Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Sirmio.
Ja, das will ich glauben, jeder diebische, geheime Kniff.
Schmuhl.
Sey Er nicht so grob, erheb' Er Seine Seele zum Begriff!
Sirmio.
Moses sagt: Du sollst nicht stehlen, oder du empfängst den Lohn!
Schmuhl.
War das Moses aus Aegypten oder Moses Mendelsohn?
Sirmio.
Foppt Er mich?
Damon.
Des Juden Stimme hab' ich irgendwo gehört.
Sirmio.
Nur herunter mit dem Schnappsack!
Schmuhl.
Laß Er ziehn mich ungestört!
Sirmio.
Was ist d'rin? Es klirrt und klappert?
Schmuhl.
Talismane mancher Art,
Raritäten, die auf Reisen ich gesammelt und erspart:
Ein'ge Wiener Leckerbissen, Katechismen aus Turin,
Aus Morea Griechenschädel, und Scholastik aus Berlin.
Sirmio.
Alle diese Dinge wären keinen halben Batzen werth,
Nimmer glaub' ich, daß ein Jude sich mit solchem Zeug beschwert.
Zwar die Leckerei'n begreif' ich: der nur ist ein großer Mann,
Der vom Himmel nichts erbittet -- außer was man essen kann!
Von den Katechismen schweig' ich: denn der Glaube gilt für blind,
Und die Pfaffen necke keiner, weil sie unversöhnlich sind.
Aber sag' Er, was mit Seinen Griechenschädeln soll geschehn?
Sirmio.
Ja, das will ich glauben, jeder diebiſche, geheime Kniff.
Schmuhl.
Sey Er nicht ſo grob, erheb' Er Seine Seele zum Begriff!
Sirmio.
Moſes ſagt: Du ſollſt nicht ſtehlen, oder du empfaͤngſt den Lohn!
Schmuhl.
War das Moſes aus Aegypten oder Moſes Mendelſohn?
Sirmio.
Foppt Er mich?
Damon.
Des Juden Stimme hab' ich irgendwo gehoͤrt.
Sirmio.
Nur herunter mit dem Schnappſack!
Schmuhl.
Laß Er ziehn mich ungeſtoͤrt!
Sirmio.
Was iſt d'rin? Es klirrt und klappert?
Schmuhl.
Talismane mancher Art,
Raritaͤten, die auf Reiſen ich geſammelt und erſpart:
Ein'ge Wiener Leckerbiſſen, Katechismen aus Turin,
Aus Morea Griechenſchaͤdel, und Scholaſtik aus Berlin.
Sirmio.
Alle dieſe Dinge waͤren keinen halben Batzen werth,
Nimmer glaub' ich, daß ein Jude ſich mit ſolchem Zeug beſchwert.
Zwar die Leckerei'n begreif' ich: der nur iſt ein großer Mann,
Der vom Himmel nichts erbittet — außer was man eſſen kann!
Von den Katechismen ſchweig' ich: denn der Glaube gilt fuͤr blind,
Und die Pfaffen necke keiner, weil ſie unverſoͤhnlich ſind.
Aber ſag' Er, was mit Seinen Griechenſchaͤdeln ſoll geſchehn?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0016" n="10"/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ja, das will ich glauben, jeder diebi&#x017F;che, geheime Kniff.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Schmuhl</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Sey Er nicht &#x017F;o grob, erheb' Er Seine Seele zum Begriff!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Mo&#x017F;es &#x017F;agt: Du &#x017F;oll&#x017F;t nicht &#x017F;tehlen, oder du empfa&#x0364;ng&#x017F;t den Lohn!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Schmuhl</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>War das Mo&#x017F;es aus Aegypten oder Mo&#x017F;es Mendel&#x017F;ohn?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Foppt Er mich?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#DAM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Damon</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Des Juden Stimme hab' ich irgendwo geho&#x0364;rt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Nur herunter mit dem Schnapp&#x017F;ack!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Schmuhl</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Laß Er ziehn mich unge&#x017F;to&#x0364;rt!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Was i&#x017F;t d'rin? Es klirrt und klappert?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Schmuhl</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Talismane mancher Art,<lb/>
Rarita&#x0364;ten, die auf Rei&#x017F;en ich ge&#x017F;ammelt und er&#x017F;part:<lb/>
Ein'ge Wiener Leckerbi&#x017F;&#x017F;en, Katechismen aus Turin,<lb/>
Aus Morea Griechen&#x017F;cha&#x0364;del, und Schola&#x017F;tik aus Berlin.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Alle die&#x017F;e Dinge wa&#x0364;ren keinen halben Batzen werth,<lb/>
Nimmer glaub' ich, daß ein Jude &#x017F;ich mit &#x017F;olchem Zeug be&#x017F;chwert.<lb/>
Zwar die Leckerei'n begreif' ich: der nur i&#x017F;t ein großer Mann,<lb/>
Der vom Himmel nichts erbittet &#x2014; außer was man e&#x017F;&#x017F;en kann!<lb/>
Von den Katechismen &#x017F;chweig' ich: denn der Glaube gilt fu&#x0364;r blind,<lb/>
Und die Pfaffen necke keiner, weil &#x017F;ie unver&#x017F;o&#x0364;hnlich &#x017F;ind.<lb/>
Aber &#x017F;ag' Er, was mit Seinen Griechen&#x017F;cha&#x0364;deln &#x017F;oll ge&#x017F;chehn?</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0016] Sirmio. Ja, das will ich glauben, jeder diebiſche, geheime Kniff. Schmuhl. Sey Er nicht ſo grob, erheb' Er Seine Seele zum Begriff! Sirmio. Moſes ſagt: Du ſollſt nicht ſtehlen, oder du empfaͤngſt den Lohn! Schmuhl. War das Moſes aus Aegypten oder Moſes Mendelſohn? Sirmio. Foppt Er mich? Damon. Des Juden Stimme hab' ich irgendwo gehoͤrt. Sirmio. Nur herunter mit dem Schnappſack! Schmuhl. Laß Er ziehn mich ungeſtoͤrt! Sirmio. Was iſt d'rin? Es klirrt und klappert? Schmuhl. Talismane mancher Art, Raritaͤten, die auf Reiſen ich geſammelt und erſpart: Ein'ge Wiener Leckerbiſſen, Katechismen aus Turin, Aus Morea Griechenſchaͤdel, und Scholaſtik aus Berlin. Sirmio. Alle dieſe Dinge waͤren keinen halben Batzen werth, Nimmer glaub' ich, daß ein Jude ſich mit ſolchem Zeug beſchwert. Zwar die Leckerei'n begreif' ich: der nur iſt ein großer Mann, Der vom Himmel nichts erbittet — außer was man eſſen kann! Von den Katechismen ſchweig' ich: denn der Glaube gilt fuͤr blind, Und die Pfaffen necke keiner, weil ſie unverſoͤhnlich ſind. Aber ſag' Er, was mit Seinen Griechenſchaͤdeln ſoll geſchehn?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826/16
Zitationshilfe: Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826/16>, abgerufen am 23.11.2024.