Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

ist ihre Zuversicht, dass sie selbst dieses Princips gänzlich
entrathen können. Da die Durchführung der socialistischen
Ideen wohl noch lange auf sich warten lassen würde und
wegen des organisatorischen Wesens derselben naturgemäss
nur sehr allmählich von Statten gehen könnte, so würde
auch die Zahl der Nährstellen nur sehr langsam ansteigen,
und desshalb das elend-mildernde Moment der Bevöl-
kerungs-Beschränkung wohl am Platze sein. Und zwar
nicht bloss in der Zeit bis zur Erfüllung der socialistischen
Forderungen, sondern auch gleich weiter, da ja wegen der
Langsamkeit des wirklichen Fortschritts die Bevölkerung
immer hätte nachdrängen können.

Denen, die durchaus nicht vom Glauben abzubringen
sind, dass die Nutzbarmachung der Natur der Vermehrungs-
Tendenz gleichen Schritt halten kann, hat man mit Recht
die schliessliche Grenze der constanten jährlichen Sonnen-
strahlung und die Beschränkung des Raums, besonders für
Wohnzwecke, vorgehalten. Es liegt nicht in meiner Ab-
sicht, hier näher auf die ganze Controverse einzugehen.
Es soll nur festgestellt werden, dass die Wissenschaftler
überwiegend annehmen, dass die Bevölkerungs-Beschränkung
ein unumgänglich nothwendiges Mittel sein wird, um die
Summen der Menschen und der von ihnen ausnutzbaren
Natur zu einander in ein günstiges Verhältniss zu bringen.
Nur einige wenige Socialisten, vor allem F. A. Lange *),
Aveling **) und Kautzky ***), welch' letzterer dadurch in
grundlegender Weise die socialistische Wirthschaftslehre den
ersten bedeutenden Schritt seit Marx weiter geführt hat,
haben die Nothwendigkeit der Bevölkerungs-Beschränkung
klar erkannt, die meisten anderen verlassen sich auf die

*) F. A. Lange. Die Arbeiterfrage. Winterthur 1879. 5. Cap.
besonders S. 238.
**) Aveling, E. Darwinism, and small families. London 1882.
***) Kautzky, Karl. Einfluss der Volksvermehrung auf den
Fortschritt der Gesellschaft. Wien 1880.

ist ihre Zuversicht, dass sie selbst dieses Princips gänzlich
entrathen können. Da die Durchführung der socialistischen
Ideen wohl noch lange auf sich warten lassen würde und
wegen des organisatorischen Wesens derselben naturgemäss
nur sehr allmählich von Statten gehen könnte, so würde
auch die Zahl der Nährstellen nur sehr langsam ansteigen,
und desshalb das elend-mildernde Moment der Bevöl-
kerungs-Beschränkung wohl am Platze sein. Und zwar
nicht bloss in der Zeit bis zur Erfüllung der socialistischen
Forderungen, sondern auch gleich weiter, da ja wegen der
Langsamkeit des wirklichen Fortschritts die Bevölkerung
immer hätte nachdrängen können.

Denen, die durchaus nicht vom Glauben abzubringen
sind, dass die Nutzbarmachung der Natur der Vermehrungs-
Tendenz gleichen Schritt halten kann, hat man mit Recht
die schliessliche Grenze der constanten jährlichen Sonnen-
strahlung und die Beschränkung des Raums, besonders für
Wohnzwecke, vorgehalten. Es liegt nicht in meiner Ab-
sicht, hier näher auf die ganze Controverse einzugehen.
Es soll nur festgestellt werden, dass die Wissenschaftler
überwiegend annehmen, dass die Bevölkerungs-Beschränkung
ein unumgänglich nothwendiges Mittel sein wird, um die
Summen der Menschen und der von ihnen ausnutzbaren
Natur zu einander in ein günstiges Verhältniss zu bringen.
Nur einige wenige Socialisten, vor allem F. A. Lange *),
Aveling **) und Kautzky ***), welch’ letzterer dadurch in
grundlegender Weise die socialistische Wirthschaftslehre den
ersten bedeutenden Schritt seit Marx weiter geführt hat,
haben die Nothwendigkeit der Bevölkerungs-Beschränkung
klar erkannt, die meisten anderen verlassen sich auf die

*) F. A. Lange. Die Arbeiterfrage. Winterthur 1879. 5. Cap.
besonders S. 238.
**) Aveling, E. Darwinism, and small families. London 1882.
***) Kautzky, Karl. Einfluss der Volksvermehrung auf den
Fortschritt der Gesellschaft. Wien 1880.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0224" n="204"/>
ist ihre Zuversicht, dass sie selbst dieses Princips gänzlich<lb/>
entrathen können. Da die Durchführung der socialistischen<lb/>
Ideen wohl noch lange auf sich warten lassen würde und<lb/>
wegen des organisatorischen Wesens derselben naturgemäss<lb/>
nur sehr allmählich von Statten gehen könnte, so würde<lb/>
auch die Zahl der Nährstellen nur sehr langsam ansteigen,<lb/>
und desshalb das elend-mildernde Moment der Bevöl-<lb/>
kerungs-Beschränkung wohl am Platze sein. Und zwar<lb/>
nicht bloss in der Zeit bis zur Erfüllung der socialistischen<lb/>
Forderungen, sondern auch gleich weiter, da ja wegen der<lb/>
Langsamkeit des wirklichen Fortschritts die Bevölkerung<lb/>
immer hätte nachdrängen können.</p><lb/>
          <p>Denen, die durchaus nicht vom Glauben abzubringen<lb/>
sind, dass die Nutzbarmachung der Natur der Vermehrungs-<lb/>
Tendenz gleichen Schritt halten kann, hat man mit Recht<lb/>
die schliessliche Grenze der constanten jährlichen Sonnen-<lb/>
strahlung und die Beschränkung des Raums, besonders für<lb/>
Wohnzwecke, vorgehalten. Es liegt nicht in meiner Ab-<lb/>
sicht, hier näher auf die ganze Controverse einzugehen.<lb/>
Es soll nur festgestellt werden, dass die Wissenschaftler<lb/>
überwiegend annehmen, dass die Bevölkerungs-Beschränkung<lb/>
ein unumgänglich nothwendiges Mittel sein wird, um die<lb/>
Summen der Menschen und der von ihnen ausnutzbaren<lb/>
Natur zu einander in ein günstiges Verhältniss zu bringen.<lb/>
Nur einige wenige Socialisten, vor allem F. A. <hi rendition="#g">Lange</hi> <note place="foot" n="*)">F. A. <hi rendition="#g">Lange</hi>. Die Arbeiterfrage. Winterthur 1879. 5. Cap.<lb/>
besonders S. 238.</note>,<lb/><hi rendition="#g">Aveling</hi> <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#g">Aveling</hi>, E. Darwinism, and small families. London 1882.</note> und <hi rendition="#g">Kautzky</hi> <note place="foot" n="***)"><hi rendition="#g">Kautzky, Karl</hi>. Einfluss der Volksvermehrung auf den<lb/>
Fortschritt der Gesellschaft. Wien 1880.</note>, welch&#x2019; letzterer dadurch in<lb/>
grundlegender Weise die socialistische Wirthschaftslehre den<lb/>
ersten bedeutenden Schritt seit <hi rendition="#g">Marx</hi> weiter geführt hat,<lb/>
haben die Nothwendigkeit der Bevölkerungs-Beschränkung<lb/>
klar erkannt, die meisten anderen verlassen sich auf die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0224] ist ihre Zuversicht, dass sie selbst dieses Princips gänzlich entrathen können. Da die Durchführung der socialistischen Ideen wohl noch lange auf sich warten lassen würde und wegen des organisatorischen Wesens derselben naturgemäss nur sehr allmählich von Statten gehen könnte, so würde auch die Zahl der Nährstellen nur sehr langsam ansteigen, und desshalb das elend-mildernde Moment der Bevöl- kerungs-Beschränkung wohl am Platze sein. Und zwar nicht bloss in der Zeit bis zur Erfüllung der socialistischen Forderungen, sondern auch gleich weiter, da ja wegen der Langsamkeit des wirklichen Fortschritts die Bevölkerung immer hätte nachdrängen können. Denen, die durchaus nicht vom Glauben abzubringen sind, dass die Nutzbarmachung der Natur der Vermehrungs- Tendenz gleichen Schritt halten kann, hat man mit Recht die schliessliche Grenze der constanten jährlichen Sonnen- strahlung und die Beschränkung des Raums, besonders für Wohnzwecke, vorgehalten. Es liegt nicht in meiner Ab- sicht, hier näher auf die ganze Controverse einzugehen. Es soll nur festgestellt werden, dass die Wissenschaftler überwiegend annehmen, dass die Bevölkerungs-Beschränkung ein unumgänglich nothwendiges Mittel sein wird, um die Summen der Menschen und der von ihnen ausnutzbaren Natur zu einander in ein günstiges Verhältniss zu bringen. Nur einige wenige Socialisten, vor allem F. A. Lange *), Aveling **) und Kautzky ***), welch’ letzterer dadurch in grundlegender Weise die socialistische Wirthschaftslehre den ersten bedeutenden Schritt seit Marx weiter geführt hat, haben die Nothwendigkeit der Bevölkerungs-Beschränkung klar erkannt, die meisten anderen verlassen sich auf die *) F. A. Lange. Die Arbeiterfrage. Winterthur 1879. 5. Cap. besonders S. 238. **) Aveling, E. Darwinism, and small families. London 1882. ***) Kautzky, Karl. Einfluss der Volksvermehrung auf den Fortschritt der Gesellschaft. Wien 1880.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/224
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/224>, abgerufen am 21.11.2024.