Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.
Mit denen, die just drei Jahr alt sind, Treibt er den Euklid und die Regel de Tri, Ja, Einem, der kaum noch den Fallhut trägt, Lehrt er das Gesetz vom beschleunigten Fall, Und mit Einem, der noch in die Windel hofirt, Liest er im Virgil der Harpy'n Unart. Kurz alle gedenkt er nach Deutschland einst Zu verhandeln, um dort Professores zu seyn Im sechsten bereits oder siebenten Jahr, Als zwölf Karl Witte die jüngsten! Phyllis, Mopsus. Mopsus. Deklamirst du hier im Hofe? Geh hinein zu deinen Kindern! Phyllis. Hier im Mondenschein zu schwärmen, soll mich kein Ge- mahl verhindern. Mopsus. Doch es hindert dich der Bullenbeißer, und vom Dach der Kater. Phyllis. Dennoch will ich deklamiren; denn die Welt ist ein Theater. Mopsus. Aber das Theater selber, ist es zur Türkei geworden, Denn, wo sonst Heroen schritten, tummeln sich Barbaren- horden? Phyllis. Stille, stille! lerne lieber nach des Pöbels Pfeife tanzen, Und verehre tief im Staube den Geschmack der Intendanzen! Mopsus. Freilich! Intendanten machen sich das Schlechteste zu Nutze, Denn das Gute hilft sich selber, das entzieht sich ihrem Schutze.
Mit denen, die juſt drei Jahr alt ſind, Treibt er den Euklid und die Regel de Tri, Ja, Einem, der kaum noch den Fallhut traͤgt, Lehrt er das Geſetz vom beſchleunigten Fall, Und mit Einem, der noch in die Windel hofirt, Liest er im Virgil der Harpy'n Unart. Kurz alle gedenkt er nach Deutſchland einſt Zu verhandeln, um dort Profeſſores zu ſeyn Im ſechsten bereits oder ſiebenten Jahr, Als zwoͤlf Karl Witte die juͤngſten! Phyllis, Mopſus. Mopſus. Deklamirſt du hier im Hofe? Geh hinein zu deinen Kindern! Phyllis. Hier im Mondenſchein zu ſchwaͤrmen, ſoll mich kein Ge- mahl verhindern. Mopſus. Doch es hindert dich der Bullenbeißer, und vom Dach der Kater. Phyllis. Dennoch will ich deklamiren; denn die Welt iſt ein Theater. Mopſus. Aber das Theater ſelber, iſt es zur Tuͤrkei geworden, Denn, wo ſonſt Heroen ſchritten, tummeln ſich Barbaren- horden? Phyllis. Stille, ſtille! lerne lieber nach des Poͤbels Pfeife tanzen, Und verehre tief im Staube den Geſchmack der Intendanzen! Mopſus. Freilich! Intendanten machen ſich das Schlechteſte zu Nutze, Denn das Gute hilft ſich ſelber, das entzieht ſich ihrem Schutze. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#PHY"> <p><pb facs="#f0046" n="40"/> Mit denen, die juſt drei Jahr alt ſind,<lb/> Treibt er den Euklid und die Regel de Tri,<lb/> Ja, Einem, der kaum noch den Fallhut traͤgt,<lb/> Lehrt er das Geſetz vom beſchleunigten Fall,<lb/> Und mit Einem, der noch in die Windel hofirt,<lb/> Liest er im Virgil der Harpy'n Unart.<lb/> Kurz alle gedenkt er nach Deutſchland einſt<lb/> Zu verhandeln, um dort Profeſſores zu ſeyn<lb/> Im ſechsten bereits oder ſiebenten Jahr,<lb/> Als zwoͤlf Karl Witte die juͤngſten!</p> </sp><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Phyllis, Mopſus</hi>.</hi> </stage><lb/> <sp who="#MOP"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Mopſus</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Deklamirſt du hier im Hofe? Geh hinein zu deinen Kindern!</p> </sp><lb/> <sp who="#PHY"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Phyllis</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Hier im Mondenſchein zu ſchwaͤrmen, ſoll mich kein Ge-<lb/> mahl verhindern.</p> </sp><lb/> <sp who="#MOP"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Mopſus</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Doch es hindert dich der Bullenbeißer, und vom Dach der Kater.</p> </sp><lb/> <sp who="#PHY"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Phyllis</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Dennoch will ich deklamiren; denn die Welt iſt ein Theater.</p> </sp><lb/> <sp who="#MOP"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Mopſus</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Aber das Theater ſelber, iſt es zur Tuͤrkei geworden,<lb/> Denn, wo ſonſt Heroen ſchritten, tummeln ſich Barbaren-<lb/> horden?</p> </sp><lb/> <sp who="#PHY"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Phyllis</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Stille, ſtille! lerne lieber nach des Poͤbels Pfeife tanzen,<lb/> Und verehre tief im Staube den Geſchmack der Intendanzen!</p> </sp><lb/> <sp who="#MOP"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Mopſus</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Freilich! Intendanten machen ſich das Schlechteſte zu Nutze,<lb/> Denn das Gute hilft ſich ſelber, das entzieht ſich ihrem Schutze.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0046]
Mit denen, die juſt drei Jahr alt ſind,
Treibt er den Euklid und die Regel de Tri,
Ja, Einem, der kaum noch den Fallhut traͤgt,
Lehrt er das Geſetz vom beſchleunigten Fall,
Und mit Einem, der noch in die Windel hofirt,
Liest er im Virgil der Harpy'n Unart.
Kurz alle gedenkt er nach Deutſchland einſt
Zu verhandeln, um dort Profeſſores zu ſeyn
Im ſechsten bereits oder ſiebenten Jahr,
Als zwoͤlf Karl Witte die juͤngſten!
Phyllis, Mopſus.
Mopſus.
Deklamirſt du hier im Hofe? Geh hinein zu deinen Kindern!
Phyllis.
Hier im Mondenſchein zu ſchwaͤrmen, ſoll mich kein Ge-
mahl verhindern.
Mopſus.
Doch es hindert dich der Bullenbeißer, und vom Dach der Kater.
Phyllis.
Dennoch will ich deklamiren; denn die Welt iſt ein Theater.
Mopſus.
Aber das Theater ſelber, iſt es zur Tuͤrkei geworden,
Denn, wo ſonſt Heroen ſchritten, tummeln ſich Barbaren-
horden?
Phyllis.
Stille, ſtille! lerne lieber nach des Poͤbels Pfeife tanzen,
Und verehre tief im Staube den Geſchmack der Intendanzen!
Mopſus.
Freilich! Intendanten machen ſich das Schlechteſte zu Nutze,
Denn das Gute hilft ſich ſelber, das entzieht ſich ihrem Schutze.
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