Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.Ja, es müssen, wo dem Guten sie sich beigesellt, dem Rufe nicht, da mich das deutsche Chaos würde blos er¬ müden, Rufe nicht zurück den Dichter aus dem vielgeliebten Süden, Welcher, bis mich Frost und Alter lüstern macht nach eurem Vließe, Ueber jedes meiner Worte Ströme von Musik ergieße. Immer mehr nach Süden laß mich meines Auges Wünsche richten, Und genährt von Hyblahonig auf des Aetna Gipfel dichten! Laß mich Odysseen erfinden, schweifend an Homers Ge¬ staden, Bald, in voller Waffenrüstung, folgen ihnen Iliaden. Ja, wenn ganz mit deutscher Seele griech'sche Kunst sich hat verschmolzen, Sollst Du sehn, zu welchen Pfeilen greift Apoll, zu wel¬ chen Bolzen! Ja, es muͤſſen, wo dem Guten ſie ſich beigeſellt, dem Rufe nicht, da mich das deutſche Chaos wuͤrde blos er¬ muͤden, Rufe nicht zuruͤck den Dichter aus dem vielgeliebten Suͤden, Welcher, bis mich Froſt und Alter luͤſtern macht nach eurem Vließe, Ueber jedes meiner Worte Stroͤme von Muſik ergieße. Immer mehr nach Suͤden laß mich meines Auges Wuͤnſche richten, Und genaͤhrt von Hyblahonig auf des Aetna Gipfel dichten! Laß mich Odyſſeen erfinden, ſchweifend an Homers Ge¬ ſtaden, Bald, in voller Waffenruͤſtung, folgen ihnen Iliaden. Ja, wenn ganz mit deutſcher Seele griech'ſche Kunſt ſich hat verſchmolzen, Sollſt Du ſehn, zu welchen Pfeilen greift Apoll, zu wel¬ chen Bolzen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0088" n="78"/> <l>Ja, es muͤſſen, wo dem Guten ſie ſich beigeſellt, dem<lb/><hi rendition="#et">Wahren,</hi></l><lb/> <l>Aus der Seele Dithyramben, wie aus Wolken Blitze,<lb/><hi rendition="#et">fahren!</hi></l><lb/> <l>Moͤgen denn auch meine Toͤne durch des Nordens Stuͤrme<lb/><hi rendition="#et">lauten</hi></l><lb/> <l>Wie ein Weihgeſang des Orpheus auf dem Schiff der<lb/><hi rendition="#et">Argonauten,</hi></l><lb/> <l>Die den Pelz, den im Barbarenland ſie ſich mit Muͤh'<lb/><hi rendition="#et">ergattert,</hi></l><lb/> <l>Fuͤr Apollo's Mantel halten, der in Tempe's Luͤften<lb/><hi rendition="#et">flattert.</hi></l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Rufe nicht, da mich das deutſche Chaos wuͤrde blos er¬<lb/><hi rendition="#et">muͤden,</hi></l><lb/> <l>Rufe nicht zuruͤck den Dichter aus dem vielgeliebten<lb/><hi rendition="#et">Suͤden,</hi></l><lb/> <l>Welcher, bis mich Froſt und Alter luͤſtern macht nach<lb/><hi rendition="#et">eurem Vließe,</hi></l><lb/> <l>Ueber jedes meiner Worte Stroͤme von Muſik ergieße.</l><lb/> <l>Immer mehr nach Suͤden laß mich meines Auges Wuͤnſche<lb/><hi rendition="#et">richten,</hi></l><lb/> <l>Und genaͤhrt von Hyblahonig auf des Aetna Gipfel dichten!</l><lb/> <l>Laß mich Odyſſeen erfinden, ſchweifend an Homers Ge¬<lb/><hi rendition="#et">ſtaden,</hi></l><lb/> <l>Bald, in voller Waffenruͤſtung, folgen ihnen Iliaden.</l><lb/> <l>Ja, wenn ganz mit deutſcher Seele griech'ſche Kunſt ſich<lb/><hi rendition="#et">hat verſchmolzen,</hi></l><lb/> <l>Sollſt Du ſehn, zu welchen Pfeilen greift Apoll, zu wel¬<lb/><hi rendition="#et">chen Bolzen!</hi></l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0088]
Ja, es muͤſſen, wo dem Guten ſie ſich beigeſellt, dem
Wahren,
Aus der Seele Dithyramben, wie aus Wolken Blitze,
fahren!
Moͤgen denn auch meine Toͤne durch des Nordens Stuͤrme
lauten
Wie ein Weihgeſang des Orpheus auf dem Schiff der
Argonauten,
Die den Pelz, den im Barbarenland ſie ſich mit Muͤh'
ergattert,
Fuͤr Apollo's Mantel halten, der in Tempe's Luͤften
flattert.
Rufe nicht, da mich das deutſche Chaos wuͤrde blos er¬
muͤden,
Rufe nicht zuruͤck den Dichter aus dem vielgeliebten
Suͤden,
Welcher, bis mich Froſt und Alter luͤſtern macht nach
eurem Vließe,
Ueber jedes meiner Worte Stroͤme von Muſik ergieße.
Immer mehr nach Suͤden laß mich meines Auges Wuͤnſche
richten,
Und genaͤhrt von Hyblahonig auf des Aetna Gipfel dichten!
Laß mich Odyſſeen erfinden, ſchweifend an Homers Ge¬
ſtaden,
Bald, in voller Waffenruͤſtung, folgen ihnen Iliaden.
Ja, wenn ganz mit deutſcher Seele griech'ſche Kunſt ſich
hat verſchmolzen,
Sollſt Du ſehn, zu welchen Pfeilen greift Apoll, zu wel¬
chen Bolzen!
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/88>, abgerufen am 16.02.2025. |