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Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

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An Schelling.
Als Zueignung zu einem Drama.

1823.

Es muß ein Volk allmählig höher steigen,
Es kann zurück sich nicht ergehn zum Kinde;
Der Dichtung erster, jugendlicher Reigen
Zog längst vorüber, flog vorbey geschwinde:
Sophisten kamen, sie begann zu schweigen,
Und löste nach und nach die goldne Binde.
Doch jene Nüchternen bezwang dein Streben,
Und so entflammtest du das neue Leben!
Was deutsche Kraft in dieser Zeit erreichte,
Gehört dir an, und neigt sich deinem Bilde,
Und dein vor allen sey dies Lied, das leichte,
Das du zuerst empfingst mit edler Milde,
Versammelnd rings um dessen frühste Beichte,
Von Frau'n und Männern eine schöne Gilde:
Sey's, daß das Volk es nun mit Gunst bezahle,
Du ließest leben es zum ersten Male!
Nun mögen Lieder sich zum Liede reihen,
Geschichte zu Geschichte, Sag' an Sage,
Ich sehne mich, sie alle dir zu weihen,
Die noch als Keim ich in der Seele trage,
Dir, der gehört mit gütigem Verzeihen
Die frühsten Klänge meiner jungen Tage,
Da noch ich sang des Stolzes muth'ge Triebe,
Und jenen brennenden nach Ruhm und Liebe.
An Schelling.
Als Zueignung zu einem Drama.

1823.

Es muß ein Volk allmaͤhlig hoͤher ſteigen,
Es kann zuruͤck ſich nicht ergehn zum Kinde;
Der Dichtung erſter, jugendlicher Reigen
Zog laͤngſt voruͤber, flog vorbey geſchwinde:
Sophiſten kamen, ſie begann zu ſchweigen,
Und loͤſte nach und nach die goldne Binde.
Doch jene Nuͤchternen bezwang dein Streben,
Und ſo entflammteſt du das neue Leben!
Was deutſche Kraft in dieſer Zeit erreichte,
Gehoͤrt dir an, und neigt ſich deinem Bilde,
Und dein vor allen ſey dies Lied, das leichte,
Das du zuerſt empfingſt mit edler Milde,
Verſammelnd rings um deſſen fruͤhſte Beichte,
Von Frau'n und Maͤnnern eine ſchoͤne Gilde:
Sey's, daß das Volk es nun mit Gunſt bezahle,
Du ließeſt leben es zum erſten Male!
Nun moͤgen Lieder ſich zum Liede reihen,
Geſchichte zu Geſchichte, Sag' an Sage,
Ich ſehne mich, ſie alle dir zu weihen,
Die noch als Keim ich in der Seele trage,
Dir, der gehoͤrt mit guͤtigem Verzeihen
Die fruͤhſten Klaͤnge meiner jungen Tage,
Da noch ich ſang des Stolzes muth'ge Triebe,
Und jenen brennenden nach Ruhm und Liebe.
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[70/0080] An Schelling. Als Zueignung zu einem Drama. 1823. Es muß ein Volk allmaͤhlig hoͤher ſteigen, Es kann zuruͤck ſich nicht ergehn zum Kinde; Der Dichtung erſter, jugendlicher Reigen Zog laͤngſt voruͤber, flog vorbey geſchwinde: Sophiſten kamen, ſie begann zu ſchweigen, Und loͤſte nach und nach die goldne Binde. Doch jene Nuͤchternen bezwang dein Streben, Und ſo entflammteſt du das neue Leben! Was deutſche Kraft in dieſer Zeit erreichte, Gehoͤrt dir an, und neigt ſich deinem Bilde, Und dein vor allen ſey dies Lied, das leichte, Das du zuerſt empfingſt mit edler Milde, Verſammelnd rings um deſſen fruͤhſte Beichte, Von Frau'n und Maͤnnern eine ſchoͤne Gilde: Sey's, daß das Volk es nun mit Gunſt bezahle, Du ließeſt leben es zum erſten Male! Nun moͤgen Lieder ſich zum Liede reihen, Geſchichte zu Geſchichte, Sag' an Sage, Ich ſehne mich, ſie alle dir zu weihen, Die noch als Keim ich in der Seele trage, Dir, der gehoͤrt mit guͤtigem Verzeihen Die fruͤhſten Klaͤnge meiner jungen Tage, Da noch ich ſang des Stolzes muth'ge Triebe, Und jenen brennenden nach Ruhm und Liebe.

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Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/80>, abgerufen am 21.11.2024.