Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Poetische Meisterstücke.
Daher haben sie nur Spott daran
Mit Sachen, die sie nicht verstahn.
Doch, wenn ich länger schreib Moral,
Schreib ich von hier bis Portugal,
Und auch noch wol eine Ecke drüber,
Weil mir darob kommt an das Fieber,
Und werde ich gar sehr erbost,
Wenn mir so ein Laßdünkl aufstoßt,
Meynt, er hab all Weisheit gefressen,
Da andre Leut doch mehr vergessen,
Als er, sein Vatr und ganz Geschlecht
Habn ihr Tage gelernet recht.
Doch hier will ich nunmehr abbrechn,
Und letzlich ein fein Wünschlein sprechn,
Thu mich daher gar zierlich wenden
Mit Hofmännisch gefaltnen Händen
Zur lieben Braut und Bräutigam,
Die heut beginn'n einen neuen Stamm,
Und fangen an nun Haushaltung,
Sind zufrieden mit Gottes Schickung,
Der sie zusammen hat gebracht,
Wie ers mit Ev' und Adam macht.
Jch hoff, sie sollens auch so machn,
Und nicht vergessen Scherzn und Lachn,
Wie Jsaac thät mit Rebecca,
Als man von ferne ihm zusah.
Jch wünsch daher an diesem Tag:
Daß ganz abweich all Noth und Plag;
Hingegen möge Gottes Segen
Auf ihr Haus und die Jhr'gen regen,
Und zwar so häufig und Brets-dick,
Daß alles Bös davon erstick;
Der Neid mit seinen gift'gen Laffen,
Der mache ihnen nichts zu schaffen;
Der Himmel laß ihr Thun gelingen,
Daß sie Frucht hundertfältig bringen;
Und obschon um ein großes minder,
Schadt nicht, weil nicht gut seyn viel Kinder,
Sie
Poetiſche Meiſterſtuͤcke.
Daher haben ſie nur Spott daran
Mit Sachen, die ſie nicht verſtahn.
Doch, wenn ich laͤnger ſchreib Moral,
Schreib ich von hier bis Portugal,
Und auch noch wol eine Ecke druͤber,
Weil mir darob kommt an das Fieber,
Und werde ich gar ſehr erboſt,
Wenn mir ſo ein Laßduͤnkl aufſtoßt,
Meynt, er hab all Weisheit gefreſſen,
Da andre Leut doch mehr vergeſſen,
Als er, ſein Vatr und ganz Geſchlecht
Habn ihr Tage gelernet recht.
Doch hier will ich nunmehr abbrechn,
Und letzlich ein fein Wuͤnſchlein ſprechn,
Thu mich daher gar zierlich wenden
Mit Hofmaͤnniſch gefaltnen Haͤnden
Zur lieben Braut und Braͤutigam,
Die heut beginn’n einen neuen Stamm,
Und fangen an nun Haushaltung,
Sind zufrieden mit Gottes Schickung,
Der ſie zuſammen hat gebracht,
Wie ers mit Ev’ und Adam macht.
Jch hoff, ſie ſollens auch ſo machn,
Und nicht vergeſſen Scherzn und Lachn,
Wie Jſaac thaͤt mit Rebecca,
Als man von ferne ihm zuſah.
Jch wuͤnſch daher an dieſem Tag:
Daß ganz abweich all Noth und Plag;
Hingegen moͤge Gottes Segen
Auf ihr Haus und die Jhr’gen regen,
Und zwar ſo haͤufig und Brets-dick,
Daß alles Boͤs davon erſtick;
Der Neid mit ſeinen gift’gen Laffen,
Der mache ihnen nichts zu ſchaffen;
Der Himmel laß ihr Thun gelingen,
Daß ſie Frucht hundertfaͤltig bringen;
Und obſchon um ein großes minder,
Schadt nicht, weil nicht gut ſeyn viel Kinder,
Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0182" n="174"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Poeti&#x017F;che Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;cke.</hi> </fw><lb/>
            <l>Daher haben &#x017F;ie nur Spott daran</l><lb/>
            <l>Mit Sachen, die &#x017F;ie nicht ver&#x017F;tahn.</l><lb/>
            <l>Doch, wenn ich la&#x0364;nger &#x017F;chreib Moral,</l><lb/>
            <l>Schreib ich von hier bis Portugal,</l><lb/>
            <l>Und auch noch wol eine Ecke dru&#x0364;ber,</l><lb/>
            <l>Weil mir darob kommt an das Fieber,</l><lb/>
            <l>Und werde ich gar &#x017F;ehr erbo&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Wenn mir &#x017F;o ein Laßdu&#x0364;nkl auf&#x017F;toßt,</l><lb/>
            <l>Meynt, er hab all Weisheit gefre&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Da andre Leut doch mehr verge&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Als er, &#x017F;ein Vatr und ganz Ge&#x017F;chlecht</l><lb/>
            <l>Habn ihr Tage gelernet recht.</l><lb/>
            <l>Doch hier will ich nunmehr abbrechn,</l><lb/>
            <l>Und letzlich ein fein Wu&#x0364;n&#x017F;chlein &#x017F;prechn,</l><lb/>
            <l>Thu mich daher gar zierlich wenden</l><lb/>
            <l>Mit Hofma&#x0364;nni&#x017F;ch gefaltnen Ha&#x0364;nden</l><lb/>
            <l>Zur lieben <hi rendition="#fr">Braut</hi> und <hi rendition="#fr">Bra&#x0364;utigam,</hi></l><lb/>
            <l>Die heut beginn&#x2019;n einen neuen Stamm,</l><lb/>
            <l>Und fangen an nun Haushaltung,</l><lb/>
            <l>Sind zufrieden mit Gottes Schickung,</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;ie zu&#x017F;ammen hat gebracht,</l><lb/>
            <l>Wie ers mit Ev&#x2019; und Adam macht.</l><lb/>
            <l>Jch hoff, &#x017F;ie &#x017F;ollens auch &#x017F;o machn,</l><lb/>
            <l>Und nicht verge&#x017F;&#x017F;en Scherzn und Lachn,</l><lb/>
            <l>Wie J&#x017F;aac tha&#x0364;t mit Rebecca,</l><lb/>
            <l>Als man von ferne ihm zu&#x017F;ah.</l><lb/>
            <l>Jch wu&#x0364;n&#x017F;ch daher an die&#x017F;em Tag:</l><lb/>
            <l>Daß ganz abweich all Noth und Plag;</l><lb/>
            <l>Hingegen mo&#x0364;ge Gottes Segen</l><lb/>
            <l>Auf ihr Haus und die Jhr&#x2019;gen regen,</l><lb/>
            <l>Und zwar &#x017F;o ha&#x0364;ufig und Brets-dick,</l><lb/>
            <l>Daß alles Bo&#x0364;s davon er&#x017F;tick;</l><lb/>
            <l>Der Neid mit &#x017F;einen gift&#x2019;gen Laffen,</l><lb/>
            <l>Der mache ihnen nichts zu &#x017F;chaffen;</l><lb/>
            <l>Der Himmel laß ihr Thun gelingen,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie Frucht hundertfa&#x0364;ltig bringen;</l><lb/>
            <l>Und ob&#x017F;chon um ein großes minder,</l><lb/>
            <l>Schadt nicht, weil nicht gut &#x017F;eyn viel Kinder,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0182] Poetiſche Meiſterſtuͤcke. Daher haben ſie nur Spott daran Mit Sachen, die ſie nicht verſtahn. Doch, wenn ich laͤnger ſchreib Moral, Schreib ich von hier bis Portugal, Und auch noch wol eine Ecke druͤber, Weil mir darob kommt an das Fieber, Und werde ich gar ſehr erboſt, Wenn mir ſo ein Laßduͤnkl aufſtoßt, Meynt, er hab all Weisheit gefreſſen, Da andre Leut doch mehr vergeſſen, Als er, ſein Vatr und ganz Geſchlecht Habn ihr Tage gelernet recht. Doch hier will ich nunmehr abbrechn, Und letzlich ein fein Wuͤnſchlein ſprechn, Thu mich daher gar zierlich wenden Mit Hofmaͤnniſch gefaltnen Haͤnden Zur lieben Braut und Braͤutigam, Die heut beginn’n einen neuen Stamm, Und fangen an nun Haushaltung, Sind zufrieden mit Gottes Schickung, Der ſie zuſammen hat gebracht, Wie ers mit Ev’ und Adam macht. Jch hoff, ſie ſollens auch ſo machn, Und nicht vergeſſen Scherzn und Lachn, Wie Jſaac thaͤt mit Rebecca, Als man von ferne ihm zuſah. Jch wuͤnſch daher an dieſem Tag: Daß ganz abweich all Noth und Plag; Hingegen moͤge Gottes Segen Auf ihr Haus und die Jhr’gen regen, Und zwar ſo haͤufig und Brets-dick, Daß alles Boͤs davon erſtick; Der Neid mit ſeinen gift’gen Laffen, Der mache ihnen nichts zu ſchaffen; Der Himmel laß ihr Thun gelingen, Daß ſie Frucht hundertfaͤltig bringen; Und obſchon um ein großes minder, Schadt nicht, weil nicht gut ſeyn viel Kinder, Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/182
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/182>, abgerufen am 24.11.2024.