Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.Zwey hundert Maximen schen, der würde gegen den bon sens handeln,und auf die Finger geklopfet werden. LXXXVIII. Hämische Stiche, grobe an- zügliche Reden, argwöhnische Beschuldigungen und lügenhafte Erdichtungen sind dem Character eines honnet- homme entgegen, mithin auch gegen den bon sens, oder guten Geschmack. LXXXIX. Alle gefährliche Ausdrücke, da- durch sich einer die Hohen in der Welt zu Fein- den machen, oder angesehene Männer reizen kann, an eines Ruin zu arbeiten, werden wider den bon sens eingestreuet. Denn das ist ein Narr, wer sich muthwillig unglücklich machet. XC. Hingegen aber ist es nicht dem guten Geschmacke entgegen, überwitzigen Großdünk- lern und fantastischen Spöttern nach Gelegen- heit die Kolbe zu lausen, und ihnen ihre Schwä- chen aufzudecken. XCI. Wenn einer in einer Schrift ohne Namen mit Bedacht einen ganz andern Cha- racter annimmt, als er für sich selbst sonst hat: So muß man ihn billig nach dem angenomme- nen Character beurtheilen. Hat er solchem ein Gnüge gethan: So stimmt seine Schrift mit dem bon sens überein. Doch muß die Klug- heit den Ausschlag geben, daß man nicht einen lächerlichen Character annehme, oder abbilde, damit nicht die Lästerer einen in die Pfanne drü- ber hauen. XCII. Wer eine solche Profeßion hat, wie Moliere, oder andere berühmte Comödianten, der
Zwey hundert Maximen ſchen, der wuͤrde gegen den bon ſens handeln,und auf die Finger geklopfet werden. LXXXVIII. Haͤmiſche Stiche, grobe an- zuͤgliche Reden, argwoͤhniſche Beſchuldigungen und luͤgenhafte Erdichtungen ſind dem Character eines honnêt- homme entgegen, mithin auch gegen den bon ſens, oder guten Geſchmack. LXXXIX. Alle gefaͤhrliche Ausdruͤcke, da- durch ſich einer die Hohen in der Welt zu Fein- den machen, oder angeſehene Maͤnner reizen kann, an eines Ruin zu arbeiten, werden wider den bon ſens eingeſtreuet. Denn das iſt ein Narr, wer ſich muthwillig ungluͤcklich machet. XC. Hingegen aber iſt es nicht dem guten Geſchmacke entgegen, uͤberwitzigen Großduͤnk- lern und fantaſtiſchen Spoͤttern nach Gelegen- heit die Kolbe zu lauſen, und ihnen ihre Schwaͤ- chen aufzudecken. XCI. Wenn einer in einer Schrift ohne Namen mit Bedacht einen ganz andern Cha- racter annimmt, als er fuͤr ſich ſelbſt ſonſt hat: So muß man ihn billig nach dem angenomme- nen Character beurtheilen. Hat er ſolchem ein Gnuͤge gethan: So ſtimmt ſeine Schrift mit dem bon ſens uͤberein. Doch muß die Klug- heit den Ausſchlag geben, daß man nicht einen laͤcherlichen Character annehme, oder abbilde, damit nicht die Laͤſterer einen in die Pfanne druͤ- ber hauen. XCII. Wer eine ſolche Profeßion hat, wie Moliere, oder andere beruͤhmte Comoͤdianten, der
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Zwey hundert Maximen
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und auf die Finger geklopfet werden.
LXXXVIII. Haͤmiſche Stiche, grobe an-
zuͤgliche Reden, argwoͤhniſche Beſchuldigungen
und luͤgenhafte Erdichtungen ſind dem Character
eines honnêt- homme entgegen, mithin auch
gegen den bon ſens, oder guten Geſchmack.
LXXXIX. Alle gefaͤhrliche Ausdruͤcke, da-
durch ſich einer die Hohen in der Welt zu Fein-
den machen, oder angeſehene Maͤnner reizen
kann, an eines Ruin zu arbeiten, werden wider
den bon ſens eingeſtreuet. Denn das iſt ein
Narr, wer ſich muthwillig ungluͤcklich machet.
XC. Hingegen aber iſt es nicht dem guten
Geſchmacke entgegen, uͤberwitzigen Großduͤnk-
lern und fantaſtiſchen Spoͤttern nach Gelegen-
heit die Kolbe zu lauſen, und ihnen ihre Schwaͤ-
chen aufzudecken.
XCI. Wenn einer in einer Schrift ohne
Namen mit Bedacht einen ganz andern Cha-
racter annimmt, als er fuͤr ſich ſelbſt ſonſt hat:
So muß man ihn billig nach dem angenomme-
nen Character beurtheilen. Hat er ſolchem ein
Gnuͤge gethan: So ſtimmt ſeine Schrift mit
dem bon ſens uͤberein. Doch muß die Klug-
heit den Ausſchlag geben, daß man nicht einen
laͤcherlichen Character annehme, oder abbilde,
damit nicht die Laͤſterer einen in die Pfanne druͤ-
ber hauen.
XCII. Wer eine ſolche Profeßion hat, wie
Moliere, oder andere beruͤhmte Comoͤdianten,
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