Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

Bild:
<< vorherige Seite

Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] beyderseiten doch solcher Gestalt/ daß die Groppa
nicht so viel Erden fasset oder überschreitet/ als die
Brust/ also wechselt man oben und unten/ durch hal-
be und gantze Volten/ und verrichtet im Rückweg
eben das/ als im ersten avanziren serpegiando/ repeti-
ret das offtmals/ und continuiret mit dieser Lection
nicht allein so lang/ biß das Pferd völlig Gehorsamb
leistet/ sondern/ daß es darauff wol bestätiget verblei-
bet.

Hierinn verwechselt er nicht allein die Hand/ daß er
den Anfang machet/ wie er zuvor den Schluß genom-
men/ sondern auch den Ort/ damit er nicht allein obe-
dientiam
und memoriam localem, sondern auch uni-
versalem
erhalte/ kehret/ auff Erhaltung seines Jn-
tents/ so dann die Lection um/ und treibet durch Hülf-
fe der Sporen rückwerts umb/ daß die Groppa mehr
Erden fassen muß/ als die Brust.

Wied erholet solches offtmals mit Repetirung der
vorigen Lection Wechselweiß/ und verändert das
Ort/ wie vor/ mit gantz und halben Volten/ und auff
jeden bezeigenden Widerwillen/ lässet er ihm den zu
Fuß mit der langen Geisel folgen und helffen/ oder
nur sich praesentiren/ dieses Exercitz lehret die Pferde
den Zaum/ Schenckel und Spießruth-Hülffe anzu-
nehmen und erkennen zu lernen/ und dieses alles in
dem lebhafften Schritt.

Nach welches genugsamer Bestätigung wird die-
ses alles in einem verkürtzten stäten Trab angefangen/
gemittelt und fortgefahren/ biß man gleiche Geschick-
lichkeit/ Fertigkeit/ Willen und Gehorsam verspüret/
und darinnen gnugsame Versicherung erhalten.

So dann wird dieses alles zum drittenmahl in dem
eingezogenen Galloppo versuchet/ und ob es gleich im
Anfang das Durchschliessen in solcher Bezeigung
nicht vollbringen könte/ muß man sich so lang mit
dem Trab genügen lassen/ indem es nach galloppirter
Volta die Volta wechselt/ worzu ihm der Reuter mit
allen darzu gehörigen Mitteln helffen/ und so lang
damit anhalten muß/ biß es in einer Action auch das
Durchschliessen vollbringen kan.

Es soll ihm aber jederzeit im Durchschliessen wol
fortgeholffen und vorgesehen werden/ daß es in dieser
Bezeigung niemahls stecken bleibe/ und so lang das-
selbe noch zu spühren oder nur zu vermuthen ist/ soll
man allein bey dieser Lection beharren/ und sich lie-
ber damit desto länger auffhalten/ als auff falschen
Grund einige andere Unterweisung bauen/ welche
doch keinen Bestand haben/ oder etwas gutes daraus
erfolgen könte/ weil an solcher Versicherung des Reu-
ters Leben und Gesundheit vornemblich hänget.

Wie sich aber in dieser Ubung nichts mehr begie-
bet/ als daß die Pferde in Verlängerung der Arbeit
aus der guten Gestalt/ in die vorige falsche Posturen
fallen/ und zwar vornemblich und am meisten den
Kopff entweder zu tieff sencken/ zu viel vorwerts oder
herbey tragen/ den Halß starren oder auff eine Sei-
ten mehr als auff die andere verwenden/ den Leib von
der Lini (worauff sie geritten werden wollen) auff ein
andere werffen/ traversiren/ wann sie gerad gehen/ ge-
rad gehen/ wann sie traversiren sollen/ sich zurück zie-
hen oder stecken/ wann man sie avanziren will: allen
[Spaltenumbruch] diesen Fehlern kan zugleich durch das einige Mittel
Rath geschaffet und abgeholffen werden/ wann jeder-
zeit die rechte Schenckel bey des lincken Zügels Wen-
dung/ also der lincke Schenckel bey dem rechten Zü-
gel/ mit allen ihren gebührlichen Hülffen und Corre-
ctions-Mitteln/ mit zurück gezogenem Leibs-Ge-
wicht/ zugleich a tempo im Wechsel gebrauchet wer-
den/ weil dieselbe zugleich treiben/ avanziren/ richten
und behalten können.

Wo sich auch der Kopff mehr auff die lincke Sei-
ten wendet/ und der Halß dabey auff die rechte aus-
bieget/ so wird mit Verkürtzung des rechten Zügels
ein tempo mit dem rechten Schenckel in einer Art
Spornata gegeben/ daneben der Leib etwas auff die
rechte Seiten getragen/ denn der Leib richtet sich je-
derzeit nach der Gestalt des Halses/ dabey muß man
aber den lincken Zügel nicht gäntzlich ledig lassen/ son-
dern (wiewol weniger als den rechten) bey sich halten/
damit es den Kopff nicht zu viel auff die andere Hand
folgen lasse oder wersse/ auff Verweigerung des Ge-
horsams/ ist eine Vermehrung anzuwenden/ und an
statt der Verkürtzung des einen Zügels eine Brigli-
tata mit des Schenckels Straffe zugeben/ und dabey zu
versuchen/ ob man den Kopf gemach gewinnen möch-
te/ wann man die eylfertigen Straffen zugleich ver-
doppelt/ und in gleicher/ wie in ungleicher Zahl versu-
chet hat/ doch muß allzeit Anfang und Ende auff der
Seiten gemachet werden/ wo sich die Krümme an
dem Halß befindet.

Drey Maniers-Linien/

Auff welcher jeden infonderheit/ und
ins gesambt/ sich ein abgerichtes Pferd
in seiner Geschickligkeit finden
lassen muß:

Nach Beschaffenheit des gantzen Pferdes
guten Gestalt/ sonderlich aber des obern Theils wird
sich der Untertheil auch erweisen und bezeigen können/
die Schenckel an ihren gehörigen Ort im Ste-
hen/ Gehen/ Heben/ Halten und Füh-
ren/ Bringen und Se-
tzen.

I. Gerade Lini.

AUf gerader Lini kan ein jedes Pferd seine Schen-
ckel wiederum auf dreyerley Art setzen und gebrau-
chen/ gantz starck/ 1. im Stehen mit allen seinen Thei-
len gleich auff einander und hinter einander. 2. Jm ge-
mach gehen/ und 3. zur Wendung incliniret. Ein
Pferd soll aber nicht weiter oder schmäler auff der Er-
den stehen/ oder seinen Schritt setzen/ als ihm die Füs-
se aus einem breiten oder schmalen Leib gewachsen/ die
Weite aber soll nach der Art Pferde fortgesetzet wer-
den/ welche Last tragen oder ziehen/ denn so weit ein
solches Last-tragendes oder ziehendes Pferd seine
Schritt mit Gewalt fortbringen/ und hierdurch das
Hindertheil das vordere fortschieben kan:

So weit soll ein abgerichtetes Pferd seine unge-
zwungene freye Schritt nach dem Willen und Wis-
senschafft setzen/ wann es anfängt zu gehen oder tra-

ben/

Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] beyderſeiten doch ſolcher Geſtalt/ daß die Groppa
nicht ſo viel Erden faſſet oder uͤberſchreitet/ als die
Bruſt/ alſo wechſelt man oben und unten/ durch hal-
be und gantze Volten/ und verrichtet im Ruͤckweg
eben das/ als im erſten avanziren ſerpegiando/ repeti-
ret das offtmals/ und continuiret mit dieſer Lection
nicht allein ſo lang/ biß das Pferd voͤllig Gehorſamb
leiſtet/ ſondern/ daß es darauff wol beſtaͤtiget verblei-
bet.

Hierinn verwechſelt er nicht allein die Hand/ daß er
den Anfang machet/ wie er zuvor den Schluß genom-
men/ ſondern auch den Ort/ damit er nicht allein obe-
dientiam
und memoriam localem, ſondern auch uni-
verſalem
erhalte/ kehret/ auff Erhaltung ſeines Jn-
tents/ ſo dann die Lection um/ und treibet durch Huͤlf-
fe der Sporen ruͤckwerts umb/ daß die Groppa mehr
Erden faſſen muß/ als die Bruſt.

Wied erholet ſolches offtmals mit Repetirung der
vorigen Lection Wechſelweiß/ und veraͤndert das
Ort/ wie vor/ mit gantz und halben Volten/ und auff
jeden bezeigenden Widerwillen/ laͤſſet er ihm den zu
Fuß mit der langen Geiſel folgen und helffen/ oder
nur ſich præſentiren/ dieſes Exercitz lehret die Pferde
den Zaum/ Schenckel und Spießruth-Huͤlffe anzu-
nehmen und erkennen zu lernen/ und dieſes alles in
dem lebhafften Schritt.

Nach welches genugſamer Beſtaͤtigung wird die-
ſes alles in einem verkuͤrtzten ſtaͤten Trab angefangen/
gemittelt und fortgefahren/ biß man gleiche Geſchick-
lichkeit/ Fertigkeit/ Willen und Gehorſam verſpuͤret/
und darinnen gnugſame Verſicherung erhalten.

So dann wird dieſes alles zum drittenmahl in dem
eingezogenen Galloppo verſuchet/ und ob es gleich im
Anfang das Durchſchlieſſen in ſolcher Bezeigung
nicht vollbringen koͤnte/ muß man ſich ſo lang mit
dem Trab genuͤgen laſſen/ indem es nach galloppirter
Volta die Volta wechſelt/ worzu ihm der Reuter mit
allen darzu gehoͤrigen Mitteln helffen/ und ſo lang
damit anhalten muß/ biß es in einer Action auch das
Durchſchlieſſen vollbringen kan.

Es ſoll ihm aber jederzeit im Durchſchlieſſen wol
fortgeholffen und vorgeſehen werden/ daß es in dieſer
Bezeigung niemahls ſtecken bleibe/ und ſo lang daſ-
ſelbe noch zu ſpuͤhren oder nur zu vermuthen iſt/ ſoll
man allein bey dieſer Lection beharren/ und ſich lie-
ber damit deſto laͤnger auffhalten/ als auff falſchen
Grund einige andere Unterweiſung bauen/ welche
doch keinen Beſtand haben/ oder etwas gutes daraus
erfolgen koͤnte/ weil an ſolcher Verſicherung des Reu-
ters Leben und Geſundheit vornemblich haͤnget.

Wie ſich aber in dieſer Ubung nichts mehr begie-
bet/ als daß die Pferde in Verlaͤngerung der Arbeit
aus der guten Geſtalt/ in die vorige falſche Poſturen
fallen/ und zwar vornemblich und am meiſten den
Kopff entweder zu tieff ſencken/ zu viel vorwerts oder
herbey tragen/ den Halß ſtarren oder auff eine Sei-
ten mehr als auff die andere verwenden/ den Leib von
der Lini (worauff ſie geritten werden wollen) auff ein
andere werffen/ traverſiren/ wann ſie gerad gehen/ ge-
rad gehen/ wann ſie traverſiren ſollen/ ſich zuruͤck zie-
hen oder ſtecken/ wann man ſie avanziren will: allen
[Spaltenumbruch] dieſen Fehlern kan zugleich durch das einige Mittel
Rath geſchaffet und abgeholffen werden/ wann jeder-
zeit die rechte Schenckel bey des lincken Zuͤgels Wen-
dung/ alſo der lincke Schenckel bey dem rechten Zuͤ-
gel/ mit allen ihren gebuͤhrlichen Huͤlffen und Corre-
ctions-Mitteln/ mit zuruͤck gezogenem Leibs-Ge-
wicht/ zugleich à tempo im Wechſel gebrauchet wer-
den/ weil dieſelbe zugleich treiben/ avanziren/ richten
und behalten koͤnnen.

Wo ſich auch der Kopff mehr auff die lincke Sei-
ten wendet/ und der Halß dabey auff die rechte aus-
bieget/ ſo wird mit Verkuͤrtzung des rechten Zuͤgels
ein tempo mit dem rechten Schenckel in einer Art
Spornata gegeben/ daneben der Leib etwas auff die
rechte Seiten getragen/ denn der Leib richtet ſich je-
derzeit nach der Geſtalt des Halſes/ dabey muß man
aber den lincken Zuͤgel nicht gaͤntzlich ledig laſſen/ ſon-
dern (wiewol weniger als den rechten) bey ſich halten/
damit es den Kopff nicht zu viel auff die andere Hand
folgen laſſe oder werſſe/ auff Verweigerung des Ge-
horſams/ iſt eine Vermehrung anzuwenden/ und an
ſtatt der Verkuͤrtzung des einen Zuͤgels eine Brigli-
tata mit des Schenckels Straffe zugeben/ uñ dabey zu
verſuchen/ ob man den Kopf gemach gewinnen moͤch-
te/ wann man die eylfertigen Straffen zugleich ver-
doppelt/ und in gleicher/ wie in ungleicher Zahl verſu-
chet hat/ doch muß allzeit Anfang und Ende auff der
Seiten gemachet werden/ wo ſich die Kruͤmme an
dem Halß befindet.

Drey Maniers-Linien/

Auff welcher jeden infonderheit/ und
ins geſambt/ ſich ein abgerichtes Pferd
in ſeiner Geſchickligkeit finden
laſſen muß:

Nach Beſchaffenheit des gantzen Pferdes
guten Geſtalt/ ſonderlich aber des obern Theils wird
ſich der Untertheil auch erweiſen und bezeigen koͤnnen/
die Schenckel an ihren gehoͤrigen Ort im Ste-
hen/ Gehen/ Heben/ Halten und Fuͤh-
ren/ Bringen und Se-
tzen.

I. Gerade Lini.

AUf gerader Lini kan ein jedes Pferd ſeine Schen-
ckel wiederum auf dreyerley Art ſetzen und gebrau-
chen/ gantz ſtarck/ 1. im Stehen mit allen ſeinen Thei-
len gleich auff einander und hinter einander. 2. Jm ge-
mach gehen/ und 3. zur Wendung incliniret. Ein
Pferd ſoll aber nicht weiter oder ſchmaͤler auff der Er-
den ſtehen/ oder ſeinen Schritt ſetzen/ als ihm die Fuͤſ-
ſe aus einem breiten oder ſchmalen Leib gewachſen/ die
Weite aber ſoll nach der Art Pferde fortgeſetzet wer-
den/ welche Laſt tragen oder ziehen/ denn ſo weit ein
ſolches Laſt-tragendes oder ziehendes Pferd ſeine
Schritt mit Gewalt fortbringen/ und hierdurch das
Hindertheil das vordere fortſchieben kan:

So weit ſoll ein abgerichtetes Pferd ſeine unge-
zwungene freye Schritt nach dem Willen und Wiſ-
ſenſchafft ſetzen/ wann es anfaͤngt zu gehen oder tra-

ben/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0320" n="292"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Neuer vollkommener</hi></fw><lb/><cb/>
beyder&#x017F;eiten doch &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt/ daß die Groppa<lb/>
nicht &#x017F;o viel Erden fa&#x017F;&#x017F;et oder u&#x0364;ber&#x017F;chreitet/ als die<lb/>
Bru&#x017F;t/ al&#x017F;o wech&#x017F;elt man oben und unten/ durch hal-<lb/>
be und gantze Volten/ und verrichtet im Ru&#x0364;ckweg<lb/>
eben das/ als im er&#x017F;ten avanziren &#x017F;erpegiando/ repeti-<lb/>
ret das offtmals/ und continuiret mit die&#x017F;er Lection<lb/>
nicht allein &#x017F;o lang/ biß das Pferd vo&#x0364;llig Gehor&#x017F;amb<lb/>
lei&#x017F;tet/ &#x017F;ondern/ daß es darauff wol be&#x017F;ta&#x0364;tiget verblei-<lb/>
bet.</p><lb/>
                <p>Hierinn verwech&#x017F;elt er nicht allein die Hand/ daß er<lb/>
den Anfang machet/ wie er zuvor den Schluß genom-<lb/>
men/ &#x017F;ondern auch den Ort/ damit er nicht allein <hi rendition="#aq">obe-<lb/>
dientiam</hi> und <hi rendition="#aq">memoriam localem,</hi> &#x017F;ondern auch <hi rendition="#aq">uni-<lb/>
ver&#x017F;alem</hi> erhalte/ kehret/ auff Erhaltung &#x017F;eines Jn-<lb/>
tents/ &#x017F;o dann die Lection um/ und treibet durch Hu&#x0364;lf-<lb/>
fe der Sporen ru&#x0364;ckwerts umb/ daß die Groppa mehr<lb/>
Erden fa&#x017F;&#x017F;en muß/ als die Bru&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>Wied erholet &#x017F;olches offtmals mit Repetirung der<lb/>
vorigen Lection Wech&#x017F;elweiß/ und vera&#x0364;ndert das<lb/>
Ort/ wie vor/ mit gantz und halben Volten/ und auff<lb/>
jeden bezeigenden Widerwillen/ la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et er ihm den zu<lb/>
Fuß mit der langen Gei&#x017F;el folgen und helffen/ oder<lb/>
nur &#x017F;ich pr<hi rendition="#aq">æ</hi>&#x017F;entiren/ die&#x017F;es Exercitz lehret die Pferde<lb/>
den Zaum/ Schenckel und Spießruth-Hu&#x0364;lffe anzu-<lb/>
nehmen und erkennen zu lernen/ und die&#x017F;es alles in<lb/>
dem lebhafften Schritt.</p><lb/>
                <p>Nach welches genug&#x017F;amer Be&#x017F;ta&#x0364;tigung wird die-<lb/>
&#x017F;es alles in einem verku&#x0364;rtzten &#x017F;ta&#x0364;ten Trab angefangen/<lb/>
gemittelt und fortgefahren/ biß man gleiche Ge&#x017F;chick-<lb/>
lichkeit/ Fertigkeit/ Willen und Gehor&#x017F;am ver&#x017F;pu&#x0364;ret/<lb/>
und darinnen gnug&#x017F;ame Ver&#x017F;icherung erhalten.</p><lb/>
                <p>So dann wird die&#x017F;es alles zum drittenmahl in dem<lb/>
eingezogenen Galloppo ver&#x017F;uchet/ und ob es gleich im<lb/>
Anfang das Durch&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en in &#x017F;olcher Bezeigung<lb/>
nicht vollbringen ko&#x0364;nte/ muß man &#x017F;ich &#x017F;o lang mit<lb/>
dem Trab genu&#x0364;gen la&#x017F;&#x017F;en/ indem es nach galloppirter<lb/>
Volta die Volta wech&#x017F;elt/ worzu ihm der Reuter mit<lb/>
allen darzu geho&#x0364;rigen Mitteln helffen/ und &#x017F;o lang<lb/>
damit anhalten muß/ biß es in einer Action auch das<lb/>
Durch&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en vollbringen kan.</p><lb/>
                <p>Es &#x017F;oll ihm aber jederzeit im Durch&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en wol<lb/>
fortgeholffen und vorge&#x017F;ehen werden/ daß es in die&#x017F;er<lb/>
Bezeigung niemahls &#x017F;tecken bleibe/ und &#x017F;o lang da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe noch zu &#x017F;pu&#x0364;hren oder nur zu vermuthen i&#x017F;t/ &#x017F;oll<lb/>
man allein bey die&#x017F;er Lection beharren/ und &#x017F;ich lie-<lb/>
ber damit de&#x017F;to la&#x0364;nger auffhalten/ als auff fal&#x017F;chen<lb/>
Grund einige andere Unterwei&#x017F;ung bauen/ welche<lb/>
doch keinen Be&#x017F;tand haben/ oder etwas gutes daraus<lb/>
erfolgen ko&#x0364;nte/ weil an &#x017F;olcher Ver&#x017F;icherung des Reu-<lb/>
ters Leben und Ge&#x017F;undheit vornemblich ha&#x0364;nget.</p><lb/>
                <p>Wie &#x017F;ich aber in die&#x017F;er Ubung nichts mehr begie-<lb/>
bet/ als daß die Pferde in Verla&#x0364;ngerung der Arbeit<lb/>
aus der guten Ge&#x017F;talt/ in die vorige fal&#x017F;che Po&#x017F;turen<lb/>
fallen/ und zwar vornemblich und am mei&#x017F;ten den<lb/>
Kopff entweder zu tieff &#x017F;encken/ zu viel vorwerts oder<lb/>
herbey tragen/ den Halß &#x017F;tarren oder auff eine Sei-<lb/>
ten mehr als auff die andere verwenden/ den Leib von<lb/>
der Lini (worauff &#x017F;ie geritten werden wollen) auff ein<lb/>
andere werffen/ traver&#x017F;iren/ wann &#x017F;ie gerad gehen/ ge-<lb/>
rad gehen/ wann &#x017F;ie traver&#x017F;iren &#x017F;ollen/ &#x017F;ich zuru&#x0364;ck zie-<lb/>
hen oder &#x017F;tecken/ wann man &#x017F;ie avanziren will: allen<lb/><cb/>
die&#x017F;en Fehlern kan zugleich durch das einige Mittel<lb/>
Rath ge&#x017F;chaffet und abgeholffen werden/ wann jeder-<lb/>
zeit die rechte Schenckel bey des lincken Zu&#x0364;gels Wen-<lb/>
dung/ al&#x017F;o der lincke Schenckel bey dem rechten Zu&#x0364;-<lb/>
gel/ mit allen ihren gebu&#x0364;hrlichen Hu&#x0364;lffen und Corre-<lb/>
ctions-Mitteln/ mit zuru&#x0364;ck gezogenem Leibs-Ge-<lb/>
wicht/ zugleich <hi rendition="#aq">à tempo</hi> im Wech&#x017F;el gebrauchet wer-<lb/>
den/ weil die&#x017F;elbe zugleich treiben/ avanziren/ richten<lb/>
und behalten ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
                <p>Wo &#x017F;ich auch der Kopff mehr auff die lincke Sei-<lb/>
ten wendet/ und der Halß dabey auff die rechte aus-<lb/>
bieget/ &#x017F;o wird mit Verku&#x0364;rtzung des rechten Zu&#x0364;gels<lb/>
ein <hi rendition="#aq">tempo</hi> mit dem rechten Schenckel in einer Art<lb/>
Spornata gegeben/ daneben der Leib etwas auff die<lb/>
rechte Seiten getragen/ denn der Leib richtet &#x017F;ich je-<lb/>
derzeit nach der Ge&#x017F;talt des Hal&#x017F;es/ dabey muß man<lb/>
aber den lincken Zu&#x0364;gel nicht ga&#x0364;ntzlich ledig la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;on-<lb/>
dern (wiewol weniger als den rechten) bey &#x017F;ich halten/<lb/>
damit es den Kopff nicht zu viel auff die andere Hand<lb/>
folgen la&#x017F;&#x017F;e oder wer&#x017F;&#x017F;e/ auff Verweigerung des Ge-<lb/>
hor&#x017F;ams/ i&#x017F;t eine Vermehrung anzuwenden/ und an<lb/>
&#x017F;tatt der Verku&#x0364;rtzung des einen Zu&#x0364;gels eine Brigli-<lb/>
tata mit des Schenckels Straffe zugeben/ uñ dabey zu<lb/>
ver&#x017F;uchen/ ob man den Kopf gemach gewinnen mo&#x0364;ch-<lb/>
te/ wann man die eylfertigen Straffen zugleich ver-<lb/>
doppelt/ und in gleicher/ wie in ungleicher Zahl ver&#x017F;u-<lb/>
chet hat/ doch muß allzeit Anfang und Ende auff der<lb/>
Seiten gemachet werden/ wo &#x017F;ich die Kru&#x0364;mme an<lb/>
dem Halß befindet.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Drey Maniers-Linien/</hi> </head><lb/>
                <p> <hi rendition="#c">Auff welcher jeden infonderheit/ und<lb/>
ins ge&#x017F;ambt/ &#x017F;ich ein abgerichtes Pferd<lb/>
in &#x017F;einer Ge&#x017F;chickligkeit finden<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en muß:</hi> </p><lb/>
                <p> <hi rendition="#c">Nach Be&#x017F;chaffenheit des gantzen Pferdes<lb/>
guten Ge&#x017F;talt/ &#x017F;onderlich aber des obern Theils wird<lb/>
&#x017F;ich der Untertheil auch erwei&#x017F;en und bezeigen ko&#x0364;nnen/<lb/>
die Schenckel an ihren geho&#x0364;rigen Ort im Ste-<lb/>
hen/ Gehen/ Heben/ Halten und Fu&#x0364;h-<lb/>
ren/ Bringen und Se-<lb/>
tzen.</hi> </p><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Gerade Lini.</hi> </head><lb/>
                  <p><hi rendition="#in">A</hi>Uf gerader Lini kan ein jedes Pferd &#x017F;eine Schen-<lb/>
ckel wiederum auf dreyerley Art &#x017F;etzen und gebrau-<lb/>
chen/ gantz &#x017F;tarck/ 1. im Stehen mit allen &#x017F;einen Thei-<lb/>
len gleich auff einander und hinter einander. 2. Jm ge-<lb/>
mach gehen/ und 3. zur Wendung incliniret. Ein<lb/>
Pferd &#x017F;oll aber nicht weiter oder &#x017F;chma&#x0364;ler auff der Er-<lb/>
den &#x017F;tehen/ oder &#x017F;einen Schritt &#x017F;etzen/ als ihm die Fu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e aus einem breiten oder &#x017F;chmalen Leib gewach&#x017F;en/ die<lb/>
Weite aber &#x017F;oll nach der Art Pferde fortge&#x017F;etzet wer-<lb/>
den/ welche La&#x017F;t tragen oder ziehen/ denn &#x017F;o weit ein<lb/>
&#x017F;olches La&#x017F;t-tragendes oder ziehendes Pferd &#x017F;eine<lb/>
Schritt mit Gewalt fortbringen/ und hierdurch das<lb/>
Hindertheil das vordere fort&#x017F;chieben kan:</p><lb/>
                  <p>So weit &#x017F;oll ein abgerichtetes Pferd &#x017F;eine unge-<lb/>
zwungene freye Schritt nach dem Willen und Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chafft &#x017F;etzen/ wann es anfa&#x0364;ngt zu gehen oder tra-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ben/</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0320] Neuer vollkommener beyderſeiten doch ſolcher Geſtalt/ daß die Groppa nicht ſo viel Erden faſſet oder uͤberſchreitet/ als die Bruſt/ alſo wechſelt man oben und unten/ durch hal- be und gantze Volten/ und verrichtet im Ruͤckweg eben das/ als im erſten avanziren ſerpegiando/ repeti- ret das offtmals/ und continuiret mit dieſer Lection nicht allein ſo lang/ biß das Pferd voͤllig Gehorſamb leiſtet/ ſondern/ daß es darauff wol beſtaͤtiget verblei- bet. Hierinn verwechſelt er nicht allein die Hand/ daß er den Anfang machet/ wie er zuvor den Schluß genom- men/ ſondern auch den Ort/ damit er nicht allein obe- dientiam und memoriam localem, ſondern auch uni- verſalem erhalte/ kehret/ auff Erhaltung ſeines Jn- tents/ ſo dann die Lection um/ und treibet durch Huͤlf- fe der Sporen ruͤckwerts umb/ daß die Groppa mehr Erden faſſen muß/ als die Bruſt. Wied erholet ſolches offtmals mit Repetirung der vorigen Lection Wechſelweiß/ und veraͤndert das Ort/ wie vor/ mit gantz und halben Volten/ und auff jeden bezeigenden Widerwillen/ laͤſſet er ihm den zu Fuß mit der langen Geiſel folgen und helffen/ oder nur ſich præſentiren/ dieſes Exercitz lehret die Pferde den Zaum/ Schenckel und Spießruth-Huͤlffe anzu- nehmen und erkennen zu lernen/ und dieſes alles in dem lebhafften Schritt. Nach welches genugſamer Beſtaͤtigung wird die- ſes alles in einem verkuͤrtzten ſtaͤten Trab angefangen/ gemittelt und fortgefahren/ biß man gleiche Geſchick- lichkeit/ Fertigkeit/ Willen und Gehorſam verſpuͤret/ und darinnen gnugſame Verſicherung erhalten. So dann wird dieſes alles zum drittenmahl in dem eingezogenen Galloppo verſuchet/ und ob es gleich im Anfang das Durchſchlieſſen in ſolcher Bezeigung nicht vollbringen koͤnte/ muß man ſich ſo lang mit dem Trab genuͤgen laſſen/ indem es nach galloppirter Volta die Volta wechſelt/ worzu ihm der Reuter mit allen darzu gehoͤrigen Mitteln helffen/ und ſo lang damit anhalten muß/ biß es in einer Action auch das Durchſchlieſſen vollbringen kan. Es ſoll ihm aber jederzeit im Durchſchlieſſen wol fortgeholffen und vorgeſehen werden/ daß es in dieſer Bezeigung niemahls ſtecken bleibe/ und ſo lang daſ- ſelbe noch zu ſpuͤhren oder nur zu vermuthen iſt/ ſoll man allein bey dieſer Lection beharren/ und ſich lie- ber damit deſto laͤnger auffhalten/ als auff falſchen Grund einige andere Unterweiſung bauen/ welche doch keinen Beſtand haben/ oder etwas gutes daraus erfolgen koͤnte/ weil an ſolcher Verſicherung des Reu- ters Leben und Geſundheit vornemblich haͤnget. Wie ſich aber in dieſer Ubung nichts mehr begie- bet/ als daß die Pferde in Verlaͤngerung der Arbeit aus der guten Geſtalt/ in die vorige falſche Poſturen fallen/ und zwar vornemblich und am meiſten den Kopff entweder zu tieff ſencken/ zu viel vorwerts oder herbey tragen/ den Halß ſtarren oder auff eine Sei- ten mehr als auff die andere verwenden/ den Leib von der Lini (worauff ſie geritten werden wollen) auff ein andere werffen/ traverſiren/ wann ſie gerad gehen/ ge- rad gehen/ wann ſie traverſiren ſollen/ ſich zuruͤck zie- hen oder ſtecken/ wann man ſie avanziren will: allen dieſen Fehlern kan zugleich durch das einige Mittel Rath geſchaffet und abgeholffen werden/ wann jeder- zeit die rechte Schenckel bey des lincken Zuͤgels Wen- dung/ alſo der lincke Schenckel bey dem rechten Zuͤ- gel/ mit allen ihren gebuͤhrlichen Huͤlffen und Corre- ctions-Mitteln/ mit zuruͤck gezogenem Leibs-Ge- wicht/ zugleich à tempo im Wechſel gebrauchet wer- den/ weil dieſelbe zugleich treiben/ avanziren/ richten und behalten koͤnnen. Wo ſich auch der Kopff mehr auff die lincke Sei- ten wendet/ und der Halß dabey auff die rechte aus- bieget/ ſo wird mit Verkuͤrtzung des rechten Zuͤgels ein tempo mit dem rechten Schenckel in einer Art Spornata gegeben/ daneben der Leib etwas auff die rechte Seiten getragen/ denn der Leib richtet ſich je- derzeit nach der Geſtalt des Halſes/ dabey muß man aber den lincken Zuͤgel nicht gaͤntzlich ledig laſſen/ ſon- dern (wiewol weniger als den rechten) bey ſich halten/ damit es den Kopff nicht zu viel auff die andere Hand folgen laſſe oder werſſe/ auff Verweigerung des Ge- horſams/ iſt eine Vermehrung anzuwenden/ und an ſtatt der Verkuͤrtzung des einen Zuͤgels eine Brigli- tata mit des Schenckels Straffe zugeben/ uñ dabey zu verſuchen/ ob man den Kopf gemach gewinnen moͤch- te/ wann man die eylfertigen Straffen zugleich ver- doppelt/ und in gleicher/ wie in ungleicher Zahl verſu- chet hat/ doch muß allzeit Anfang und Ende auff der Seiten gemachet werden/ wo ſich die Kruͤmme an dem Halß befindet. Drey Maniers-Linien/ Auff welcher jeden infonderheit/ und ins geſambt/ ſich ein abgerichtes Pferd in ſeiner Geſchickligkeit finden laſſen muß: Nach Beſchaffenheit des gantzen Pferdes guten Geſtalt/ ſonderlich aber des obern Theils wird ſich der Untertheil auch erweiſen und bezeigen koͤnnen/ die Schenckel an ihren gehoͤrigen Ort im Ste- hen/ Gehen/ Heben/ Halten und Fuͤh- ren/ Bringen und Se- tzen. I. Gerade Lini. AUf gerader Lini kan ein jedes Pferd ſeine Schen- ckel wiederum auf dreyerley Art ſetzen und gebrau- chen/ gantz ſtarck/ 1. im Stehen mit allen ſeinen Thei- len gleich auff einander und hinter einander. 2. Jm ge- mach gehen/ und 3. zur Wendung incliniret. Ein Pferd ſoll aber nicht weiter oder ſchmaͤler auff der Er- den ſtehen/ oder ſeinen Schritt ſetzen/ als ihm die Fuͤſ- ſe aus einem breiten oder ſchmalen Leib gewachſen/ die Weite aber ſoll nach der Art Pferde fortgeſetzet wer- den/ welche Laſt tragen oder ziehen/ denn ſo weit ein ſolches Laſt-tragendes oder ziehendes Pferd ſeine Schritt mit Gewalt fortbringen/ und hierdurch das Hindertheil das vordere fortſchieben kan: So weit ſoll ein abgerichtetes Pferd ſeine unge- zwungene freye Schritt nach dem Willen und Wiſ- ſenſchafft ſetzen/ wann es anfaͤngt zu gehen oder tra- ben/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/320
Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/320>, abgerufen am 22.11.2024.