Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.Fünfter Akt. Saal im Gasthof zur Gabel. Der Wirth, (allein). Verdächtig kommt mir diese fremde Lady vor, Die nie den Schleier lüftet und so wenig spricht. Reich mag sie seyn, nach Allem, was der Diener sagt, Steinreich; doch eine Fledermaus an Häßlichkeit, Wenn nicht was Fürchterlich'res noch dahintersteckt, Man hat Exempel in der Zeit, daß Affen selbst Auf Reisen gingen, Urangutangs ihren Geist Ausbildeten und hie und da schriftstellerten. Doch bergen Solche mit Bedacht ihr Angesicht, Und bleiben stets, wie Recensenten, anonym. Vielleicht auch ist die Lady die berüchtigte Prinzessin mit dem Schweinerüssel, welche sich Vormals in Deutschland sehen ließ, wiewohl man glaubt, Daß eine blos symbolische Person sie war, Des deutschen Nationalgeschmacks Versinnlichung; Denn blos Gemeines nutzt sich ab in der Hand des Volks, Wie würde gäng und gäbe das Erhabene? Auch fällt noch eine dritte Möglichkeit mir ein: Vielleicht, daß einst der guten Lady Mutter sich An Herrn von X versehen hat, und hinter drein Fuͤnfter Akt. Saal im Gaſthof zur Gabel. Der Wirth, (allein). Verdaͤchtig kommt mir dieſe fremde Lady vor, Die nie den Schleier luͤftet und ſo wenig ſpricht. Reich mag ſie ſeyn, nach Allem, was der Diener ſagt, Steinreich; doch eine Fledermaus an Haͤßlichkeit, Wenn nicht was Fuͤrchterlich'res noch dahinterſteckt, Man hat Exempel in der Zeit, daß Affen ſelbſt Auf Reiſen gingen, Urangutangs ihren Geiſt Ausbildeten und hie und da ſchriftſtellerten. Doch bergen Solche mit Bedacht ihr Angeſicht, Und bleiben ſtets, wie Recenſenten, anonym. Vielleicht auch iſt die Lady die beruͤchtigte Prinzeſſin mit dem Schweineruͤſſel, welche ſich Vormals in Deutſchland ſehen ließ, wiewohl man glaubt, Daß eine blos ſymboliſche Perſon ſie war, Des deutſchen Nationalgeſchmacks Verſinnlichung; Denn blos Gemeines nutzt ſich ab in der Hand des Volks, Wie wuͤrde gaͤng und gaͤbe das Erhabene? Auch faͤllt noch eine dritte Moͤglichkeit mir ein: Vielleicht, daß einſt der guten Lady Mutter ſich An Herrn von X verſehen hat, und hinter drein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0079" n="[73]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Fuͤnfter Akt</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Saal im Gaſthof zur Gabel</hi>.</hi> </stage><lb/> <sp who="#WIRTH"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Wirth</hi>,</hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(allein).</hi> </stage><lb/> <p>Verdaͤchtig kommt mir dieſe fremde Lady vor,<lb/> Die nie den Schleier luͤftet und ſo wenig ſpricht.<lb/> Reich mag ſie ſeyn, nach Allem, was der Diener ſagt,<lb/> Steinreich; doch eine Fledermaus an Haͤßlichkeit,<lb/> Wenn nicht was Fuͤrchterlich'res noch dahinterſteckt,<lb/> Man hat Exempel in der Zeit, daß Affen ſelbſt<lb/> Auf Reiſen gingen, Urangutangs ihren Geiſt<lb/> Ausbildeten und hie und da ſchriftſtellerten.<lb/> Doch bergen Solche mit Bedacht ihr Angeſicht,<lb/> Und bleiben ſtets, wie Recenſenten, anonym.<lb/> Vielleicht auch iſt die Lady die beruͤchtigte<lb/> Prinzeſſin mit dem Schweineruͤſſel, welche ſich<lb/> Vormals in Deutſchland ſehen ließ, wiewohl man glaubt,<lb/> Daß eine blos ſymboliſche Perſon ſie war,<lb/> Des deutſchen Nationalgeſchmacks Verſinnlichung;<lb/> Denn blos Gemeines nutzt ſich ab in der Hand des Volks,<lb/> Wie wuͤrde gaͤng und gaͤbe das Erhabene?<lb/> Auch faͤllt noch eine dritte Moͤglichkeit mir ein:<lb/> Vielleicht, daß einſt der guten Lady Mutter ſich<lb/> An Herrn von X verſehen hat, und hinter drein<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[73]/0079]
Fuͤnfter Akt.
Saal im Gaſthof zur Gabel.
Der Wirth, (allein).
Verdaͤchtig kommt mir dieſe fremde Lady vor,
Die nie den Schleier luͤftet und ſo wenig ſpricht.
Reich mag ſie ſeyn, nach Allem, was der Diener ſagt,
Steinreich; doch eine Fledermaus an Haͤßlichkeit,
Wenn nicht was Fuͤrchterlich'res noch dahinterſteckt,
Man hat Exempel in der Zeit, daß Affen ſelbſt
Auf Reiſen gingen, Urangutangs ihren Geiſt
Ausbildeten und hie und da ſchriftſtellerten.
Doch bergen Solche mit Bedacht ihr Angeſicht,
Und bleiben ſtets, wie Recenſenten, anonym.
Vielleicht auch iſt die Lady die beruͤchtigte
Prinzeſſin mit dem Schweineruͤſſel, welche ſich
Vormals in Deutſchland ſehen ließ, wiewohl man glaubt,
Daß eine blos ſymboliſche Perſon ſie war,
Des deutſchen Nationalgeſchmacks Verſinnlichung;
Denn blos Gemeines nutzt ſich ab in der Hand des Volks,
Wie wuͤrde gaͤng und gaͤbe das Erhabene?
Auch faͤllt noch eine dritte Moͤglichkeit mir ein:
Vielleicht, daß einſt der guten Lady Mutter ſich
An Herrn von X verſehen hat, und hinter drein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |