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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Allgemeine Formulirung.
System aus einem bestimmten Zustand auf verschiedene Weisen
in einen zweiten, hier als Normalzustand zu bezeichnenden, Zu-
stand bringt und nun untersucht, ob die dabei jedesmal auf-
tretenden mechanischen Aequivalente der äusseren Wirkungen
in allen Fällen die gleiche Summe ergeben. Dabei ist aber
besonders darauf zu achten, dass das System in allen verglichenen
Fällen auch wirklich von dem nämlichen Anfangszustand aus-
geht und in den nämlichen Endzustand übergeführt wird, und
dass von den äusseren Wirkungen keine übersehen und keine
doppelt in Anschlag gebracht wird.

§ 60. Als erste Anwendung besprechen wir die berühmten
Versuche von Joule. Derselbe verglich die äusseren Wirkungen,
die entstehen, wenn gewisse Gewichte beim Herabsinken um eine
gewisse Höhe einmal nur mechanische Arbeit hervorbringen
(z. B. Hebung einer Last), ein anderes Mal mittelst geeigneter
Vorrichtungen durch Reibung Wärme erzeugen. Hiebei kann
man die Anfangs- und die Endruhelage der Gewichte als ersten
und zweiten Zustand des Systems, die erzeugte Arbeit und die
erzeugte Wärme als äussere Wirkungen betrachten. Im ersten
Falle, wo durch das Herabsinken der Gewichte nur mechanische
Arbeit erzeugt wird, ist die Berechnung des mechanischen
Aequivalents der äusseren Wirkungen einfach und erfordert
keinen besonderen Versuch: es ist nach den Gesetzen der
Mechanik immer das Produkt der Schwere der Gewichte und
der durchfallenen Höhe. Im zweiten Falle ist eine genaue
Messung der Temperaturerhöhung erforderlich, welche die ge-
riebenen umgebenden Körper (Wasser, Quecksilber) erleiden, so-
wie deren Wärmecapacität, um daraus die Anzahl Calorieen be-
stimmen zu können, welche in ihnen die nämliche Temperatur-
erhöhung bewirkt. Dabei kommt es natürlich garnicht darauf
an, welche Vorstellungen man sich über den Vorgang der Wärme-
erzeugung durch Reibung im Einzelnen macht, sowie über den
Verbleib der in den geriebenen Körpern erzeugten Wärme,
sondern einzig und allein darauf, dass der durch Reibung in
der betr. Flüssigkeit hervorgerufene Zustand identisch ist mit
einem, der durch Zuführung einer bestimmten Anzahl Calorieen
herbeigeführt werden kann.

Indem nun Joule die dem Fall der Gewichte entsprechende
mechanische Arbeit gleichsetzte dem mechanischen Aequivalent

Allgemeine Formulirung.
System aus einem bestimmten Zustand auf verschiedene Weisen
in einen zweiten, hier als Normalzustand zu bezeichnenden, Zu-
stand bringt und nun untersucht, ob die dabei jedesmal auf-
tretenden mechanischen Aequivalente der äusseren Wirkungen
in allen Fällen die gleiche Summe ergeben. Dabei ist aber
besonders darauf zu achten, dass das System in allen verglichenen
Fällen auch wirklich von dem nämlichen Anfangszustand aus-
geht und in den nämlichen Endzustand übergeführt wird, und
dass von den äusseren Wirkungen keine übersehen und keine
doppelt in Anschlag gebracht wird.

§ 60. Als erste Anwendung besprechen wir die berühmten
Versuche von Joule. Derselbe verglich die äusseren Wirkungen,
die entstehen, wenn gewisse Gewichte beim Herabsinken um eine
gewisse Höhe einmal nur mechanische Arbeit hervorbringen
(z. B. Hebung einer Last), ein anderes Mal mittelst geeigneter
Vorrichtungen durch Reibung Wärme erzeugen. Hiebei kann
man die Anfangs- und die Endruhelage der Gewichte als ersten
und zweiten Zustand des Systems, die erzeugte Arbeit und die
erzeugte Wärme als äussere Wirkungen betrachten. Im ersten
Falle, wo durch das Herabsinken der Gewichte nur mechanische
Arbeit erzeugt wird, ist die Berechnung des mechanischen
Aequivalents der äusseren Wirkungen einfach und erfordert
keinen besonderen Versuch: es ist nach den Gesetzen der
Mechanik immer das Produkt der Schwere der Gewichte und
der durchfallenen Höhe. Im zweiten Falle ist eine genaue
Messung der Temperaturerhöhung erforderlich, welche die ge-
riebenen umgebenden Körper (Wasser, Quecksilber) erleiden, so-
wie deren Wärmecapacität, um daraus die Anzahl Calorieen be-
stimmen zu können, welche in ihnen die nämliche Temperatur-
erhöhung bewirkt. Dabei kommt es natürlich garnicht darauf
an, welche Vorstellungen man sich über den Vorgang der Wärme-
erzeugung durch Reibung im Einzelnen macht, sowie über den
Verbleib der in den geriebenen Körpern erzeugten Wärme,
sondern einzig und allein darauf, dass der durch Reibung in
der betr. Flüssigkeit hervorgerufene Zustand identisch ist mit
einem, der durch Zuführung einer bestimmten Anzahl Calorieen
herbeigeführt werden kann.

Indem nun Joule die dem Fall der Gewichte entsprechende
mechanische Arbeit gleichsetzte dem mechanischen Aequivalent

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[37/0053] Allgemeine Formulirung. System aus einem bestimmten Zustand auf verschiedene Weisen in einen zweiten, hier als Normalzustand zu bezeichnenden, Zu- stand bringt und nun untersucht, ob die dabei jedesmal auf- tretenden mechanischen Aequivalente der äusseren Wirkungen in allen Fällen die gleiche Summe ergeben. Dabei ist aber besonders darauf zu achten, dass das System in allen verglichenen Fällen auch wirklich von dem nämlichen Anfangszustand aus- geht und in den nämlichen Endzustand übergeführt wird, und dass von den äusseren Wirkungen keine übersehen und keine doppelt in Anschlag gebracht wird. § 60. Als erste Anwendung besprechen wir die berühmten Versuche von Joule. Derselbe verglich die äusseren Wirkungen, die entstehen, wenn gewisse Gewichte beim Herabsinken um eine gewisse Höhe einmal nur mechanische Arbeit hervorbringen (z. B. Hebung einer Last), ein anderes Mal mittelst geeigneter Vorrichtungen durch Reibung Wärme erzeugen. Hiebei kann man die Anfangs- und die Endruhelage der Gewichte als ersten und zweiten Zustand des Systems, die erzeugte Arbeit und die erzeugte Wärme als äussere Wirkungen betrachten. Im ersten Falle, wo durch das Herabsinken der Gewichte nur mechanische Arbeit erzeugt wird, ist die Berechnung des mechanischen Aequivalents der äusseren Wirkungen einfach und erfordert keinen besonderen Versuch: es ist nach den Gesetzen der Mechanik immer das Produkt der Schwere der Gewichte und der durchfallenen Höhe. Im zweiten Falle ist eine genaue Messung der Temperaturerhöhung erforderlich, welche die ge- riebenen umgebenden Körper (Wasser, Quecksilber) erleiden, so- wie deren Wärmecapacität, um daraus die Anzahl Calorieen be- stimmen zu können, welche in ihnen die nämliche Temperatur- erhöhung bewirkt. Dabei kommt es natürlich garnicht darauf an, welche Vorstellungen man sich über den Vorgang der Wärme- erzeugung durch Reibung im Einzelnen macht, sowie über den Verbleib der in den geriebenen Körpern erzeugten Wärme, sondern einzig und allein darauf, dass der durch Reibung in der betr. Flüssigkeit hervorgerufene Zustand identisch ist mit einem, der durch Zuführung einer bestimmten Anzahl Calorieen herbeigeführt werden kann. Indem nun Joule die dem Fall der Gewichte entsprechende mechanische Arbeit gleichsetzte dem mechanischen Aequivalent

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/53>, abgerufen am 24.11.2024.