Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber setzen wir einmal den Fall, die Zahl der Frauen,
die höhere Ansprüche an den Mann stellen, den sie hei-
rathen wollen, nähme ziemlich zu, so wäre doch immer
bei durch die Erziehung zu hoch geschraubten Ansprüchen
die contraselectorische Gefahr vorhanden, dass die gröber
organisirten, die leichtsinnigeren, die sinnlicheren Frauen früher
und öfter zur Ehe schreiten würden, als die feineren Frauen
mit ausgebildetem Geschmack.

Es ist auch nicht zu leugnen, dass viele Männer edlere
Frauentypen zwar bewundern, aber niedrigere, coquettere,
sinnlichere bei der Gattenwahl vorziehen.

Dazu kommt, dass es, wenn auch nicht so viel wie heute,
doch genug minderwerthige Individuen beiderlei Geschlechts
geben wird, die ganz gut wissen, dass sie nicht so be-
gehrenswerth sind und ihre Ansprüche dementsprechend
herabschrauben, und die nun, da keine ökonomischen
Schwierigkeiten da sind, ruhig zur Ehe mit Individuen des
anderen Geschlechts schreiten, die gleich minderwerthig
sind. Man sieht doch auch heute die merkwürdigsten, ja
geradezu widerwärtige Personen eine Ehe eingehen. Das
geht soweit, dass bei grossem Abstande in der rein mensch-
lichen Rangordnung der körperlichen und geistigen Tüchtig-
keit oft eine instinctive Abneigung gegen dauerndes Zu-
sammenleben vorhanden ist, weil auch der niedere Theil
deutlich fühlt, dass er da nicht hingehört und dass er sich
nur ungemüthlich und zurückgesetzt fühlen würde.

Dieser Factor des Heirathens von minderwerthigen
Personen unter einander, die doch auch ihre Ansprüche
an Familienglück realisiren wollen, würde von um so
grösserer Bedeutung werden, als dem Manne die Ent-
schädigung für die Ehelosigkeit durch die Prostitution, wie
sie ihm heute geboten wird, nicht mehr, oder nur noch in
geringem Maasse möglich sein wird. Er wird viel häufiger
als heute in die Lage kommen, entweder auf jeden ge-
schlechtlichen Verkehr verzichten, oder eine Frau heirathen

Aber setzen wir einmal den Fall, die Zahl der Frauen,
die höhere Ansprüche an den Mann stellen, den sie hei-
rathen wollen, nähme ziemlich zu, so wäre doch immer
bei durch die Erziehung zu hoch geschraubten Ansprüchen
die contraselectorische Gefahr vorhanden, dass die gröber
organisirten, die leichtsinnigeren, die sinnlicheren Frauen früher
und öfter zur Ehe schreiten würden, als die feineren Frauen
mit ausgebildetem Geschmack.

Es ist auch nicht zu leugnen, dass viele Männer edlere
Frauentypen zwar bewundern, aber niedrigere, coquettere,
sinnlichere bei der Gattenwahl vorziehen.

Dazu kommt, dass es, wenn auch nicht so viel wie heute,
doch genug minderwerthige Individuen beiderlei Geschlechts
geben wird, die ganz gut wissen, dass sie nicht so be-
gehrenswerth sind und ihre Ansprüche dementsprechend
herabschrauben, und die nun, da keine ökonomischen
Schwierigkeiten da sind, ruhig zur Ehe mit Individuen des
anderen Geschlechts schreiten, die gleich minderwerthig
sind. Man sieht doch auch heute die merkwürdigsten, ja
geradezu widerwärtige Personen eine Ehe eingehen. Das
geht soweit, dass bei grossem Abstande in der rein mensch-
lichen Rangordnung der körperlichen und geistigen Tüchtig-
keit oft eine instinctive Abneigung gegen dauerndes Zu-
sammenleben vorhanden ist, weil auch der niedere Theil
deutlich fühlt, dass er da nicht hingehört und dass er sich
nur ungemüthlich und zurückgesetzt fühlen würde.

Dieser Factor des Heirathens von minderwerthigen
Personen unter einander, die doch auch ihre Ansprüche
an Familienglück realisiren wollen, würde von um so
grösserer Bedeutung werden, als dem Manne die Ent-
schädigung für die Ehelosigkeit durch die Prostitution, wie
sie ihm heute geboten wird, nicht mehr, oder nur noch in
geringem Maasse möglich sein wird. Er wird viel häufiger
als heute in die Lage kommen, entweder auf jeden ge-
schlechtlichen Verkehr verzichten, oder eine Frau heirathen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0242" n="222"/>
            <p>Aber setzen wir einmal den Fall, die Zahl der Frauen,<lb/>
die höhere Ansprüche an den Mann stellen, den sie hei-<lb/>
rathen wollen, nähme ziemlich zu, so wäre doch immer<lb/>
bei durch die Erziehung zu hoch geschraubten Ansprüchen<lb/>
die contraselectorische Gefahr vorhanden, dass die gröber<lb/>
organisirten, die leichtsinnigeren, die sinnlicheren Frauen früher<lb/>
und öfter zur Ehe schreiten würden, als die feineren Frauen<lb/>
mit ausgebildetem Geschmack.</p><lb/>
            <p>Es ist auch nicht zu leugnen, dass viele Männer edlere<lb/>
Frauentypen zwar bewundern, aber niedrigere, coquettere,<lb/>
sinnlichere bei der Gattenwahl vorziehen.</p><lb/>
            <p>Dazu kommt, dass es, wenn auch nicht so viel wie heute,<lb/>
doch genug minderwerthige Individuen beiderlei Geschlechts<lb/>
geben wird, die ganz gut wissen, dass sie nicht so be-<lb/>
gehrenswerth sind und ihre Ansprüche dementsprechend<lb/>
herabschrauben, und die nun, da keine ökonomischen<lb/>
Schwierigkeiten da sind, ruhig zur Ehe mit Individuen des<lb/>
anderen Geschlechts schreiten, die gleich minderwerthig<lb/>
sind. Man sieht doch auch heute die merkwürdigsten, ja<lb/>
geradezu widerwärtige Personen eine Ehe eingehen. Das<lb/>
geht soweit, dass bei grossem Abstande in der rein mensch-<lb/>
lichen Rangordnung der körperlichen und geistigen Tüchtig-<lb/>
keit oft eine instinctive Abneigung gegen dauerndes Zu-<lb/>
sammenleben vorhanden ist, weil auch der niedere Theil<lb/>
deutlich fühlt, dass er da nicht hingehört und dass er sich<lb/>
nur ungemüthlich und zurückgesetzt fühlen würde.</p><lb/>
            <p>Dieser Factor des Heirathens von minderwerthigen<lb/>
Personen unter einander, die doch auch ihre Ansprüche<lb/>
an Familienglück realisiren wollen, würde von um so<lb/>
grösserer Bedeutung werden, als dem Manne die Ent-<lb/>
schädigung für die Ehelosigkeit durch die Prostitution, wie<lb/>
sie ihm heute geboten wird, nicht mehr, oder nur noch in<lb/>
geringem Maasse möglich sein wird. Er wird viel häufiger<lb/>
als heute in die Lage kommen, entweder auf jeden ge-<lb/>
schlechtlichen Verkehr verzichten, oder eine Frau heirathen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0242] Aber setzen wir einmal den Fall, die Zahl der Frauen, die höhere Ansprüche an den Mann stellen, den sie hei- rathen wollen, nähme ziemlich zu, so wäre doch immer bei durch die Erziehung zu hoch geschraubten Ansprüchen die contraselectorische Gefahr vorhanden, dass die gröber organisirten, die leichtsinnigeren, die sinnlicheren Frauen früher und öfter zur Ehe schreiten würden, als die feineren Frauen mit ausgebildetem Geschmack. Es ist auch nicht zu leugnen, dass viele Männer edlere Frauentypen zwar bewundern, aber niedrigere, coquettere, sinnlichere bei der Gattenwahl vorziehen. Dazu kommt, dass es, wenn auch nicht so viel wie heute, doch genug minderwerthige Individuen beiderlei Geschlechts geben wird, die ganz gut wissen, dass sie nicht so be- gehrenswerth sind und ihre Ansprüche dementsprechend herabschrauben, und die nun, da keine ökonomischen Schwierigkeiten da sind, ruhig zur Ehe mit Individuen des anderen Geschlechts schreiten, die gleich minderwerthig sind. Man sieht doch auch heute die merkwürdigsten, ja geradezu widerwärtige Personen eine Ehe eingehen. Das geht soweit, dass bei grossem Abstande in der rein mensch- lichen Rangordnung der körperlichen und geistigen Tüchtig- keit oft eine instinctive Abneigung gegen dauerndes Zu- sammenleben vorhanden ist, weil auch der niedere Theil deutlich fühlt, dass er da nicht hingehört und dass er sich nur ungemüthlich und zurückgesetzt fühlen würde. Dieser Factor des Heirathens von minderwerthigen Personen unter einander, die doch auch ihre Ansprüche an Familienglück realisiren wollen, würde von um so grösserer Bedeutung werden, als dem Manne die Ent- schädigung für die Ehelosigkeit durch die Prostitution, wie sie ihm heute geboten wird, nicht mehr, oder nur noch in geringem Maasse möglich sein wird. Er wird viel häufiger als heute in die Lage kommen, entweder auf jeden ge- schlechtlichen Verkehr verzichten, oder eine Frau heirathen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/242
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/242>, abgerufen am 21.05.2024.