Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849.sich über solche Verfolgungen leicht zu trösten! -- sondern sogar, um Noch ein Wort über den Eid der Abgeordneten, von dessen Leistung ſich über ſolche Verfolgungen leicht zu tröſten! — ſondern ſogar, um Noch ein Wort über den Eid der Abgeordneten, von deſſen Leiſtung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037" n="27"/> ſich über <hi rendition="#g">ſolche</hi> Verfolgungen leicht zu tröſten! — ſondern ſogar, um<lb/><hi rendition="#g">Römer</hi> und <hi rendition="#g">Murſchel</hi> der von Preußenhaß entflammten Menge zu<lb/> verdächtigen, oder ſie aus der verpeſtenden Nähe der mit kranken Ideen<lb/> behafteten Boruſſomanen in den Schooß der geſunden, preußenhaſſenden<lb/> und preußenfreſſeriſchen Volkspartei zurückzuſchrecken! „<hi rendition="#g">Preußiſch oder<lb/> Deutſch</hi>!“ ſtand in zollgroßen Lettern über dem Plakat, welches die<lb/> Wähler vor <hi rendition="#g">Murſchel</hi>, als einem <hi rendition="#g">Preußiſchgeſinnten</hi> warnte!<lb/> Ich wünſche nichts Anderes, als daß die wahrheitsliebenden Verfaſſer<lb/> des Plakats Propheten wider Willen geweſen wären!</p><lb/> <p>Noch ein Wort über den Eid der Abgeordneten, von deſſen Leiſtung<lb/> ein zartbeſorgter Rathgeber eine Beſchwerung für mein Gewiſſen fürchtet.<lb/> Gewiß ſpiele <hi rendition="#g">ich nicht</hi> mit dem Eid! aber das verſteht ſich doch wohl<lb/> vom ſelbſt, daß die <hi rendition="#g">Reichsverfaſſung</hi>, von welcher der Eid ſpricht,<lb/> nur eine <hi rendition="#g">wirklich in’s Leben getretene</hi> ſeyn kann, ſey es nun<lb/> — was freilich jetzt undenkbar iſt — die Frankfurter oder die Preußiſche,<lb/> oder eine andere noch ungeborene. Das Geſchrei von Aufrechthaltung<lb/> der Frankfurter Reichsverfaſſung, in deren Anerkennung Württemberg<lb/><hi rendition="#g">ſo gut wie allein ſteht</hi>, iſt eine baare Lächerlichkeit. Eine <hi rendition="#g">Reichs-<lb/> verfaſſung ohne Reich</hi>! — das iſt wie eine Paſtete ohne Fülle!<lb/> Die <hi rendition="#g">Grundrechte</hi> ſind ein Theil der Reichsverfaſſung; inſofern gälte<lb/> von ihnen daſſelbe; aber ſie ſind in Württemberg verkündigt und gelten<lb/> als Geſetz; als <hi rendition="#g">württembergiſches</hi> Geſetz aber fallen ſie ſo gut wie<lb/> die bisher gültige Verfaſſung der Reviſion der Ständeverſammlung<lb/> anheim. Ich erkenne ihre Beſtimmungen inſofern als durchaus heil-<lb/> ſam und maßgebend an, als ſie wirklich allgemein menſchliche und<lb/> politiſche Rechte der Einzelnen, wie Religions- und Gewiſſensfreiheit,<lb/> Freiheit, ſeine Gedanken zu veröffentlichen, Gleichheit vor dem Geſetz,<lb/> Gleichheit der bürgerlichen Ehrenrechte ohne Anſehn und Unterſchied der<lb/> Geburt u. ſ. w. betreffen; aber nicht ebenſo kann ich ihnen unbedingte<lb/> Gültigkeit zugeſtehen, ſofern ſie, die allgemeinen <choice><sic>Beſtimmnngen</sic><corr>Beſtimmungen</corr></choice> über-<lb/> ſchreitend, die Ausnahmen der Regel ausſchließend, der Geſetzgebung,<lb/> welche den Organismus der Staatseinrichtungen zu regeln hat, in oft<lb/> bedenklicher Weiſe vorgreifen, und eine vernünftige, zweckmäßige Aus-<lb/> bildung der Staatseinrichtungen erſchweren oder unmöglich machen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [27/0037]
ſich über ſolche Verfolgungen leicht zu tröſten! — ſondern ſogar, um
Römer und Murſchel der von Preußenhaß entflammten Menge zu
verdächtigen, oder ſie aus der verpeſtenden Nähe der mit kranken Ideen
behafteten Boruſſomanen in den Schooß der geſunden, preußenhaſſenden
und preußenfreſſeriſchen Volkspartei zurückzuſchrecken! „Preußiſch oder
Deutſch!“ ſtand in zollgroßen Lettern über dem Plakat, welches die
Wähler vor Murſchel, als einem Preußiſchgeſinnten warnte!
Ich wünſche nichts Anderes, als daß die wahrheitsliebenden Verfaſſer
des Plakats Propheten wider Willen geweſen wären!
Noch ein Wort über den Eid der Abgeordneten, von deſſen Leiſtung
ein zartbeſorgter Rathgeber eine Beſchwerung für mein Gewiſſen fürchtet.
Gewiß ſpiele ich nicht mit dem Eid! aber das verſteht ſich doch wohl
vom ſelbſt, daß die Reichsverfaſſung, von welcher der Eid ſpricht,
nur eine wirklich in’s Leben getretene ſeyn kann, ſey es nun
— was freilich jetzt undenkbar iſt — die Frankfurter oder die Preußiſche,
oder eine andere noch ungeborene. Das Geſchrei von Aufrechthaltung
der Frankfurter Reichsverfaſſung, in deren Anerkennung Württemberg
ſo gut wie allein ſteht, iſt eine baare Lächerlichkeit. Eine Reichs-
verfaſſung ohne Reich! — das iſt wie eine Paſtete ohne Fülle!
Die Grundrechte ſind ein Theil der Reichsverfaſſung; inſofern gälte
von ihnen daſſelbe; aber ſie ſind in Württemberg verkündigt und gelten
als Geſetz; als württembergiſches Geſetz aber fallen ſie ſo gut wie
die bisher gültige Verfaſſung der Reviſion der Ständeverſammlung
anheim. Ich erkenne ihre Beſtimmungen inſofern als durchaus heil-
ſam und maßgebend an, als ſie wirklich allgemein menſchliche und
politiſche Rechte der Einzelnen, wie Religions- und Gewiſſensfreiheit,
Freiheit, ſeine Gedanken zu veröffentlichen, Gleichheit vor dem Geſetz,
Gleichheit der bürgerlichen Ehrenrechte ohne Anſehn und Unterſchied der
Geburt u. ſ. w. betreffen; aber nicht ebenſo kann ich ihnen unbedingte
Gültigkeit zugeſtehen, ſofern ſie, die allgemeinen Beſtimmungen über-
ſchreitend, die Ausnahmen der Regel ausſchließend, der Geſetzgebung,
welche den Organismus der Staatseinrichtungen zu regeln hat, in oft
bedenklicher Weiſe vorgreifen, und eine vernünftige, zweckmäßige Aus-
bildung der Staatseinrichtungen erſchweren oder unmöglich machen.
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