Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.vom gesunden Witze, etc. CXVII. Jch lobe demnach hier öffentlich den sinnreichen Verfasser der Lob-Rede, Brion- tes der Jüngere, und von der Nothwendig- keit der elenden Scribenten. Er hat in sol- chen Schriften wie ein vorsichtiger Feind ge- handelt, der eine Vestung nicht an der stärk- sten, sondern schwächesten, Seite attaquiret; auch sich zuweilen stellet, als achte er seinen Geg- ner geringe, vor dem er sich doch heimlich scheuet. CXVIII. Jst es billig, auch selbst an dem Feinde die Tapferkeit zu loben: So mag man dem Herrn Professor Gottsched zu Leipzig es zum Ruhme nachsagen, daß er, durch seinen Eifer, dem guten Geschmacke der Deutschen aufzuhelfen, viele gereizet habe, sich um einen bessern Geschmack zu bekümmern, als vor zehn Jahren noch in Deutschland gewesen. CXIX. Es würden die Jenaischen, und an- derer Universitäten Gelehrten, sonderlich auch zu Göttingen und Halle, wohl thun, wenn sie sich die Streitschriften, die gegen den Herrn Pro- fessor Gottsched und D. Philippi herausge- kommen sind, besser, als bisher, zu Nutze mach- ten, um ihren halb guten und halb verdorbe- nen Geschmack darnach zu verbessern; damit ganz Deutschland eine Kennerinn des feinsten Geschmackes heissen möge. CXX. Dem alamodischen Geschmacke ist es zuzuschreiben, daß man die ganze Gelehr- samkeit nach den vier Facultäten, der theolo- gischen, juristischen, medicinischen und philosophi- schen, eintheilet. CXXI. O 4
vom geſunden Witze, ꝛc. CXVII. Jch lobe demnach hier oͤffentlich den ſinnreichen Verfaſſer der Lob-Rede, Brion- tes der Juͤngere, und von der Nothwendig- keit der elenden Scribenten. Er hat in ſol- chen Schriften wie ein vorſichtiger Feind ge- handelt, der eine Veſtung nicht an der ſtaͤrk- ſten, ſondern ſchwaͤcheſten, Seite attaquiret; auch ſich zuweilen ſtellet, als achte er ſeinen Geg- ner geringe, vor dem er ſich doch heimlich ſcheuet. CXVIII. Jſt es billig, auch ſelbſt an dem Feinde die Tapferkeit zu loben: So mag man dem Herrn Profeſſor Gottſched zu Leipzig es zum Ruhme nachſagen, daß er, durch ſeinen Eifer, dem guten Geſchmacke der Deutſchen aufzuhelfen, viele gereizet habe, ſich um einen beſſern Geſchmack zu bekuͤmmern, als vor zehn Jahren noch in Deutſchland geweſen. CXIX. Es wuͤrden die Jenaiſchen, und an- derer Univerſitaͤten Gelehrten, ſonderlich auch zu Goͤttingen und Halle, wohl thun, wenn ſie ſich die Streitſchriften, die gegen den Herrn Pro- feſſor Gottſched und D. Philippi herausge- kommen ſind, beſſer, als bisher, zu Nutze mach- ten, um ihren halb guten und halb verdorbe- nen Geſchmack darnach zu verbeſſern; damit ganz Deutſchland eine Kennerinn des feinſten Geſchmackes heiſſen moͤge. CXX. Dem alamodiſchen Geſchmacke iſt es zuzuſchreiben, daß man die ganze Gelehr- ſamkeit nach den vier Facultaͤten, der theolo- giſchen, juriſtiſchen, mediciniſchen und philoſophi- ſchen, eintheilet. CXXI. O 4
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vom geſunden Witze, ꝛc.
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keit der elenden Scribenten. Er hat in ſol-
chen Schriften wie ein vorſichtiger Feind ge-
handelt, der eine Veſtung nicht an der ſtaͤrk-
ſten, ſondern ſchwaͤcheſten, Seite attaquiret;
auch ſich zuweilen ſtellet, als achte er ſeinen Geg-
ner geringe, vor dem er ſich doch heimlich ſcheuet.
CXVIII. Jſt es billig, auch ſelbſt an dem
Feinde die Tapferkeit zu loben: So mag man
dem Herrn Profeſſor Gottſched zu Leipzig es
zum Ruhme nachſagen, daß er, durch ſeinen
Eifer, dem guten Geſchmacke der Deutſchen
aufzuhelfen, viele gereizet habe, ſich um einen
beſſern Geſchmack zu bekuͤmmern, als vor zehn
Jahren noch in Deutſchland geweſen.
CXIX. Es wuͤrden die Jenaiſchen, und an-
derer Univerſitaͤten Gelehrten, ſonderlich auch zu
Goͤttingen und Halle, wohl thun, wenn ſie ſich
die Streitſchriften, die gegen den Herrn Pro-
feſſor Gottſched und D. Philippi herausge-
kommen ſind, beſſer, als bisher, zu Nutze mach-
ten, um ihren halb guten und halb verdorbe-
nen Geſchmack darnach zu verbeſſern; damit
ganz Deutſchland eine Kennerinn des feinſten
Geſchmackes heiſſen moͤge.
CXX. Dem alamodiſchen Geſchmacke iſt
es zuzuſchreiben, daß man die ganze Gelehr-
ſamkeit nach den vier Facultaͤten, der theolo-
giſchen, juriſtiſchen, mediciniſchen und philoſophi-
ſchen, eintheilet.
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