Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ungut. -- Sie bot ihm wehmüthig lächelnd die Hand, er drückte sie und verlor sich unter der Menge. Der Gemeindevorsteher machte der Versammlung ein Ende, indem er zum Aufbruch mahnte. Noch einmal wiederholten sich kurz alle Scenen des Scheidens . . das Posthorn tönte, die Peitsche knallte, und die Bursche schwangen sich auf die Wagen. Die Rosse flogen vorwärts, die Bauern hatten ihre besten vorgespannt. Noch ein Gruß mit Hand und Hut, der Zug war verschwunden. Zu Schwaz waren alle Wirthshäuser voll, überall Jauchzen und Becherklang, durch die Gassen taumelten trunkene Recruten, oder tänzelten und schnalzten, während ihnen das Weinen nahe war und zeitweilig vorbrechend wieder ausgelassener Lustigkeit wich. Das dichteste Gedränge wogte vor dem Landgerichte auf und ab, wo etliche Gensdarmen nur mit Mühe die Ordnung aufrecht erhielten. Jetzt spielen die Schwazer! drang der Ruf über die Treppe herunter. Wen hat's getroffen? erscholl die laute Frage; verworrene Stimmen nannten verschiedene Namen. Jetzt die Jenbacher! Neue Bewegung unter den aufgestauten Massen. Da fuhren die Achenthaler vor. Der Gemeindevorsteher stieg ab und wurde mit seinen Burschen von einem Gensdarm über die Stiege in den Saal geleitet. Dieser war durch eine Barre in zwei Räume getheilt. Im kleineren befand sich ungut. — Sie bot ihm wehmüthig lächelnd die Hand, er drückte sie und verlor sich unter der Menge. Der Gemeindevorsteher machte der Versammlung ein Ende, indem er zum Aufbruch mahnte. Noch einmal wiederholten sich kurz alle Scenen des Scheidens . . das Posthorn tönte, die Peitsche knallte, und die Bursche schwangen sich auf die Wagen. Die Rosse flogen vorwärts, die Bauern hatten ihre besten vorgespannt. Noch ein Gruß mit Hand und Hut, der Zug war verschwunden. Zu Schwaz waren alle Wirthshäuser voll, überall Jauchzen und Becherklang, durch die Gassen taumelten trunkene Recruten, oder tänzelten und schnalzten, während ihnen das Weinen nahe war und zeitweilig vorbrechend wieder ausgelassener Lustigkeit wich. Das dichteste Gedränge wogte vor dem Landgerichte auf und ab, wo etliche Gensdarmen nur mit Mühe die Ordnung aufrecht erhielten. Jetzt spielen die Schwazer! drang der Ruf über die Treppe herunter. Wen hat's getroffen? erscholl die laute Frage; verworrene Stimmen nannten verschiedene Namen. Jetzt die Jenbacher! Neue Bewegung unter den aufgestauten Massen. Da fuhren die Achenthaler vor. Der Gemeindevorsteher stieg ab und wurde mit seinen Burschen von einem Gensdarm über die Stiege in den Saal geleitet. Dieser war durch eine Barre in zwei Räume getheilt. Im kleineren befand sich <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0031"/> ungut. — Sie bot ihm wehmüthig lächelnd die Hand, er drückte sie und verlor sich unter der Menge.</p><lb/> <p>Der Gemeindevorsteher machte der Versammlung ein Ende, indem er zum Aufbruch mahnte. Noch einmal wiederholten sich kurz alle Scenen des Scheidens . . das Posthorn tönte, die Peitsche knallte, und die Bursche schwangen sich auf die Wagen.</p><lb/> <p>Die Rosse flogen vorwärts, die Bauern hatten ihre besten vorgespannt. Noch ein Gruß mit Hand und Hut, der Zug war verschwunden.</p><lb/> <p>Zu Schwaz waren alle Wirthshäuser voll, überall Jauchzen und Becherklang, durch die Gassen taumelten trunkene Recruten, oder tänzelten und schnalzten, während ihnen das Weinen nahe war und zeitweilig vorbrechend wieder ausgelassener Lustigkeit wich. Das dichteste Gedränge wogte vor dem Landgerichte auf und ab, wo etliche Gensdarmen nur mit Mühe die Ordnung aufrecht erhielten.</p><lb/> <p>Jetzt spielen die Schwazer! drang der Ruf über die Treppe herunter.</p><lb/> <p>Wen hat's getroffen? erscholl die laute Frage; verworrene Stimmen nannten verschiedene Namen.</p><lb/> <p>Jetzt die Jenbacher! Neue Bewegung unter den aufgestauten Massen. Da fuhren die Achenthaler vor. Der Gemeindevorsteher stieg ab und wurde mit seinen Burschen von einem Gensdarm über die Stiege in den Saal geleitet. Dieser war durch eine Barre in zwei Räume getheilt. Im kleineren befand sich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
ungut. — Sie bot ihm wehmüthig lächelnd die Hand, er drückte sie und verlor sich unter der Menge.
Der Gemeindevorsteher machte der Versammlung ein Ende, indem er zum Aufbruch mahnte. Noch einmal wiederholten sich kurz alle Scenen des Scheidens . . das Posthorn tönte, die Peitsche knallte, und die Bursche schwangen sich auf die Wagen.
Die Rosse flogen vorwärts, die Bauern hatten ihre besten vorgespannt. Noch ein Gruß mit Hand und Hut, der Zug war verschwunden.
Zu Schwaz waren alle Wirthshäuser voll, überall Jauchzen und Becherklang, durch die Gassen taumelten trunkene Recruten, oder tänzelten und schnalzten, während ihnen das Weinen nahe war und zeitweilig vorbrechend wieder ausgelassener Lustigkeit wich. Das dichteste Gedränge wogte vor dem Landgerichte auf und ab, wo etliche Gensdarmen nur mit Mühe die Ordnung aufrecht erhielten.
Jetzt spielen die Schwazer! drang der Ruf über die Treppe herunter.
Wen hat's getroffen? erscholl die laute Frage; verworrene Stimmen nannten verschiedene Namen.
Jetzt die Jenbacher! Neue Bewegung unter den aufgestauten Massen. Da fuhren die Achenthaler vor. Der Gemeindevorsteher stieg ab und wurde mit seinen Burschen von einem Gensdarm über die Stiege in den Saal geleitet. Dieser war durch eine Barre in zwei Räume getheilt. Im kleineren befand sich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-23T13:06:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-23T13:06:45Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |