſen
ſind in der Politik das Maßgebende, verſteht ſich mit Beachtung des
Rechts Anderer und der eignen Ehre. Kein Vernünftiger kann es
Preußen verargen, wenn es ſeine eignen Intereſſen überall zu wahren
ſucht, wie jeder lebenskräftige Staat thut, und dem würde man mit
Recht ins Geſicht lachen, der behaupten wollte: Preußen habe in der
letzten Zeit nur von großmüthiger Berückſichtigung der Intereſſen Deutſch-
lands ſich beſtimmen laſſen. Die Wahrheit iſt: Preußens eignes
wohlverſtandenes Intereſſe gebietet ihm, die engere Einigung mit dem
übrigen Deutſchland zu ſuchen, — eine Wahrheit, die nur von einer
beſchränkten, hochmüthigen, ausſchließlichen ſtockpreußiſchen Partei ver-
kannt und geläugnet wird; aber neben dem, daß ſie Preußen ſind,
fühlen ſich die beſten und weitherzigſten Männer Preußens auch, ja vor
Allem, als Deutſche; und als Solche ſind ſie geneigt, dem deut-
ſchen Intereſſe, das auch das ihrige iſt, Opfer zu bringen. Gewin-
nen
wird Preußen durch das Zuſtandekommen des deutſchen Bundes-
ſtaats, an Macht, Anſehen, Einfluß nach Außen, zugleich aber auch

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[24/0034] ſelbſtverläugnender Vaterlandsliebe gethan habt, weil Ihr darin das Heil für Deutſchland erkanntet, ſo müßt Ihr aus demſelben Grunde auch jetzt und immer dazu bereit ſeyn, und dürft Euch durch äußere, das Weſen der Dinge nicht verändernde Umſtände und ſelbſt durch einen vielleicht gerechten Verdruß nicht umſtimmen laſſen. Wenn die preu- ßiſche Regierung gefehlt hat, ſo bleibt doch das Verhältniß des, beim Wechſel der Regenten und der Regierungen beharrenden preußiſchen Staates zu Deutſchland das gleiche, und dieſes zum Heile beider feſtzuſteilen, darum handelt es ſich, nicht von der Uebertragung einer Würde an das preußiſche Staatsoberhaupt. Dadurch ſind zu allen Zeiten Staaten und Völker groß geworden und geehrt, daß ſie einen als nothwendig erkannten Zweck mit unermüdlicher Beharrlichkeit ver- folgten, was auf dem einen Weg mißlang, auf einem andern verſuchten und vorerſt mit dem Halben vorlieb nahmen, wo das Ganze nicht ſofort zu erreichen war. „Preußen hat an Deutſchland nicht ſo gehandelt, wie dieſes wünſchte und erwartete, vielmehr vielfach ſeine Hoffnungen getäuſcht, ſeine Plane vereitelt, ſeinen Rechten vergeben, ſeine Ehre bloßgeſtellt,“ klagen An- dere, „und zum Lohne dafür ſoll es an die Spitze geſtellt werden, und die große Erhebung Deutſchlands nur dem preußiſchen Ehrgeiz, der Vergrößerung und Stärkung des ſelbſtſüchtigen Preußens dienen! Nim- mermehr!“ Auch dieß zeugt von einer durchaus verkehrten, unreifen politiſchen Geſinnung. In der Politik nur Großmuth verlangen und üben, iſt, jenes lächerlich, und dieß macht verächtlich; die Intereſſen ſind in der Politik das Maßgebende, verſteht ſich mit Beachtung des Rechts Anderer und der eignen Ehre. Kein Vernünftiger kann es Preußen verargen, wenn es ſeine eignen Intereſſen überall zu wahren ſucht, wie jeder lebenskräftige Staat thut, und dem würde man mit Recht ins Geſicht lachen, der behaupten wollte: Preußen habe in der letzten Zeit nur von großmüthiger Berückſichtigung der Intereſſen Deutſch- lands ſich beſtimmen laſſen. Die Wahrheit iſt: Preußens eignes wohlverſtandenes Intereſſe gebietet ihm, die engere Einigung mit dem übrigen Deutſchland zu ſuchen, — eine Wahrheit, die nur von einer beſchränkten, hochmüthigen, ausſchließlichen ſtockpreußiſchen Partei ver- kannt und geläugnet wird; aber neben dem, daß ſie Preußen ſind, fühlen ſich die beſten und weitherzigſten Männer Preußens auch, ja vor Allem, als Deutſche; und als Solche ſind ſie geneigt, dem deut- ſchen Intereſſe, das auch das ihrige iſt, Opfer zu bringen. Gewin- nen wird Preußen durch das Zuſtandekommen des deutſchen Bundes- ſtaats, an Macht, Anſehen, Einfluß nach Außen, zugleich aber auch

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Zitationshilfe: Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfizer_einheit_1849/34>, abgerufen am 21.11.2024.