Daß ich den Bühnenschneider für den wirklichen Verfasser halte.
Publicum. Sagt' ich nicht dasselbe just? Wie herrlich war der Königin Jokaste Schlepp! Kind's Frack allein war schmutzig.
Chor. Weil der Frack es war, Den ein Pygmäencorporal getragen einst, Von eines Kranichs Blut besprützt! Die blutige Tragödiendichtung aber ist von Nimmermann.
Verstand. Ich will es glauben, ausgenommen Einzelnes, In keinem Fall die Verse; doch der Plan gewiß. Auch hat vielleicht ein lustiger Vogel hier und dort Was Witziges eingeflochten, unterhaltender Das lahme Spiel zu machen.
Chor. Also kennst du nicht Die Mode, daß man Tragisches jetzt und Komisches Naturgemäß zusammenschachtelt insgemein, Weil ja das Menschenleben selbst buntschäckig ist?
Verstand. D[a]s Leben freilich; aber sicher nicht die Kunst.
Publicum. Oh! Kritisiren, lieber Herr, ist federleicht, Doch Bessermachen schwierig.
Verstand. Ja, ich wünschte selbst, Daß Einer käme, welcher ganz auf praktischem Weg euren Stümpern zeigte, daß sie Stümper sind;
6*
Daß ich den Buͤhnenſchneider fuͤr den wirklichen Verfaſſer halte.
Publicum. Sagt' ich nicht daſſelbe juſt? Wie herrlich war der Koͤnigin Jokaſte Schlepp! Kind's Frack allein war ſchmutzig.
Chor. Weil der Frack es war, Den ein Pygmaͤencorporal getragen einſt, Von eines Kranichs Blut beſpruͤtzt! Die blutige Tragoͤdiendichtung aber iſt von Nimmermann.
Verſtand. Ich will es glauben, ausgenommen Einzelnes, In keinem Fall die Verſe; doch der Plan gewiß. Auch hat vielleicht ein luſtiger Vogel hier und dort Was Witziges eingeflochten, unterhaltender Das lahme Spiel zu machen.
Chor. Alſo kennſt du nicht Die Mode, daß man Tragiſches jetzt und Komiſches Naturgemaͤß zuſammenſchachtelt insgemein, Weil ja das Menſchenleben ſelbſt buntſchaͤckig iſt?
Verſtand. D[a]s Leben freilich; aber ſicher nicht die Kunſt.
Publicum. Oh! Kritiſiren, lieber Herr, iſt federleicht, Doch Beſſermachen ſchwierig.
Verſtand. Ja, ich wuͤnſchte ſelbſt, Daß Einer kaͤme, welcher ganz auf praktiſchem Weg euren Stuͤmpern zeigte, daß ſie Stuͤmper ſind;
6*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><spwho="#VER"><p><pbfacs="#f0089"n="83"/>
Daß ich den Buͤhnenſchneider fuͤr den wirklichen<lb/>
Verfaſſer halte.</p></sp><lb/><spwho="#PUB"><speaker><hirendition="#c"><hirendition="#g">Publicum</hi>.</hi></speaker><lb/><p>Sagt' ich nicht daſſelbe juſt?<lb/>
Wie herrlich war der Koͤnigin Jokaſte Schlepp!<lb/>
Kind's Frack allein war ſchmutzig.</p></sp><lb/><spwho="#CHO"><speaker><hirendition="#c"><hirendition="#g">Chor</hi>.</hi></speaker><lb/><p>Weil der Frack es war,<lb/>
Den ein Pygmaͤencorporal getragen einſt,<lb/>
Von eines Kranichs Blut beſpruͤtzt! Die blutige<lb/>
Tragoͤdiendichtung aber iſt von Nimmermann.</p></sp><lb/><spwho="#VER"><speaker><hirendition="#c"><hirendition="#g">Verſtand</hi>.</hi></speaker><lb/><p>Ich will es glauben, ausgenommen Einzelnes,<lb/>
In keinem Fall die Verſe; doch der Plan gewiß.<lb/>
Auch hat vielleicht ein luſtiger Vogel hier und dort<lb/>
Was Witziges eingeflochten, unterhaltender<lb/>
Das lahme Spiel zu machen.</p></sp><lb/><spwho="#CHO"><speaker><hirendition="#c"><hirendition="#g">Chor</hi>.</hi></speaker><lb/><p>Alſo kennſt du nicht<lb/>
Die Mode, daß man Tragiſches jetzt und Komiſches<lb/>
Naturgemaͤß zuſammenſchachtelt insgemein,<lb/>
Weil ja das Menſchenleben ſelbſt buntſchaͤckig iſt?</p></sp><lb/><spwho="#VER"><speaker><hirendition="#c"><hirendition="#g">Verſtand</hi>.</hi></speaker><lb/><p>D<supplied>a</supplied>s Leben freilich; aber ſicher nicht die Kunſt.</p></sp><lb/><spwho="#PUB"><speaker><hirendition="#c"><hirendition="#g">Publicum</hi>.</hi></speaker><lb/><p>Oh! Kritiſiren, lieber Herr, iſt federleicht,<lb/>
Doch Beſſermachen ſchwierig.</p></sp><lb/><spwho="#VER"><speaker><hirendition="#c"><hirendition="#g">Verſtand</hi>.</hi></speaker><lb/><p>Ja, ich wuͤnſchte ſelbſt,<lb/>
Daß Einer kaͤme, welcher ganz auf praktiſchem<lb/>
Weg euren Stuͤmpern zeigte, daß ſie Stuͤmper ſind;<lb/><fwplace="bottom"type="sig">6*</fw><lb/></p></sp></div></div></body></text></TEI>
[83/0089]
Daß ich den Buͤhnenſchneider fuͤr den wirklichen
Verfaſſer halte.
Publicum.
Sagt' ich nicht daſſelbe juſt?
Wie herrlich war der Koͤnigin Jokaſte Schlepp!
Kind's Frack allein war ſchmutzig.
Chor.
Weil der Frack es war,
Den ein Pygmaͤencorporal getragen einſt,
Von eines Kranichs Blut beſpruͤtzt! Die blutige
Tragoͤdiendichtung aber iſt von Nimmermann.
Verſtand.
Ich will es glauben, ausgenommen Einzelnes,
In keinem Fall die Verſe; doch der Plan gewiß.
Auch hat vielleicht ein luſtiger Vogel hier und dort
Was Witziges eingeflochten, unterhaltender
Das lahme Spiel zu machen.
Chor.
Alſo kennſt du nicht
Die Mode, daß man Tragiſches jetzt und Komiſches
Naturgemaͤß zuſammenſchachtelt insgemein,
Weil ja das Menſchenleben ſelbſt buntſchaͤckig iſt?
Verſtand.
Das Leben freilich; aber ſicher nicht die Kunſt.
Publicum.
Oh! Kritiſiren, lieber Herr, iſt federleicht,
Doch Beſſermachen ſchwierig.
Verſtand.
Ja, ich wuͤnſchte ſelbſt,
Daß Einer kaͤme, welcher ganz auf praktiſchem
Weg euren Stuͤmpern zeigte, daß ſie Stuͤmper ſind;
6*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Platen, August von: Der romantische Oedipus. Stuttgart u. a., 1829, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_oedipus_1829/89>, abgerufen am 11.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.