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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie.

§ 57. Wenn die äussere Wirkung mechanischer Natur ist,
wenn sie z. B. in der Hebung eines Gewichts oder in der Ueber-
windung des Atmosphärendrucks oder in der Erzeugung leben-
diger Kraft besteht, so ist das mechanische Aequivalent der
hervorgebrachten äusseren Wirkung einfach gleich der mecha-
nischen Arbeit, welche die von dem System ausgeübte Kraft an
dem äusseren Körper (Gewicht, Atmosphäre, Geschoss) leistet,
positiv, wenn die Verschiebung in der Richtung der vom System
ausgeübten Kraft erfolgt, also wenn das Gewicht gehoben, die
Atmosphäre zurückgedrängt, das Geschoss fortgeschleudert wird;
im entgegengesetzten Falle negativ.

Wenn aber die äussere Wirkung thermischer Natur ist,
wenn sie also etwa in einer Erwärmung der umgebenden Körper
(Atmosphäre, calorimetrische Flüssigkeit) besteht, so ist das
mechanische Aequivalent dieser äusseren Wirkung gleich der
Anzahl Calorieen, welche in den umgebenden Körpern die näm-
liche Erwärmung bewirkt, multiplicirt noch mit einer absoluten,
nur von den Maasseinheiten der Wärmemenge und der mecha-
nischen Arbeit abhängigen Constanten, dem sogenannten mecha-
nischen Wärmeäquivalent. Dieser Satz erscheint hier nur als
Definition, er gewinnt aber einen thatsächlichen, an der Er-
fahrung zu prüfenden Inhalt durch das Princip der Erhaltung
der Energie.

§ 58. Das Princip der Erhaltung der Energie besagt,
und zwar allgemein und ausschliesslich, dass die Energie eines
Systems in einem gegebenen Zustand, bezogen auf einen be-
stimmten Normalzustand, einen ganz bestimmten Werth hat;
oder mit anderen Worten, wenn wir den Wortlaut der Definition
der Energie § 56 hier substituiren, dass die Summe der mecha-
nischen Aequivalente aller Wirkungen, die ausserhalb des
Systems hervorgebracht werden, wenn dasselbe auf irgend eine
Weise aus dem gegebenen Zustand in den Normalzustand über-
geht, unabhängig ist von der Art des Ueberganges. Das System
verursacht also beim Uebergang in den Normalzustand eine ganz
bestimmte Summe mechanisch gemessener Wirkungen, und diese
Summe -- auch der "Arbeitswerth" der äusseren Wirkungen
genannt -- stellt eben die Energie des Systems dar.

§ 59. Die Gültigkeit des Energieprincips in der Natur
lässt sich also an der Erfahrung dadurch prüfen, dass man ein

Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie.

§ 57. Wenn die äussere Wirkung mechanischer Natur ist,
wenn sie z. B. in der Hebung eines Gewichts oder in der Ueber-
windung des Atmosphärendrucks oder in der Erzeugung leben-
diger Kraft besteht, so ist das mechanische Aequivalent der
hervorgebrachten äusseren Wirkung einfach gleich der mecha-
nischen Arbeit, welche die von dem System ausgeübte Kraft an
dem äusseren Körper (Gewicht, Atmosphäre, Geschoss) leistet,
positiv, wenn die Verschiebung in der Richtung der vom System
ausgeübten Kraft erfolgt, also wenn das Gewicht gehoben, die
Atmosphäre zurückgedrängt, das Geschoss fortgeschleudert wird;
im entgegengesetzten Falle negativ.

Wenn aber die äussere Wirkung thermischer Natur ist,
wenn sie also etwa in einer Erwärmung der umgebenden Körper
(Atmosphäre, calorimetrische Flüssigkeit) besteht, so ist das
mechanische Aequivalent dieser äusseren Wirkung gleich der
Anzahl Calorieen, welche in den umgebenden Körpern die näm-
liche Erwärmung bewirkt, multiplicirt noch mit einer absoluten,
nur von den Maasseinheiten der Wärmemenge und der mecha-
nischen Arbeit abhängigen Constanten, dem sogenannten mecha-
nischen Wärmeäquivalent. Dieser Satz erscheint hier nur als
Definition, er gewinnt aber einen thatsächlichen, an der Er-
fahrung zu prüfenden Inhalt durch das Princip der Erhaltung
der Energie.

§ 58. Das Princip der Erhaltung der Energie besagt,
und zwar allgemein und ausschliesslich, dass die Energie eines
Systems in einem gegebenen Zustand, bezogen auf einen be-
stimmten Normalzustand, einen ganz bestimmten Werth hat;
oder mit anderen Worten, wenn wir den Wortlaut der Definition
der Energie § 56 hier substituiren, dass die Summe der mecha-
nischen Aequivalente aller Wirkungen, die ausserhalb des
Systems hervorgebracht werden, wenn dasselbe auf irgend eine
Weise aus dem gegebenen Zustand in den Normalzustand über-
geht, unabhängig ist von der Art des Ueberganges. Das System
verursacht also beim Uebergang in den Normalzustand eine ganz
bestimmte Summe mechanisch gemessener Wirkungen, und diese
Summe — auch der „Arbeitswerth“ der äusseren Wirkungen
genannt — stellt eben die Energie des Systems dar.

§ 59. Die Gültigkeit des Energieprincips in der Natur
lässt sich also an der Erfahrung dadurch prüfen, dass man ein

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[36/0052] Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie. § 57. Wenn die äussere Wirkung mechanischer Natur ist, wenn sie z. B. in der Hebung eines Gewichts oder in der Ueber- windung des Atmosphärendrucks oder in der Erzeugung leben- diger Kraft besteht, so ist das mechanische Aequivalent der hervorgebrachten äusseren Wirkung einfach gleich der mecha- nischen Arbeit, welche die von dem System ausgeübte Kraft an dem äusseren Körper (Gewicht, Atmosphäre, Geschoss) leistet, positiv, wenn die Verschiebung in der Richtung der vom System ausgeübten Kraft erfolgt, also wenn das Gewicht gehoben, die Atmosphäre zurückgedrängt, das Geschoss fortgeschleudert wird; im entgegengesetzten Falle negativ. Wenn aber die äussere Wirkung thermischer Natur ist, wenn sie also etwa in einer Erwärmung der umgebenden Körper (Atmosphäre, calorimetrische Flüssigkeit) besteht, so ist das mechanische Aequivalent dieser äusseren Wirkung gleich der Anzahl Calorieen, welche in den umgebenden Körpern die näm- liche Erwärmung bewirkt, multiplicirt noch mit einer absoluten, nur von den Maasseinheiten der Wärmemenge und der mecha- nischen Arbeit abhängigen Constanten, dem sogenannten mecha- nischen Wärmeäquivalent. Dieser Satz erscheint hier nur als Definition, er gewinnt aber einen thatsächlichen, an der Er- fahrung zu prüfenden Inhalt durch das Princip der Erhaltung der Energie. § 58. Das Princip der Erhaltung der Energie besagt, und zwar allgemein und ausschliesslich, dass die Energie eines Systems in einem gegebenen Zustand, bezogen auf einen be- stimmten Normalzustand, einen ganz bestimmten Werth hat; oder mit anderen Worten, wenn wir den Wortlaut der Definition der Energie § 56 hier substituiren, dass die Summe der mecha- nischen Aequivalente aller Wirkungen, die ausserhalb des Systems hervorgebracht werden, wenn dasselbe auf irgend eine Weise aus dem gegebenen Zustand in den Normalzustand über- geht, unabhängig ist von der Art des Ueberganges. Das System verursacht also beim Uebergang in den Normalzustand eine ganz bestimmte Summe mechanisch gemessener Wirkungen, und diese Summe — auch der „Arbeitswerth“ der äusseren Wirkungen genannt — stellt eben die Energie des Systems dar. § 59. Die Gültigkeit des Energieprincips in der Natur lässt sich also an der Erfahrung dadurch prüfen, dass man ein

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/52>, abgerufen am 24.11.2024.