Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

erkannte. In seinen Biographien (Uebersetzung von Kaltwasser,
Wien, 1805. Seite 181 u. ff.) berichtet Plutarch folgendes:
"Bei der Erziehung, die er als das grösste und wichtigste
Geschäft eines Gesetzgebers betrachtete, fing er ganz von
vorn an und richtete sein Augenmerk zu allererst auf die
Ehen und die Erzeugung der Kinder ... Zuerst suchte
er die Körper der Jungfrauen durch Laufen, Ringen und
das Werfen der Wurfscheiben und Spiesse abzuhärten, da-
mit die in einem starken Körper erzeugte Frucht kraftvoll
aufkeimen und gedeihen könnte, sie selbst aber die zur
Geburt erforderlichen Kräfte erlangen und die Schmerzen
leicht und ohne Gefahr überstehen möchten. Um aber
alle Weichlichkeit, Verzärtelung und andere weibliche
Eigenschaften auszurotten, gewöhnte er die Mädchen so
gut wie die Knaben, den feierlichen Aufzügen nackend
beizuwohnen, und so an gewissen Festen in Gegenwart
und vor den Augen der Jünglinge zu tanzen und zu singen
... Uebrigens hatte diese Entblössung der Jungfrauen
nichts Schändliches, da immer Schamhaftigkeit dabei ob-
waltete und alle Lüsternheit verbannt war, sie wurde viel-
mehr zu einer unschuldigen Gewohnheit, erzeugte eine
Art von Wetteifer in Absicht der guten Leibesbeschaffen-
heit und flösste auch dem weiblichen Geschlechte edle,
erhabene Gesinnungen ein ... Die Verheirathung
selbst geschah auf die Art, das Jeder sich eine Jungfrau
raubte, nicht aber eine kleine oder unmannbare, sondern
eine solche, die völlig erwachsen und zur Ehe reif war.
... Der Bräutigam schlich sich dann, nicht betrunken,
nicht durch Schwelgerei entkräftet, sondern bei völliger
Nüchternheit, und nachdem er wie immer mit seinen Tisch-
genossen gespeist hatte, heimlich zu ihr, löste ihr den
Gürtel und trug sie aufs Bett. Wenn er eine kurze Zeit
mit ihr zugebracht hatte, ging er wieder sittsam weg, um
an dem gewöhnlichen Orte in Gesellschaft der anderen
jungen Männer zu schlafen. Ebenso hielt er es auch in

erkannte. In seinen Biographien (Uebersetzung von Kaltwasser,
Wien, 1805. Seite 181 u. ff.) berichtet Plutarch folgendes:
„Bei der Erziehung, die er als das grösste und wichtigste
Geschäft eines Gesetzgebers betrachtete, fing er ganz von
vorn an und richtete sein Augenmerk zu allererst auf die
Ehen und die Erzeugung der Kinder … Zuerst suchte
er die Körper der Jungfrauen durch Laufen, Ringen und
das Werfen der Wurfscheiben und Spiesse abzuhärten, da-
mit die in einem starken Körper erzeugte Frucht kraftvoll
aufkeimen und gedeihen könnte, sie selbst aber die zur
Geburt erforderlichen Kräfte erlangen und die Schmerzen
leicht und ohne Gefahr überstehen möchten. Um aber
alle Weichlichkeit, Verzärtelung und andere weibliche
Eigenschaften auszurotten, gewöhnte er die Mädchen so
gut wie die Knaben, den feierlichen Aufzügen nackend
beizuwohnen, und so an gewissen Festen in Gegenwart
und vor den Augen der Jünglinge zu tanzen und zu singen
… Uebrigens hatte diese Entblössung der Jungfrauen
nichts Schändliches, da immer Schamhaftigkeit dabei ob-
waltete und alle Lüsternheit verbannt war, sie wurde viel-
mehr zu einer unschuldigen Gewohnheit, erzeugte eine
Art von Wetteifer in Absicht der guten Leibesbeschaffen-
heit und flösste auch dem weiblichen Geschlechte edle,
erhabene Gesinnungen ein … Die Verheirathung
selbst geschah auf die Art, das Jeder sich eine Jungfrau
raubte, nicht aber eine kleine oder unmannbare, sondern
eine solche, die völlig erwachsen und zur Ehe reif war.
… Der Bräutigam schlich sich dann, nicht betrunken,
nicht durch Schwelgerei entkräftet, sondern bei völliger
Nüchternheit, und nachdem er wie immer mit seinen Tisch-
genossen gespeist hatte, heimlich zu ihr, löste ihr den
Gürtel und trug sie aufs Bett. Wenn er eine kurze Zeit
mit ihr zugebracht hatte, ging er wieder sittsam weg, um
an dem gewöhnlichen Orte in Gesellschaft der anderen
jungen Männer zu schlafen. Ebenso hielt er es auch in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="6"/>
erkannte. In seinen Biographien (Uebersetzung von Kaltwasser,<lb/>
Wien, 1805. Seite 181 u. ff.) berichtet <hi rendition="#g">Plutarch</hi> folgendes:<lb/>
&#x201E;Bei der Erziehung, die er als das grösste und wichtigste<lb/>
Geschäft eines Gesetzgebers betrachtete, fing er ganz von<lb/>
vorn an und richtete sein Augenmerk zu allererst auf die<lb/>
Ehen und die Erzeugung der Kinder &#x2026; Zuerst suchte<lb/>
er die Körper der Jungfrauen durch Laufen, Ringen und<lb/>
das Werfen der Wurfscheiben und Spiesse abzuhärten, da-<lb/>
mit die in einem starken Körper erzeugte Frucht kraftvoll<lb/>
aufkeimen und gedeihen könnte, sie selbst aber die zur<lb/>
Geburt erforderlichen Kräfte erlangen und die Schmerzen<lb/>
leicht und ohne Gefahr überstehen möchten. Um aber<lb/>
alle Weichlichkeit, Verzärtelung und andere weibliche<lb/>
Eigenschaften auszurotten, gewöhnte er die Mädchen so<lb/>
gut wie die Knaben, den feierlichen Aufzügen nackend<lb/>
beizuwohnen, und so an gewissen Festen in Gegenwart<lb/>
und vor den Augen der Jünglinge zu tanzen und zu singen<lb/>
&#x2026; Uebrigens hatte diese Entblössung der Jungfrauen<lb/>
nichts Schändliches, da immer Schamhaftigkeit dabei ob-<lb/>
waltete und alle Lüsternheit verbannt war, sie wurde viel-<lb/>
mehr zu einer unschuldigen Gewohnheit, erzeugte eine<lb/>
Art von Wetteifer in Absicht der guten Leibesbeschaffen-<lb/>
heit und flösste auch dem weiblichen Geschlechte edle,<lb/>
erhabene Gesinnungen ein &#x2026; Die Verheirathung<lb/>
selbst geschah auf die Art, das Jeder sich eine Jungfrau<lb/>
raubte, nicht aber eine kleine oder unmannbare, sondern<lb/>
eine solche, die völlig erwachsen und zur Ehe reif war.<lb/>
&#x2026; Der Bräutigam schlich sich dann, nicht betrunken,<lb/>
nicht durch Schwelgerei entkräftet, sondern bei völliger<lb/>
Nüchternheit, und nachdem er wie immer mit seinen Tisch-<lb/>
genossen gespeist hatte, heimlich zu ihr, löste ihr den<lb/>
Gürtel und trug sie aufs Bett. Wenn er eine kurze Zeit<lb/>
mit ihr zugebracht hatte, ging er wieder sittsam weg, um<lb/>
an dem gewöhnlichen Orte in Gesellschaft der anderen<lb/>
jungen Männer zu schlafen. Ebenso hielt er es auch in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0026] erkannte. In seinen Biographien (Uebersetzung von Kaltwasser, Wien, 1805. Seite 181 u. ff.) berichtet Plutarch folgendes: „Bei der Erziehung, die er als das grösste und wichtigste Geschäft eines Gesetzgebers betrachtete, fing er ganz von vorn an und richtete sein Augenmerk zu allererst auf die Ehen und die Erzeugung der Kinder … Zuerst suchte er die Körper der Jungfrauen durch Laufen, Ringen und das Werfen der Wurfscheiben und Spiesse abzuhärten, da- mit die in einem starken Körper erzeugte Frucht kraftvoll aufkeimen und gedeihen könnte, sie selbst aber die zur Geburt erforderlichen Kräfte erlangen und die Schmerzen leicht und ohne Gefahr überstehen möchten. Um aber alle Weichlichkeit, Verzärtelung und andere weibliche Eigenschaften auszurotten, gewöhnte er die Mädchen so gut wie die Knaben, den feierlichen Aufzügen nackend beizuwohnen, und so an gewissen Festen in Gegenwart und vor den Augen der Jünglinge zu tanzen und zu singen … Uebrigens hatte diese Entblössung der Jungfrauen nichts Schändliches, da immer Schamhaftigkeit dabei ob- waltete und alle Lüsternheit verbannt war, sie wurde viel- mehr zu einer unschuldigen Gewohnheit, erzeugte eine Art von Wetteifer in Absicht der guten Leibesbeschaffen- heit und flösste auch dem weiblichen Geschlechte edle, erhabene Gesinnungen ein … Die Verheirathung selbst geschah auf die Art, das Jeder sich eine Jungfrau raubte, nicht aber eine kleine oder unmannbare, sondern eine solche, die völlig erwachsen und zur Ehe reif war. … Der Bräutigam schlich sich dann, nicht betrunken, nicht durch Schwelgerei entkräftet, sondern bei völliger Nüchternheit, und nachdem er wie immer mit seinen Tisch- genossen gespeist hatte, heimlich zu ihr, löste ihr den Gürtel und trug sie aufs Bett. Wenn er eine kurze Zeit mit ihr zugebracht hatte, ging er wieder sittsam weg, um an dem gewöhnlichen Orte in Gesellschaft der anderen jungen Männer zu schlafen. Ebenso hielt er es auch in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/26
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/26>, abgerufen am 03.05.2024.