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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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Zwey hundert Maximen
CXXI. Es giebt aber manche solche, von der
Natur voraus begabte, Köpfe, die sich nicht
in die Schranken einer einzigen Facultät ein-
schliessen lassen, sondern mit ihrem weit ausse-
henden Witze
durch die Schönheiten aller Haupt-
Wissenschaften durchdringen, oder wenigstens
eine glückliche Streiferey in eine andere Disci-
plin thun, davon sie nicht hauptsächlich fait
machen.
CXXII. Es hat mancher, als von ohngefehr,
einen so glücklichen Einfall in einer Wissen-
schaft, daß die, so davon hauptsächlich Profes-
sion machen, wol nimmer darauf gefallen wären,
wenn nicht ein solcher Universal-Kopf, der alle
Wissenschaften ins Große überschauet, ihnen
erst auf die Sprünge geholfen, und solche frucht-
bare Wahrheiten
angegeben hätte, daraus sie
hernach mit halb so leichter Mühe tausend andere
nützliche Wahrheiten haben erfinden und herlei-
ten können.
CXXIII. Es wäre ein Uebermuth und Thor-
heit, die Zahl bestimmen zu wollen, welche Ge-
lehrte in der Welt für wahrhafte Universal-
Köpfe
(§ 122) zu halten wären. Denn eben
der, der sich heraus nähme, solches zu bestim-
men, müßte noch höher seyn, als die alle, die
er dafür angäbe; weil er, wenn sein Urtheil zu-
träfe, eine Fertigkeit besitzen müßte, alle Uni-
versal-Köpfe en gros zu überschauen. Kein
Weiser aber wird von sich sagen, oder also urthei-
len, daß andre von ihm denken müßten, er halte sich
für den allerweisesten.
CXXIV.
Zwey hundert Maximen
CXXI. Es giebt aber manche ſolche, von der
Natur voraus begabte, Koͤpfe, die ſich nicht
in die Schranken einer einzigen Facultaͤt ein-
ſchlieſſen laſſen, ſondern mit ihrem weit ausſe-
henden Witze
durch die Schoͤnheiten aller Haupt-
Wiſſenſchaften durchdringen, oder wenigſtens
eine gluͤckliche Streiferey in eine andere Diſci-
plin thun, davon ſie nicht hauptſaͤchlich fait
machen.
CXXII. Es hat mancher, als von ohngefehr,
einen ſo gluͤcklichen Einfall in einer Wiſſen-
ſchaft, daß die, ſo davon hauptſaͤchlich Profeſ-
ſion machen, wol nimmer darauf gefallen waͤren,
wenn nicht ein ſolcher Univerſal-Kopf, der alle
Wiſſenſchaften ins Große uͤberſchauet, ihnen
erſt auf die Spruͤnge geholfen, und ſolche frucht-
bare Wahrheiten
angegeben haͤtte, daraus ſie
hernach mit halb ſo leichter Muͤhe tauſend andere
nuͤtzliche Wahrheiten haben erfinden und herlei-
ten koͤnnen.
CXXIII. Es waͤre ein Uebermuth und Thor-
heit, die Zahl beſtimmen zu wollen, welche Ge-
lehrte in der Welt fuͤr wahrhafte Univerſal-
Koͤpfe
(§ 122) zu halten waͤren. Denn eben
der, der ſich heraus naͤhme, ſolches zu beſtim-
men, muͤßte noch hoͤher ſeyn, als die alle, die
er dafuͤr angaͤbe; weil er, wenn ſein Urtheil zu-
traͤfe, eine Fertigkeit beſitzen muͤßte, alle Uni-
verſal-Koͤpfe en gros zu uͤberſchauen. Kein
Weiſer aber wird von ſich ſagen, oder alſo urthei-
len, daß andre von ihm denken muͤßten, er halte ſich
fuͤr den allerweiſeſten.
CXXIV.
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[216/0224] Zwey hundert Maximen CXXI. Es giebt aber manche ſolche, von der Natur voraus begabte, Koͤpfe, die ſich nicht in die Schranken einer einzigen Facultaͤt ein- ſchlieſſen laſſen, ſondern mit ihrem weit ausſe- henden Witze durch die Schoͤnheiten aller Haupt- Wiſſenſchaften durchdringen, oder wenigſtens eine gluͤckliche Streiferey in eine andere Diſci- plin thun, davon ſie nicht hauptſaͤchlich fait machen. CXXII. Es hat mancher, als von ohngefehr, einen ſo gluͤcklichen Einfall in einer Wiſſen- ſchaft, daß die, ſo davon hauptſaͤchlich Profeſ- ſion machen, wol nimmer darauf gefallen waͤren, wenn nicht ein ſolcher Univerſal-Kopf, der alle Wiſſenſchaften ins Große uͤberſchauet, ihnen erſt auf die Spruͤnge geholfen, und ſolche frucht- bare Wahrheiten angegeben haͤtte, daraus ſie hernach mit halb ſo leichter Muͤhe tauſend andere nuͤtzliche Wahrheiten haben erfinden und herlei- ten koͤnnen. CXXIII. Es waͤre ein Uebermuth und Thor- heit, die Zahl beſtimmen zu wollen, welche Ge- lehrte in der Welt fuͤr wahrhafte Univerſal- Koͤpfe (§ 122) zu halten waͤren. Denn eben der, der ſich heraus naͤhme, ſolches zu beſtim- men, muͤßte noch hoͤher ſeyn, als die alle, die er dafuͤr angaͤbe; weil er, wenn ſein Urtheil zu- traͤfe, eine Fertigkeit beſitzen muͤßte, alle Uni- verſal-Koͤpfe en gros zu uͤberſchauen. Kein Weiſer aber wird von ſich ſagen, oder alſo urthei- len, daß andre von ihm denken muͤßten, er halte ſich fuͤr den allerweiſeſten. CXXIV.

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/224>, abgerufen am 21.11.2024.