Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.Aber dies Lied gleicht dem verrirrenden Waidmann; Nach¬ tigall- Ton lockt hinweg sein Herz von des Wildes Verfolgung: Ohne Pfad schweift rings in Gebüsch, in Gefild, Laub¬ wälder und Felsen entlang er; Endlich verscheucht der Gebirgsschlucht Wasserfall Jeden Gesang und den Traum Des Gemüths ihm. Wieder sucht Seinen Jagdweg Jener auf. Selig, Wem Thatkraft und behaglichen Sinn leiht Gegen¬ wart, Wer neu sich selbst fühlt, Neues zu bilden bedacht ist, Wem das Daseyn ewig erscheint, und der Tod selbst eine Despotenerfindung, Deren Gedanke des Glücks Pulsschläge hemmt: Gerne verläßt er und froh, Kapitol, dein Schattenreich, Eure Pracht, Kirchhöfe Roms! Lenz des Erdballs! Parthenopäische Flur! Stets neue
Stadt! Aufnimm den Freund, geuß rauschende Buchten umher ihm, Denen einst (urweltliche Fabel erzählt's) wollüstig ent¬ stiegen die Schönheit, Myrten der Küste, des Fluthschaums Blum' im Haar; Aber es reichte, sobald Sie an's Land stieg, Bacchus auch Seines Weinlaubs Thyrsus ihr! Aber dies Lied gleicht dem verrirrenden Waidmann; Nach¬ tigall- Ton lockt hinweg ſein Herz von des Wildes Verfolgung: Ohne Pfad ſchweift rings in Gebuͤſch, in Gefild, Laub¬ waͤlder und Felſen entlang er; Endlich verſcheucht der Gebirgsſchlucht Waſſerfall Jeden Geſang und den Traum Des Gemuͤths ihm. Wieder ſucht Seinen Jagdweg Jener auf. Selig, Wem Thatkraft und behaglichen Sinn leiht Gegen¬ wart, Wer neu ſich ſelbſt fuͤhlt, Neues zu bilden bedacht iſt, Wem das Daſeyn ewig erſcheint, und der Tod ſelbſt eine Deſpotenerfindung, Deren Gedanke des Gluͤcks Pulsſchlaͤge hemmt: Gerne verlaͤßt er und froh, Kapitol, dein Schattenreich, Eure Pracht, Kirchhoͤfe Roms! Lenz des Erdballs! Parthenopaͤiſche Flur! Stets neue
Stadt! Aufnimm den Freund, geuß rauſchende Buchten umher ihm, Denen einſt (urweltliche Fabel erzaͤhlt's) wolluͤſtig ent¬ ſtiegen die Schoͤnheit, Myrten der Kuͤſte, des Fluthſchaums Blum' im Haar; Aber es reichte, ſobald Sie an's Land ſtieg, Bacchus auch Seines Weinlaubs Thyrſus ihr! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0312" n="302"/> <lg n="15"> <l>Aber dies Lied gleicht dem verrirrenden Waidmann; Nach¬<lb/><hi rendition="#et">tigall-</hi></l><lb/> <l>Ton lockt hinweg ſein Herz von des Wildes Verfolgung:</l><lb/> <l>Ohne Pfad ſchweift rings in Gebuͤſch, in Gefild, Laub¬<lb/><hi rendition="#et">waͤlder und Felſen entlang er;</hi></l><lb/> <l>Endlich verſcheucht der Gebirgsſchlucht Waſſerfall</l><lb/> <l>Jeden Geſang und den Traum</l><lb/> <l>Des Gemuͤths ihm. Wieder ſucht</l><lb/> <l>Seinen Jagdweg Jener auf.</l><lb/> </lg> <lg n="16"> <l>Selig, Wem Thatkraft und behaglichen Sinn leiht Gegen¬<lb/><hi rendition="#et">wart,</hi></l><lb/> <l>Wer neu ſich ſelbſt fuͤhlt, Neues zu bilden bedacht iſt,</l><lb/> <l>Wem das Daſeyn ewig erſcheint, und der Tod ſelbſt eine<lb/><hi rendition="#et">Deſpotenerfindung,</hi></l><lb/> <l>Deren Gedanke des Gluͤcks Pulsſchlaͤge hemmt:</l><lb/> <l>Gerne verlaͤßt er und froh,</l><lb/> <l>Kapitol, dein Schattenreich,</l><lb/> <l>Eure Pracht, Kirchhoͤfe Roms!</l><lb/> </lg> <lg n="17"> <l>Lenz des Erdballs! Parthenopaͤiſche Flur! Stets neue<lb/><hi rendition="#et">Stadt!</hi></l><lb/> <l>Aufnimm den Freund, geuß rauſchende Buchten umher ihm,</l><lb/> <l>Denen einſt (urweltliche Fabel erzaͤhlt's) wolluͤſtig ent¬<lb/><hi rendition="#et">ſtiegen die Schoͤnheit,</hi></l><lb/> <l>Myrten der Kuͤſte, des Fluthſchaums Blum' im Haar;</l><lb/> <l>Aber es reichte, ſobald</l><lb/> <l>Sie an's Land ſtieg, Bacchus auch</l><lb/> <l>Seines Weinlaubs Thyrſus ihr!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [302/0312]
Aber dies Lied gleicht dem verrirrenden Waidmann; Nach¬
tigall-
Ton lockt hinweg ſein Herz von des Wildes Verfolgung:
Ohne Pfad ſchweift rings in Gebuͤſch, in Gefild, Laub¬
waͤlder und Felſen entlang er;
Endlich verſcheucht der Gebirgsſchlucht Waſſerfall
Jeden Geſang und den Traum
Des Gemuͤths ihm. Wieder ſucht
Seinen Jagdweg Jener auf.
Selig, Wem Thatkraft und behaglichen Sinn leiht Gegen¬
wart,
Wer neu ſich ſelbſt fuͤhlt, Neues zu bilden bedacht iſt,
Wem das Daſeyn ewig erſcheint, und der Tod ſelbſt eine
Deſpotenerfindung,
Deren Gedanke des Gluͤcks Pulsſchlaͤge hemmt:
Gerne verlaͤßt er und froh,
Kapitol, dein Schattenreich,
Eure Pracht, Kirchhoͤfe Roms!
Lenz des Erdballs! Parthenopaͤiſche Flur! Stets neue
Stadt!
Aufnimm den Freund, geuß rauſchende Buchten umher ihm,
Denen einſt (urweltliche Fabel erzaͤhlt's) wolluͤſtig ent¬
ſtiegen die Schoͤnheit,
Myrten der Kuͤſte, des Fluthſchaums Blum' im Haar;
Aber es reichte, ſobald
Sie an's Land ſtieg, Bacchus auch
Seines Weinlaubs Thyrſus ihr!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |