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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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Vervollkommnungsideal sich stets eng an die Extralbedin-
gungen anschmiegen müsste.

Als letztes Hinderniss für die Beherrschung der Variation
könnte man die Möglichkeit ansehen, dass die wirklich
errungenen Kenntnisse einer Fortpflanzungs-Hygiene von
den Massen nicht beachtet und nicht durchgeführt würden.
Das A und O dieser Hygiene ist natürlich die Praxis des
praeventiven Geschlechtsverkehrs, die erlaubt, den Zeitpunkt
der Zeugung von den oft nun einmal unüberwindbaren
sinnlichen Bedürfnissen des Augenblicks zu trennen und ihn
auf den gewünschten Termin günstiger Bedingungen zu ver-
legen. Diese Praxis ist bereits heute so vorgeschritten,
dass bei ärztlichem Rathschlage wohl nur sehr beschränkte
Personen nicht in Stand gesetzt werden könnten, sie aus-
zuüben. Den Praeventivverkehr als unmoralisch zu ver-
werfen, wie es noch manchmal geschieht, dürfte nur einer
unheilvollen Contraselection Thür und Thor öffnen. Es
handelt sich einfach um die Wahl zwischen diesem grösseren
Uebel und dem kleineren des Praeventivverkehrs. Oder
noch richtiger, es handelt sich darum, ob wir die unleug-
bar zunehmende Praeventivpraxis für unsere rassenhygieni-
schen Zwecke ausbeuten wollen oder nicht. Alle unsere
Bedenken, auch liebgewordene aesthetische, werden dem
mächtigen Drange der Zeit weichen müssen.

Dass mit solchen Hülfsmitteln die Bevölkerung auch
wirklich in erheblichem Masse von zeugungshygienischen
Kenntnissen Gebrauch macht, kann wohl dadurch bewirkt
werden, dass bei der Erziehung das grösste Gewicht auf
die Freude an Tüchtigkeit und Schönheit der Individuen
und der Rasse gelegt, und dass den Massen aufklärende
Litteratur in der liberalsten Weise zugänglich gemacht wird.
Als unterstützender Factor würde noch hinzu kommen,
dass Eltern, die grosse Sorgfalt bei der Erzeugung und
Heranziehung ihrer Nachkommen aufwendeten, dadurch im
Kampf um den Nachwuchs ganz erheblich besser fahren

Vervollkommnungsideal sich stets eng an die Extralbedin-
gungen anschmiegen müsste.

Als letztes Hinderniss für die Beherrschung der Variation
könnte man die Möglichkeit ansehen, dass die wirklich
errungenen Kenntnisse einer Fortpflanzungs-Hygiene von
den Massen nicht beachtet und nicht durchgeführt würden.
Das A und O dieser Hygiene ist natürlich die Praxis des
praeventiven Geschlechtsverkehrs, die erlaubt, den Zeitpunkt
der Zeugung von den oft nun einmal unüberwindbaren
sinnlichen Bedürfnissen des Augenblicks zu trennen und ihn
auf den gewünschten Termin günstiger Bedingungen zu ver-
legen. Diese Praxis ist bereits heute so vorgeschritten,
dass bei ärztlichem Rathschlage wohl nur sehr beschränkte
Personen nicht in Stand gesetzt werden könnten, sie aus-
zuüben. Den Praeventivverkehr als unmoralisch zu ver-
werfen, wie es noch manchmal geschieht, dürfte nur einer
unheilvollen Contraselection Thür und Thor öffnen. Es
handelt sich einfach um die Wahl zwischen diesem grösseren
Uebel und dem kleineren des Praeventivverkehrs. Oder
noch richtiger, es handelt sich darum, ob wir die unleug-
bar zunehmende Praeventivpraxis für unsere rassenhygieni-
schen Zwecke ausbeuten wollen oder nicht. Alle unsere
Bedenken, auch liebgewordene aesthetische, werden dem
mächtigen Drange der Zeit weichen müssen.

Dass mit solchen Hülfsmitteln die Bevölkerung auch
wirklich in erheblichem Masse von zeugungshygienischen
Kenntnissen Gebrauch macht, kann wohl dadurch bewirkt
werden, dass bei der Erziehung das grösste Gewicht auf
die Freude an Tüchtigkeit und Schönheit der Individuen
und der Rasse gelegt, und dass den Massen aufklärende
Litteratur in der liberalsten Weise zugänglich gemacht wird.
Als unterstützender Factor würde noch hinzu kommen,
dass Eltern, die grosse Sorgfalt bei der Erzeugung und
Heranziehung ihrer Nachkommen aufwendeten, dadurch im
Kampf um den Nachwuchs ganz erheblich besser fahren

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[235/0255] Vervollkommnungsideal sich stets eng an die Extralbedin- gungen anschmiegen müsste. Als letztes Hinderniss für die Beherrschung der Variation könnte man die Möglichkeit ansehen, dass die wirklich errungenen Kenntnisse einer Fortpflanzungs-Hygiene von den Massen nicht beachtet und nicht durchgeführt würden. Das A und O dieser Hygiene ist natürlich die Praxis des praeventiven Geschlechtsverkehrs, die erlaubt, den Zeitpunkt der Zeugung von den oft nun einmal unüberwindbaren sinnlichen Bedürfnissen des Augenblicks zu trennen und ihn auf den gewünschten Termin günstiger Bedingungen zu ver- legen. Diese Praxis ist bereits heute so vorgeschritten, dass bei ärztlichem Rathschlage wohl nur sehr beschränkte Personen nicht in Stand gesetzt werden könnten, sie aus- zuüben. Den Praeventivverkehr als unmoralisch zu ver- werfen, wie es noch manchmal geschieht, dürfte nur einer unheilvollen Contraselection Thür und Thor öffnen. Es handelt sich einfach um die Wahl zwischen diesem grösseren Uebel und dem kleineren des Praeventivverkehrs. Oder noch richtiger, es handelt sich darum, ob wir die unleug- bar zunehmende Praeventivpraxis für unsere rassenhygieni- schen Zwecke ausbeuten wollen oder nicht. Alle unsere Bedenken, auch liebgewordene aesthetische, werden dem mächtigen Drange der Zeit weichen müssen. Dass mit solchen Hülfsmitteln die Bevölkerung auch wirklich in erheblichem Masse von zeugungshygienischen Kenntnissen Gebrauch macht, kann wohl dadurch bewirkt werden, dass bei der Erziehung das grösste Gewicht auf die Freude an Tüchtigkeit und Schönheit der Individuen und der Rasse gelegt, und dass den Massen aufklärende Litteratur in der liberalsten Weise zugänglich gemacht wird. Als unterstützender Factor würde noch hinzu kommen, dass Eltern, die grosse Sorgfalt bei der Erzeugung und Heranziehung ihrer Nachkommen aufwendeten, dadurch im Kampf um den Nachwuchs ganz erheblich besser fahren

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/255>, abgerufen am 17.05.2024.