Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

für motorische hält, weil er unglaublichermassen trotz 24000-stün¬
diger Studien die hintere Wurzel nicht durchschnitt und also
bei Reizungen derselben Reflexe oder willkürliche Bewegung
für Irritabilitätsphänomene betrachtete, derselbe, der anatomi¬
sche Verschiedenheiten zwischen dem Rückenmarke des Fro¬
sches und der Kröte deshalb statuirt, weil (!!) eine geköpfte
Kröte anders auf einen Reiz reagirte, als ein Frosch, derselbe,
welcher das Leben der niederen Thiere für eine Art excito¬
motorisches erklärt, derselbe, der die unbefugte Hypothese des
excito-motorischen Nervensystems aufgestellt hat, derselbe, der
mit den lächerlichsten Argumenten vergebens bemüht ist, die
Empfindung aus den Reflexprozessen hinweg zu argumentiren,
derselbe, dessen absurde Phrasen, Argumente genannt, wir zu
widerlegen gezwungen sein werden, verdient absolut nichts
weniger als unsere Bewunderung. Im Laufe der Untersuchun¬
gen werden wir Herrn Hall das Suum cuique noch weiter
abtragen.

Betrachten wir indessen alles über den vorliegenden Ge¬
genstand sowohl für als gegen Geschriebene, so findet sich fast
überall eine ziemliche Verwirrtheit der Begriffe. -- Diejenigen,
welche dem Rückenmarke sensorische Functionen zuerkannten,
steiften sich hauptsächlich auf die "Zweckmässigkeit" der Be¬
wegungen Enthaupteter, indem sie das, wie mir scheint, richtig
Geahnte mit einem unpassenden Namen belegten. Sie bedachten
nicht, dass die Zweckmässigkeit in der höchsten Potenz recht
gut die bewusste Thätigkeit ausschliessen könne. Das aber

für motorische hält, weil er unglaublichermassen trotz 24000-stün¬
diger Studien die hintere Wurzel nicht durchschnitt und also
bei Reizungen derselben Reflexe oder willkürliche Bewegung
für Irritabilitätsphänomene betrachtete, derselbe, der anatomi¬
sche Verschiedenheiten zwischen dem Rückenmarke des Fro¬
sches und der Kröte deshalb statuirt, weil (!!) eine geköpfte
Kröte anders auf einen Reiz reagirte, als ein Frosch, derselbe,
welcher das Leben der niederen Thiere für eine Art excito¬
motorisches erklärt, derselbe, der die unbefugte Hypothese des
excito-motorischen Nervensystems aufgestellt hat, derselbe, der
mit den lächerlichsten Argumenten vergebens bemüht ist, die
Empfindung aus den Reflexprozessen hinweg zu argumentiren,
derselbe, dessen absurde Phrasen, Argumente genannt, wir zu
widerlegen gezwungen sein werden, verdient absolut nichts
weniger als unsere Bewunderung. Im Laufe der Untersuchun¬
gen werden wir Herrn Hall das Suum cuique noch weiter
abtragen.

Betrachten wir indessen alles über den vorliegenden Ge¬
genstand sowohl für als gegen Geschriebene, so findet sich fast
überall eine ziemliche Verwirrtheit der Begriffe. — Diejenigen,
welche dem Rückenmarke sensorische Functionen zuerkannten,
steiften sich hauptsächlich auf die „Zweckmässigkeit“ der Be¬
wegungen Enthaupteter, indem sie das, wie mir scheint, richtig
Geahnte mit einem unpassenden Namen belegten. Sie bedachten
nicht, dass die Zweckmässigkeit in der höchsten Potenz recht
gut die bewusste Thätigkeit ausschliessen könne. Das aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="IX"/>
für motorische hält, weil er unglaublichermassen trotz 24000-stün¬<lb/>
diger Studien die hintere Wurzel nicht durchschnitt und also<lb/>
bei Reizungen derselben Reflexe oder willkürliche Bewegung<lb/>
für Irritabilitätsphänomene betrachtete, derselbe, der anatomi¬<lb/>
sche Verschiedenheiten zwischen dem Rückenmarke des Fro¬<lb/>
sches und der Kröte deshalb statuirt, weil (!!) eine geköpfte<lb/>
Kröte anders auf einen Reiz reagirte, als ein Frosch, derselbe,<lb/>
welcher das Leben der niederen Thiere für eine Art excito¬<lb/>
motorisches erklärt, derselbe, der die unbefugte Hypothese des<lb/>
excito-motorischen Nervensystems aufgestellt hat, derselbe, der<lb/>
mit den lächerlichsten Argumenten vergebens bemüht ist, die<lb/>
Empfindung aus den Reflexprozessen hinweg zu argumentiren,<lb/>
derselbe, dessen absurde Phrasen, Argumente genannt, wir zu<lb/>
widerlegen gezwungen sein werden, verdient absolut nichts<lb/>
weniger als unsere Bewunderung. Im Laufe der Untersuchun¬<lb/>
gen werden wir Herrn <hi rendition="#g">Hall</hi> das Suum cuique noch weiter<lb/>
abtragen.</p><lb/>
        <p>Betrachten wir indessen alles über den vorliegenden Ge¬<lb/>
genstand sowohl für als gegen Geschriebene, so findet sich fast<lb/>
überall eine ziemliche Verwirrtheit der Begriffe. &#x2014; Diejenigen,<lb/>
welche dem Rückenmarke sensorische Functionen zuerkannten,<lb/>
steiften sich hauptsächlich auf die &#x201E;Zweckmässigkeit&#x201C; der Be¬<lb/>
wegungen Enthaupteter, indem sie das, wie mir scheint, richtig<lb/>
Geahnte mit einem unpassenden Namen belegten. Sie bedachten<lb/>
nicht, dass die Zweckmässigkeit in der höchsten Potenz recht<lb/>
gut die bewusste Thätigkeit ausschliessen könne. Das aber<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[IX/0017] für motorische hält, weil er unglaublichermassen trotz 24000-stün¬ diger Studien die hintere Wurzel nicht durchschnitt und also bei Reizungen derselben Reflexe oder willkürliche Bewegung für Irritabilitätsphänomene betrachtete, derselbe, der anatomi¬ sche Verschiedenheiten zwischen dem Rückenmarke des Fro¬ sches und der Kröte deshalb statuirt, weil (!!) eine geköpfte Kröte anders auf einen Reiz reagirte, als ein Frosch, derselbe, welcher das Leben der niederen Thiere für eine Art excito¬ motorisches erklärt, derselbe, der die unbefugte Hypothese des excito-motorischen Nervensystems aufgestellt hat, derselbe, der mit den lächerlichsten Argumenten vergebens bemüht ist, die Empfindung aus den Reflexprozessen hinweg zu argumentiren, derselbe, dessen absurde Phrasen, Argumente genannt, wir zu widerlegen gezwungen sein werden, verdient absolut nichts weniger als unsere Bewunderung. Im Laufe der Untersuchun¬ gen werden wir Herrn Hall das Suum cuique noch weiter abtragen. Betrachten wir indessen alles über den vorliegenden Ge¬ genstand sowohl für als gegen Geschriebene, so findet sich fast überall eine ziemliche Verwirrtheit der Begriffe. — Diejenigen, welche dem Rückenmarke sensorische Functionen zuerkannten, steiften sich hauptsächlich auf die „Zweckmässigkeit“ der Be¬ wegungen Enthaupteter, indem sie das, wie mir scheint, richtig Geahnte mit einem unpassenden Namen belegten. Sie bedachten nicht, dass die Zweckmässigkeit in der höchsten Potenz recht gut die bewusste Thätigkeit ausschliessen könne. Das aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/17
Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/17>, abgerufen am 21.11.2024.