Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.und ein hinlänglicher Ersatz nicht bei dem verletzten Thiere V. Noch bliebe uns der letzte Standpunkt übrig, welcher Volkmann, welcher im Jahre 1838 im Müller'schen "Das Gehirn scheint in den höheren Thierklassen wenig¬ und ein hinlänglicher Ersatz nicht bei dem verletzten Thiere V. Noch bliebe uns der letzte Standpunkt übrig, welcher Volkmann, welcher im Jahre 1838 im Müller'schen „Das Gehirn scheint in den höheren Thierklassen wenig¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0078" n="56"/> und ein hinlänglicher Ersatz nicht bei dem verletzten Thiere<lb/> möglich ist.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>V. Noch bliebe uns der letzte Standpunkt übrig, welcher<lb/> benutzt wurde, um aus pathologischen Thatsachen die Exclusi¬<lb/> vetät des Gehirns als Organ des Bewusstseins zu beweisen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Volkmann</hi>, welcher im Jahre 1838 im <hi rendition="#g">Müller</hi>'schen<lb/> Archive ganz richtige Ansichten entwickelte, ist nach einigen<lb/> Jahren bemüht, das Gegentheil von dem dort Gegebenen zu<lb/> beweisen! Umsonst sieht man sich nach neuen Thatsachen um,<lb/> welche ihn zu dieser Meinungsänderung bewogen haben könn¬<lb/> ten. Dort sagte er: Die willkürlichen Bewegungen haben etwas<lb/> ganz Eigenthümliches und manche Bewegungen Enthaupteter<lb/> scheinen mir diese Eigenthümlichkeit an sich zu tragen. Wir<lb/> sehen, noch war die Reflexlehre neu, noch war das Vorurtheil<lb/> dem unbefangenen Verstande nicht so zugänglich. Im <hi rendition="#g">Wag¬<lb/> ner</hi>'schen Handwörterbuche sagt er aber einige Jahre später:</p><lb/> <p>„Das Gehirn scheint in den höheren Thierklassen wenig¬<lb/> stens das ausschliessliche Organ aller bewussten Lebensthätig¬<lb/> keit zu sein. Für diese Ansicht sprechen zunächst die Erfah¬<lb/> rungen der practischen Heilkunde. Die Entzündungen, Apo¬<lb/> plexien, Erschütterungen, Wunden und viele andere krankhafte<lb/> Zustände des Gehirns geben dem practischen Arzte fast täglich<lb/> Gelegenheit zu bemerken, dass Gehirn und Seele sich wie Organ<lb/> und Lebensverrichtung verhalten. Ein mässiger Andrang von<lb/> Blut zum Gehirn regt die Sinnesthätigkeit und Phantasie auf,<lb/> ein übermässiger unterdrückt sie; ein Druck auf das Gehirn<lb/> vernichtet plötzlich das Bewusstsein, und Beseitigung des<lb/> Druckes stellt es oft eben so plötzlich wieder her. Kein an¬<lb/> deres Organ, das Rückenmark nicht ausgenommen, steht in<lb/> gleichem oder auch nur ähnlichem Wechselbezuge zur Seele,<lb/> vielmehr kann jedes bald plötzlich, bald allmählig in Wegfall<lb/> kommen, ohne die Seelenfunctionen unmittelbar zu beeinträch¬<lb/> tigen.“ (A. a. 0. Artikel: Gehirn. p. 572.)<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0078]
und ein hinlänglicher Ersatz nicht bei dem verletzten Thiere
möglich ist.
V. Noch bliebe uns der letzte Standpunkt übrig, welcher
benutzt wurde, um aus pathologischen Thatsachen die Exclusi¬
vetät des Gehirns als Organ des Bewusstseins zu beweisen.
Volkmann, welcher im Jahre 1838 im Müller'schen
Archive ganz richtige Ansichten entwickelte, ist nach einigen
Jahren bemüht, das Gegentheil von dem dort Gegebenen zu
beweisen! Umsonst sieht man sich nach neuen Thatsachen um,
welche ihn zu dieser Meinungsänderung bewogen haben könn¬
ten. Dort sagte er: Die willkürlichen Bewegungen haben etwas
ganz Eigenthümliches und manche Bewegungen Enthaupteter
scheinen mir diese Eigenthümlichkeit an sich zu tragen. Wir
sehen, noch war die Reflexlehre neu, noch war das Vorurtheil
dem unbefangenen Verstande nicht so zugänglich. Im Wag¬
ner'schen Handwörterbuche sagt er aber einige Jahre später:
„Das Gehirn scheint in den höheren Thierklassen wenig¬
stens das ausschliessliche Organ aller bewussten Lebensthätig¬
keit zu sein. Für diese Ansicht sprechen zunächst die Erfah¬
rungen der practischen Heilkunde. Die Entzündungen, Apo¬
plexien, Erschütterungen, Wunden und viele andere krankhafte
Zustände des Gehirns geben dem practischen Arzte fast täglich
Gelegenheit zu bemerken, dass Gehirn und Seele sich wie Organ
und Lebensverrichtung verhalten. Ein mässiger Andrang von
Blut zum Gehirn regt die Sinnesthätigkeit und Phantasie auf,
ein übermässiger unterdrückt sie; ein Druck auf das Gehirn
vernichtet plötzlich das Bewusstsein, und Beseitigung des
Druckes stellt es oft eben so plötzlich wieder her. Kein an¬
deres Organ, das Rückenmark nicht ausgenommen, steht in
gleichem oder auch nur ähnlichem Wechselbezuge zur Seele,
vielmehr kann jedes bald plötzlich, bald allmählig in Wegfall
kommen, ohne die Seelenfunctionen unmittelbar zu beeinträch¬
tigen.“ (A. a. 0. Artikel: Gehirn. p. 572.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |