Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.vom gesunden Witze, etc. des, und die Beobachtung dessen, was recht ist,nicht bloß nach der jetzigen Beschaffenheit der Menschen, sondern ewig und unveränderlich zu dem Wesen eines vernünftigen Menschen ge- höret. CXXXVIII. Jrrthum und Untugend ist was böses, weil es der Wahrheit und Tugend wi- derstreitet, und also nicht beydes zugleich kann gut seyn. Die Quelle hievon haben einige fälschlich in Gott, andere in einem ewig bösen Wesen, das sie Gott entgegen gesetzet, gesuchet. Beydes zeiget einen verkehrten Geschmack von der Natur der Dinge an. Wäre ein Wesen, das, vermöge seiner ewigen Natur, solche Wir- kungen hervorbrächte, die wir böse Handlungen nennen: So thäte es dennoch recht. Denn nach seiner ewigen Natur konnte es nicht an- ders handeln; mithin wäre es unrecht, ihm an- zumuthen, anders zu handeln, als es seine ewi- ge unveränderliche Natur mit sich brächte. Das andere Wesen aber, das, vermöge seiner ewigen Natur, gerade dem entgegen handelte, was jenes thäte, handelte ebenfalls recht. Da- her kann unter zweyen ewigen Wesen, die ein- ander entgegen handeln, keines böse genannt werden, so wenig das Feuer darum böse ist, daß es den Kräften und Wirkungen des entge- genstehenden Elements, des Wassers, zuwider ist. CXXXIX. Es wäre ein Unglück in der Na- tur, wenn ein ewig gütiges Wesen durch die contrebalancirende Kraft eines ewigen feindseli- gen
vom geſunden Witze, ꝛc. des, und die Beobachtung deſſen, was recht iſt,nicht bloß nach der jetzigen Beſchaffenheit der Menſchen, ſondern ewig und unveraͤnderlich zu dem Weſen eines vernuͤnftigen Menſchen ge- hoͤret. CXXXVIII. Jrrthum und Untugend iſt was boͤſes, weil es der Wahrheit und Tugend wi- derſtreitet, und alſo nicht beydes zugleich kann gut ſeyn. Die Quelle hievon haben einige faͤlſchlich in Gott, andere in einem ewig boͤſen Weſen, das ſie Gott entgegen geſetzet, geſuchet. Beydes zeiget einen verkehrten Geſchmack von der Natur der Dinge an. Waͤre ein Weſen, das, vermoͤge ſeiner ewigen Natur, ſolche Wir- kungen hervorbraͤchte, die wir boͤſe Handlungen nennen: So thaͤte es dennoch recht. Denn nach ſeiner ewigen Natur konnte es nicht an- ders handeln; mithin waͤre es unrecht, ihm an- zumuthen, anders zu handeln, als es ſeine ewi- ge unveraͤnderliche Natur mit ſich braͤchte. Das andere Weſen aber, das, vermoͤge ſeiner ewigen Natur, gerade dem entgegen handelte, was jenes thaͤte, handelte ebenfalls recht. Da- her kann unter zweyen ewigen Weſen, die ein- ander entgegen handeln, keines boͤſe genannt werden, ſo wenig das Feuer darum boͤſe iſt, daß es den Kraͤften und Wirkungen des entge- genſtehenden Elements, des Waſſers, zuwider iſt. CXXXIX. Es waͤre ein Ungluͤck in der Na- tur, wenn ein ewig guͤtiges Weſen durch die contrebalancirende Kraft eines ewigen feindſeli- gen
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vom geſunden Witze, ꝛc.
des, und die Beobachtung deſſen, was recht iſt,
nicht bloß nach der jetzigen Beſchaffenheit der
Menſchen, ſondern ewig und unveraͤnderlich zu
dem Weſen eines vernuͤnftigen Menſchen ge-
hoͤret.
CXXXVIII. Jrrthum und Untugend iſt was
boͤſes, weil es der Wahrheit und Tugend wi-
derſtreitet, und alſo nicht beydes zugleich kann
gut ſeyn. Die Quelle hievon haben einige
faͤlſchlich in Gott, andere in einem ewig boͤſen
Weſen, das ſie Gott entgegen geſetzet, geſuchet.
Beydes zeiget einen verkehrten Geſchmack von
der Natur der Dinge an. Waͤre ein Weſen,
das, vermoͤge ſeiner ewigen Natur, ſolche Wir-
kungen hervorbraͤchte, die wir boͤſe Handlungen
nennen: So thaͤte es dennoch recht. Denn
nach ſeiner ewigen Natur konnte es nicht an-
ders handeln; mithin waͤre es unrecht, ihm an-
zumuthen, anders zu handeln, als es ſeine ewi-
ge unveraͤnderliche Natur mit ſich braͤchte.
Das andere Weſen aber, das, vermoͤge ſeiner
ewigen Natur, gerade dem entgegen handelte,
was jenes thaͤte, handelte ebenfalls recht. Da-
her kann unter zweyen ewigen Weſen, die ein-
ander entgegen handeln, keines boͤſe genannt
werden, ſo wenig das Feuer darum boͤſe iſt,
daß es den Kraͤften und Wirkungen des entge-
genſtehenden Elements, des Waſſers, zuwider iſt.
CXXXIX. Es waͤre ein Ungluͤck in der Na-
tur, wenn ein ewig guͤtiges Weſen durch die
contrebalancirende Kraft eines ewigen feindſeli-
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