Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie. sam und einfach verlaufende, sondern für beliebig complicirtephysikalische und chemische Prozesse, wenn nur am Schluss derselben in keinem Körper ausserhalb des Systems Verände- rungen zurückgeblieben sind. Auch darf man nicht glauben, dass die Entropie eines Gases nur für Gleichgewichtszustände Bedeutung hat. Denn so gut man in einer beliebig tumultu- arisch bewegten Gasmasse jedes hinreichend kleine Massentheil- chen als homogen und von bestimmter Temperatur annehmen kann, so muss man ihm auch nach (52) einen bestimmten Werth der Entropie zuschreiben, wobei dann M die Masse, v die reci- proke Dichte und th die Temperatur des Theilchens sind. Die Summirung über alle Massentheilchen, wobei v und th von Theil- chen zu Theilchen variiren können, ergibt dann die Entropie der ganzen Gasmasse in dem betr. Zustand, und der Satz bleibt bestehen, dass die Entropie des gesammten Gases bei irgend einer Zustandsänderung, z. B. beim Ausströmen aus einem Ge- fäss in ein Vakuum (§ 68) in jedem Augenblick zunehmen muss, falls in anderen Körpern keine Veränderungen eintreten. Die Geschwindigkeit der Gastheilchen hat, wie man sieht, gar keinen Einfluss auf den Werth der Entropie, ebensowenig wie die Höhe der als schwer gedachten Theilchen über einer bestimmten Horizontalebene. § 128. Die bisher für ideale Gase abgeleiteten Gesetze Wir denken uns mit einem beliebigen homogenen Körper, Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie. sam und einfach verlaufende, sondern für beliebig complicirtephysikalische und chemische Prozesse, wenn nur am Schluss derselben in keinem Körper ausserhalb des Systems Verände- rungen zurückgeblieben sind. Auch darf man nicht glauben, dass die Entropie eines Gases nur für Gleichgewichtszustände Bedeutung hat. Denn so gut man in einer beliebig tumultu- arisch bewegten Gasmasse jedes hinreichend kleine Massentheil- chen als homogen und von bestimmter Temperatur annehmen kann, so muss man ihm auch nach (52) einen bestimmten Werth der Entropie zuschreiben, wobei dann M die Masse, v die reci- proke Dichte und ϑ die Temperatur des Theilchens sind. Die Summirung über alle Massentheilchen, wobei v und ϑ von Theil- chen zu Theilchen variiren können, ergibt dann die Entropie der ganzen Gasmasse in dem betr. Zustand, und der Satz bleibt bestehen, dass die Entropie des gesammten Gases bei irgend einer Zustandsänderung, z. B. beim Ausströmen aus einem Ge- fäss in ein Vakuum (§ 68) in jedem Augenblick zunehmen muss, falls in anderen Körpern keine Veränderungen eintreten. Die Geschwindigkeit der Gastheilchen hat, wie man sieht, gar keinen Einfluss auf den Werth der Entropie, ebensowenig wie die Höhe der als schwer gedachten Theilchen über einer bestimmten Horizontalebene. § 128. Die bisher für ideale Gase abgeleiteten Gesetze Wir denken uns mit einem beliebigen homogenen Körper, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0104" n="88"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie.</hi></fw><lb/> sam und einfach verlaufende, sondern für beliebig complicirte<lb/> physikalische und chemische Prozesse, wenn nur am Schluss<lb/> derselben in keinem Körper ausserhalb des Systems Verände-<lb/> rungen zurückgeblieben sind. Auch darf man nicht glauben,<lb/> dass die Entropie eines Gases nur für Gleichgewichtszustände<lb/> Bedeutung hat. 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Die äusseren Wirkungen auf den Körper sollen in<lb/> Arbeitsleistung und in Wärmezufuhr oder -Abfuhr bestehen, welch<lb/> letztere durch eine beliebige Anzahl geeigneter Wärmebehälter<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [88/0104]
Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie.
sam und einfach verlaufende, sondern für beliebig complicirte
physikalische und chemische Prozesse, wenn nur am Schluss
derselben in keinem Körper ausserhalb des Systems Verände-
rungen zurückgeblieben sind. Auch darf man nicht glauben,
dass die Entropie eines Gases nur für Gleichgewichtszustände
Bedeutung hat. Denn so gut man in einer beliebig tumultu-
arisch bewegten Gasmasse jedes hinreichend kleine Massentheil-
chen als homogen und von bestimmter Temperatur annehmen
kann, so muss man ihm auch nach (52) einen bestimmten Werth
der Entropie zuschreiben, wobei dann M die Masse, v die reci-
proke Dichte und ϑ die Temperatur des Theilchens sind. Die
Summirung über alle Massentheilchen, wobei v und ϑ von Theil-
chen zu Theilchen variiren können, ergibt dann die Entropie
der ganzen Gasmasse in dem betr. Zustand, und der Satz bleibt
bestehen, dass die Entropie des gesammten Gases bei irgend
einer Zustandsänderung, z. B. beim Ausströmen aus einem Ge-
fäss in ein Vakuum (§ 68) in jedem Augenblick zunehmen muss,
falls in anderen Körpern keine Veränderungen eintreten. Die
Geschwindigkeit der Gastheilchen hat, wie man sieht, gar keinen
Einfluss auf den Werth der Entropie, ebensowenig wie die Höhe
der als schwer gedachten Theilchen über einer bestimmten
Horizontalebene.
§ 128. Die bisher für ideale Gase abgeleiteten Gesetze
lassen sich ganz in derselben Weise auch auf beliebige Sub-
stanzen übertragen, wobei der Hauptunterschied nur darin be-
steht, dass man den Ausdruck der Entropie für einen beliebigen
Körper im Allgemeinen nicht in endlichen Grössen hinschreiben
kann, weil die Zustandsgleichung nicht allgemein bekannt ist.
Doch lässt sich stets beweisen — und dies allein ist der ent-
scheidende Punkt — dass auch für beliebige andere Körper
eine Funktion mit den charakteristischen Eigenschaften der
Entropie wirklich existirt.
Wir denken uns mit einem beliebigen homogenen Körper,
von der Art, wie wir ihn § 67 ff. betrachtet haben, einen ge-
wissen, reversibeln oder irreversibeln, Kreisprozess ausgeführt,
der also den Körper genau in seinen Anfangszustand zurück-
bringt. Die äusseren Wirkungen auf den Körper sollen in
Arbeitsleistung und in Wärmezufuhr oder -Abfuhr bestehen, welch
letztere durch eine beliebige Anzahl geeigneter Wärmebehälter
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